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Netztrafo als Ausgangsübertrager
#1
Da bei Wolfgangs Selbstbauprojekt die Frage aufgekommen ist, ob man Netzrafos als Ausgangsübertrager verwenden kann und wie man als Anfänger möglichst preisgünstig zu einem guten NF-Verstärker kommt, hab ich mir mal dazu Gedanken gemacht.

Netztrafos und 100V ELA-Übertrager sind als Ausgangsübertrager für Röhren-Verstärker nur bedingt gut verwendbar, weil sie nach anderen Gesichtspunkten dimensioniert werden. Am hinderlichsten ist der fehlende Luftspalt, wenn man Eintakt-Endstufen mit Netztrafos oder ELA-Übetragern als Ausgangsübertrager konzipieren will. Insbesondere auch, weil bei neueren Netztrafos und ELA-Übertragern die Kernteile miteinander verschweißt sind und man nur mit viel Aufwand die Trafos/Übertrager zerlegen könnte, um einen Luftspalt zur Verhinderung der Kernsättigung durch den primärseitigen Gleichstromfluss bei Eintakt-Enstufen verhindern zu wollen.  Bleibt also nur eine Gegentakt-Endstufe, wo es keine Gleichstromvormagnetisierung des Übertrager-Kerns gibt. 

ELA-Übertrager haben meist keine symmetrischen Anzapfungen der Primärwicklungen, so dass diese auch kaum in Gegentakt-Endstufen gut verwendbar sind. Netztrafos mit zwei 115V Primärwicklungen erscheinen da dann aber in Gegentakt-Endstufen verwendbar. Aber auch da gibt es Probleme, weil sie bereits bei 50Hz einen grenzwertig hohen Magnetfluss nahe der Kernsättigung bei Nennlast haben. Dem kann man nur entgegenwirken, in dem man für Ausgangsübertrager in Gegentakt-Endstufen Netztrafos mit mehrfacher (doppelter bis dreifacher) Nennleistung der eigentlich zu übertragenden NF-Leistung verwendet. Sonst liegt die untere Grenzfrequenz begrenzt durch die eintretende Kernsättigung nur knapp unterhalb von 50Hz. Ein anderes Problem der Netztrafos als Ausgangsübertrager ist die gegenüber konventionellen NF-Ausgangsübertragern niedrige Primärinduktivität, so dass man nur mit relativ niederohmiger Ansteuerung eine möglichst niedrige untere Grenzfrequenz von typischen 20Hz erreichen kann.

NF-Gegentaktendstufen mit Elektronenröhren und relativ niedrigem Ausgangs-/Lastwiderstand hatte mal Philips Mitte der fünfziger Jahre ohne Ausgangsübertrager für 800 Ohm Lautsprecher konzipiert und erfolgreich auch produziert. Anfangs hatte man dafür weniger geeignete Standard-Radioröhren (UL41, EL84) verwendet und später die extra dafür entwickelte, heute teure, EL86 und ihre Artverwandte UL84 (nicht mit der EL84 verwandt) eingesetzt. Für noch leistungsfähigere, eisenlose Verstärker hat man dann z.B. die für S/W-TVs geschaffene PL81 Zeilenendstufen-Röhre verwendet. Allen diesen Röhren ist gemeinsam, dass sie bei niedrigen Anodenspannungen (ca. 50V) hohe Anoden-/Kathodenströme ermöglichen und einen weiten Aussteuerbereich haben. Erste eisenlose Enstufen von Philips waren SRPP-Schaltungen, die nur einen Class A Betrieb zuließen und mit zwei EL86/UL84 nur ca. 4..5W Ausgangsleistung ermöglichten.

Philips hat die eisenlosen Endstufen aber weiterentwickelt und auch richtige "Totem-Pole" Gegentakt-Endstufen für Class AB Betrieb geschaffen. Um die Pentoden entsprechend betreiben zu können, hatte Philips die Idee, statt Schirmgitter-Vorwiderständen eine hochinduktive NF-Drossel zu verwenden. Das Problem der durch den Schirmgitterstrom zu befürchtenden Kernsättigung hat Philips elegant dadurch gelöst und für die beiden Endstufen-Röhren keine getrennten NF-Drosseln im Schirmgitterzweig verwendet, sondern beide Drossel-Spulen auf einen kleinen M42 Kern ohne Luftspalt gewickelt und diese dann entgegengesezt geschaltet, so dass sich die Kern-Magnetisierung durch die beiden Schirmgitterströme gegenseitig kompensiert haben. Dieses Schaltungsprinzip wurde dann von Philips noch weiterentwickelt und die NF-Drossel auch gleich als Ausgangsübertrager für niederohmige Lautsprecher mitverwendet (dann natürlich mit entsprechend großem Kern).

Den Entwicklungen der eisenlosen Endstufen von Philips folgend kann man also vielleicht normale Netztrafos mit zwei 115V Primärwicklungen ganz gut in röhrenbestückten NF-Endstufen mittlerer Leistung verwenden. Die heute teuren EL86/UL84 sind für kostengünstige Realisierungen nicht besonders gut geeignet und bei Verwendung der artverwandten PL84, die es noch vor kurzem preiswert als "Schüttgut" gab, braucht man wenigstens noch zusätzliche Röhren für den bei Gegentakt-Verstärkern notwendigen Phase-Splitter und wenigstens eine verstärkende Vorstufe. Schaut man sich die Datenblätter insbesondere der P-Röhren für ehemalige TV-Geräte genauer an, erscheint die eigentlich für Vertikalablenk-Stufen vorgesehene PCL85/805 für eisenlose Enstufen gut geeignet. Diese Röhren liefern auch bei niedrigen Anodenspannungen hohe Anoden-/Kathoden-Ströme und haben als Verbundröhre auch noch eine Triode für Phase-Splitter bzw. Vorstufe. Auch ist die zulässige Ufk-Spannung mit max. 200V (325V im kalten Zustand) ist für Totem-Pole Schaltungen von Vorteil.

Also frisch ans Werk und mal rechnerisch und mit einer Simulation die nachfolgende Schaltung


.pdf   PCL85(805)_PP.pdf (Größe: 30,26 KB / Downloads: 198)

entworfen.

Um die zulässige Ufk-Spannung von max. 200V der PCL85/805 nicht zu überschreiten, ist die Verstärker-Schaltung für eine symmetrischen Betriebsspannung von ca. +/-175...180V konzipiert worden. Damit man für die gesamte Betriebsspannung keinen speziellen Netztrafo braucht, wird einfach die 2x18V Heizspannung mit einem preisgünstigen 2x115V Netztrennrafo aufgestockt. Genau die relativ hohe Heizspannung der P-Röhren ist da sehr willkommen. Die Heizspannung ist somit mittig auf Masse bezogen, so dass bei beiden Röhren in der Schaltung die zulässige Ufk-Spannung eingehalten werden kann!!!


Als Phase-Splitter kommt eine Kathodyne-Schaltung (V2A) zum Einsatz, wobei die Anodenspannung sich aus der positiven Betriebsspannung und der überlagerten NF-Ausgangsspannung zusammensetzt. Durch die eine primäre Teilwicklung des 2x115V Netztrafos als Ausgangsübertrager/NF-Drossel fließt also nicht nur der Schirmgitterstrom von V2B, sondern auch der Anodenstrom des Phase-Splitters. Um dennoch eine, wenn auch geringfügige Vormagnetisierung des Netztrafo-Kerns zu kompensieren, wurde der Arbeitspunkt der Vorstufe mit V1A so gewählt, dass in etwa der selbe (+-100µA) Anodenstrom wie beim Phase-Splitter fließt und dieser Strom dann auch durch die entgegengesetzt geschaltete andere 115V Teilwicklung mit dem Schirmgitterstrom von V1B fließt.

Was sich da als 2x115V/9V 25VA Netztrafo am besten eigenet, Printflachtrafo mit UI-Kern und auf beide U-Kernschenkel getrennten Primär-/Sekundärwicklungen oder mit EI-Kern und auf zwei Kammern aufgetrennten Primär-/Sekundärwicklungen oder ein Ringkern-Trafo mit übereinander gewickelten Primär-/Sekundärwicklungen, wird wohl erst ein Testaufbau zeigen können. Ich würde vermuten, dass ein Ringkern-Trafo auf Grund der etwas besseren Kopplung und des geringeren Streufeldes sich besser eignet. Ist aber wirklich nur eine Vermutung.

Nette Bastlergrüße

(Reflex-)Kalle
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#2
Prima Kalle,

ich habe die EI-Trafos von Oppermann genommen, 1. weil ich sie hatte und 2. kein Geld mehr für echte AÜ´s ausgeben wollte.
Diese Trafos lassen sich außerdem sehr leicht zerlegen:

   

Ich habe daraus bereits mehrmals auch NT´s mit zusätzlicher Anodenspannung von 200VAC und 6VAC gebaut,
dabei habe ich von einem zweiten Trafo die Primärwicklung zusätzlich zu der ersten hinzugefügt.

   

Außerdem der zum "AÜ" umgebaute NT für mein jetziges Projekt mit der 4P1L: (Hier noch mit zu großem Luftspalt)

   

M.E. sieht der im Eingang eingespeiste Sinus am sekundären Ausgang des Trafos sehr gut aus.
Einzig der Bassanteil könnte höher sein, das mag wohl daran liegen, daß dies kein echter AÜ ist.
Viele Grüße aus Loccum, Wolfgang

Wer niemals fragt, bekommt nicht einmal ein Nein zur Antwort.

In Memorandum 2018
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#3
Dass da die Bässe eher schwach erscheinen, wundert mich nicht. Meine Vorstellung, warum das prinzipiell so ist, hab ich ja oben beschrieben und hat mich dazu bewegt, das mal mit anderer Schaltungstechnik zu umgehen. Die Schaltungssimulation zeigt da auch die Eigenheiten der niederohmigen Endstufenschaltung: Bis kurz vor der Übersteuerung der Endstufe bleibt der Klirrfaktor bei 10VA Ausgangsleistung bei nur 2,5% und wird von K2 dominiert. Das kann also gar keine gewöhnliche Gegentakt-Endsufe sein, sondern eher eine SingleEnd-Parallel-Push-Pull Endstufe. Da die Kennlinienfelder beider Systeme der PCL85/805 nicht gerade Linearität versprechen ist es auch bemerkenswert, dass der Klirrfaktor doch bis zur Aussteuerungsgrenze mit der nur sehr geringfügigen Gegenkopplung (ca. nur 3dB um die Eingangsempfindlichkeit von 0,5Vrms für Vollaussteuerung zu erhalten) so klein ist. Dafür ist der Kliirfaktor unterhalb der Aussteuerungsgrenze fast konstant 1%, was kein "Traumwert" ist, aber auf Grund des dominierenden K2 ein sehr interessantes, "röhrentypisches" Klangerlebnis bei jeder Lautstärke sein könnte. Bin echt auf den ersten Mess- und Hörttest gespannt. In 1...2 Wochen weiß ich mehr, ein paar passende Netztrafos als Ausgangsübertrager hab ich schon bestellt.
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#4
Guten Tag

die ersten Trafos sind da und schon gibt es kleinere Probleme mit der Schaltung. Hab den 230V/2x115V 30VA-Trenntrafo doch etwas zu gut bei der Schaltungssimulation eingeschätzt. Hätte eigentlich mit ca. +/-175V nach der Siebung erwartet, aber in Realität fehlen dann doch ein paar+/-10V Gleichspannung. Als Kompromiss also den 2x18V Heiztrafo, dessen Wechselspannung mit den 2x115 aufgstockt werden, gegen einen 2x24V Trafo ausgetauscht und die Heizung der beiden PCL85(805) durch einfügen von zwei Schottky-Dioden (SB340) auf Halbwellen-Heizspannung mit dann passender Effektivwert-Heizleistung verändert. Außerdem die Elkos der beiden Zweiwege-Gleichrichterschaltungen von 220µF auf 390µF erhöht und die 330Ohm Siebwiderstände auf 100Ohm verringert. Das ergibt dann eine Betriebsgleichspannung nach der CRC-Siebung von gut +/-170V, so dass man knapp 10W Ausgangsleistung mit dann gut 3% Klirrfaktor (bereits einsetzende Begrenzung in der Endstufe) erreicht. 

   

Bei Verwendung von 8Ohm Lautsprechern ist ein 2x115V/9V Netztrafo als Ausgangsübertrager in der Schaltung optimal und bei 4Ohm Lautsprecherimpedanz ergäbe ein 2x115V/6V Netztrafo in etwa die selbe Lastimpedanz der Endstufe. 

Im Testaufbau macht der Verstärker einen durchaus guten Klangeindruck, auch mit guter Basswiedergabe (25VA Ringkern-Netztrafo als Ausgangsübertrager). Trotzt der einfachen CRC-Siebung kein Brummen zu hören (die 100Hz der Zweiwege-Gleichrichterschaltungen liegen bei ca. -50dB ohne Aussteuerung des Verstärkers und bei 10W Volllast sind es immer noch ca. -35dB). Jetzt geht es an das zeitaufwändige Messen der Verstärkerparameter.

Einen sonnigen Sonntag und trotzdem viel Bastelspaß

(Reflex)-Kalle
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#5
Sehr interessant Kalle, leider kann ich auf Grund einer starken Erkältung nur mitlesen, Basteln entfällt zur Zeit!
Viele Grüße aus Loccum, Wolfgang

Wer niemals fragt, bekommt nicht einmal ein Nein zur Antwort.

In Memorandum 2018
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#6
Hallo Kalle,
eine interessante Schaltung, darauf muss man erst mal kommen,
zumal die PCL85 (PCL805) noch preiswert zu haben ist.
Ich bin mal auf die Messergebnisse gespannt...
Viele Grüße,
Rolf
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#7
Die Schaltung ist ja mehr oder weniger von Philips abgeschaut, die verschiedenste Varianten in der Art gefertigt hatten.

Ach ja, bei einem 4 Ohm Lautsprecher muss man neben einem anderen "Ausgangsübertrager" auch noch die Gegenkopplung (C8/R17) entsprechend anpassen. Hab ich im Schaltbild noch nicht angegeben, weil ich das erstmal selber testen muss.
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#8
Ein paar Kleinigkeiten mussten dann doch noch geändert werden, damit das ein nachbaubarer 10W Verstärker wird. Es hat sich nämlich gezeigt, dass die Schaltung mit +/- aufgeteilter Betriebsspannung, um übersichtliche Ufk Spannungsverhältnisse zu haben, zwar gut gemeint war, aber ohne direkten Messebezug des Eingangssignals fängt der Verstärker immer mal an zu blubbern. Also die Bertriebsspannungsgewinnung statt mit zwei Zweiweg-Gleichrichterschaltungen auf eine Graetz-Schaltung umgebaut und die Dioden für die Halbwellen-Heizspannung umgepolt, damit die zulässige Ufk-Spannung der PCL85/805 von max. 200V sicher nicht überschritten wird:

   

Mit einem 2x115/2x9V 25VA Ringkern-Neztrafo dann mal bei drei verschiedenen Eingangsspannungen (0,5Vrms für Vollaussteuerung, 0,155Vrms für Teilaussteuerung und 0,035Vrms für niedrige "Zimmerlautstärke) die Ausgangsleistung und den zugehörigen Klirrfaktor gemessen:

   

   

   

So schlecht sehen die Werte gar nicht aus, auch wenn es nicht ganz "Hi-Fi" entspricht. Gut zu erkennen ist, dass unterhalb von 100Hz der Netztrafo als Ausgangsübertrager etwas "schwächelt", was hauptsächlich durch die relativ niedrige Induktivität von ca. 5H der 115V Teilwicklungen bedingt ist. Das wird aber durch die niederohmige Endstufenschaltung "gut" ausgeglichen, so dass man eine gute Bass-Wiedergabe zu hören bekommt! Der starke Anstieg des Klirrfaktors bei sehr tiefen Frequenzen und hoher Ausgangsleistung ist dann ein Zeichen dafür, dass der relativ kleine Netztrafo bereits in die Kernsättigung getrieben wird.

Der Vollständigkeit sollte noch erwähnt werden, dass Philips im Service-Manual des AG9018 die Funktion der Endstufenschaltung gut beschrieben hat. Auch die Idee, dass man statt der Schirmgitter-Drosseln einen Netztrafo verwenden könnte, ist nicht ganz neu und wurde u.a. in einem Online-Artikel der Zeitschrift audioxpress von Helmut Otte beschrieben:


.pdf   PCL85(805)_PP.pdf (Größe: 384,75 KB / Downloads: 65)
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#9
Siehst Du Kalle,

das zeichnet dann doch den Profi aus, ich bin dagegen nur der Bastler und muß Schaltungen ausprobieren.
Viele Grüße aus Loccum, Wolfgang

Wer niemals fragt, bekommt nicht einmal ein Nein zur Antwort.

In Memorandum 2018
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#10
Hallo Kalle,
tolle Sache die du da vorgestellt hast. Bei mir liegt auch noch ein angefangener PPP-Verstärker in der Ecke. Der war mit ELA-Übertragern geplant, vielleicht nehme ich auch die Netztrafos. Ich habe mittlerweile einfach zu viele Baustellen...
Falls die Schaltung jemand nachbauen sollte, die Elkos sollten mit der Brücke jetzt aber 350V-Typen sein!

Alfred
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#11
Ja Alfred, hab im Schaltbild-Editor noch die 250V Elkos fälschlicherweise aus der vorherigen Schaltung übernommen. Das korrigiere ich noch, damit beim Nachbauen kein Unglück passiert. Danke fürs Aufpassen!!!

Die dann korrigierte Schaltung:

   

Im Testaufbau verwende ich eh, was ich gerade habe und das sind 470microF/450V Elkos, wovon ich noch einen Karton voll habe. Da die Schaltung aber wirklich "brummspannungsunempfindlich" ist, reichen auch die 220microF. Der Verstärker ist fast genial, man erreicht  jetzt mit der Greatz-Brückeenschaltung zur Betriebsspannungserzeugung um die 80dB Brummspannungsunterdrückung (wegen der Push-Pull Gegentakt-Endstufe) und der Klirrfaktor wird vom angenehmen K2 geprägt (wegen der SE-Betriebsart der Endstufe). Praktisch vereint die Schaltung beide Vorteile miteinander. Selbst der Höhe Klirrfaktor bei den Tiefen Frequenzen ist wenig störend, weil er von den Tieftöner-Lautsprechern gar nicht wiedergeben wird/werden kann.
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#12
Guten Vorabend allen interessierten Mitlesern/Mitdenkern und Bastlern,

nach dem ich den Hinweis von Alfred, dass die Spannungsangaben für den Lade- und den Siebelko nicht stimmen können, unreflektiert auf die Schnelle korrigiert hatte, hab ich heute mal den schlimmsten Fall (Leerlauf ohne Röhren) nachgemessen und wie einem schon das "Bauchgefühl" eigentlich sagen sollte, reichen 350V Spannungsfestigkeit für die Elkos niemals. Dies insbesondere auch deshalb, weil die kleinen Netztrafos ja immer recht hohe Leerlaufspannungen gegenüber der Nennspannung bei Nennbelastung liefern. Lange Rede, kurzer Sinn:

Im Leerlauf ohne Elektronenröhren entstehen am Lade- und Siebelko ca. 425V Gleichspannung, was meine 450V Elkos an der Stelle auch gerade so aushalten. Die beiden Elkos an den Schirmgittern der Pentoden sind da mit bisher angegeben 200V auch zu niedrig dimensioniert und müssen 250V Spannungsfestigkeit haben. Dies trifft auch für den optionalen Elko C9 zu, der auch für 250V Spannungsfestigkeit dimensioniert sein muss. Außerdem hab ich noch die Leistungsangabe (2W) der zwei hochbelasteten 330Ohm Widerstände (Siebwiderstand und Kathodenwiderstand in der Endstufe) im Schaltbild mit eingetragen. Alle anderen Widerstände sind mit ca. 1/2W ausreichend dimensioniert. 

   

Die notwendige Sicherung am Netzspannungseingang hab ich im Schaltbild auch noch hinzugefügt. Jetzt sollte das "nachbausicher" sein.
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#13
Hier habe ich wieder ein gehöriges Stück dazu gelernt. Danke Kalle

Gruß
Wilhelm
Niemandes Herr, Niemandes Knecht,
so ist es gut, so ist es recht

von Fallersleben
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#14
Hallo,

Röhren habe relativ große Toleranzen und Abweichungen: Setzt du bei den PCL85 gleiche Kennlinien voraus? Braucht man für die Gegentaktendstufe also ein "matched pair"?
Viele Grüße

Franz Bernhard


... und die Radios laufen nicht weg.....
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#15
Ich denke, man braucht keine "matched pair" Röhren für die Schaltung. So viele PCL85/805 hab ich gar nicht und Philips wird bei den AG9014/18, HF30x usw. auch nie "gepaart" ausgesuchte Röhren verwendet haben. Die Schaltung an sich ist da ziemlich "tolerant". Etwas "empfindlicher" reagiert die Schaltung bei unterschiedlichen Betriebsspannungen, wenn man die maximal erreichbare Ausgangsleistung haben will. Wer unter bestimmten Betriebsbedingungen optimale Werte haben will, könnte die 270k von R12 in eine Reihenschaltung aus 220k Festwiderstand und 100k Einstellregler ausführen und auf symmetrisches Clipping der Endstufe abgleichen. Ist aber meiner Meinung nach mehr kosmetischer Art als eine Notwendigkeit bei der Schaltung.
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#16
Hi ihr Verstärker-Bastler,

da es ja bei Verwendung von Netztrafos als Ausgangsübertrager hauptsächlich um möglichst niedrige Kosten für einen Verstärker geht, wäre es ärgerlich, wenn man doch recht teure 450V Elkos in der Schaltung verwenden muss. Außerdem muss man bei der gezeigten Schaltung um jedes Volt Betriebsspannung bemüht sein und da sind die Spannungsverluste am Kathodenwiderstand in der Endstufe auch ärgerlich.

Beides kann man mit geschickter Schaltungstechnik noch etwas verbessern, in dem man zunächst die CRC-Siebkette von der positiven Betriebsspannungsseite zur negativen verlagert und eine Spannungsaufstockung für den Lade- und Siebelko verwendet. Letzeres ist ja leicht möglich, weil durch die mittensymmetrische Schaltung der Netztrafo-Spannungen auch die halbe Betriebsspannung einfach zur Verfügung steht. Der Spannungsabfall am 330Ohm Siebwiderstand entspricht ja auch in etwa dem Spannungabfall des Kathodenwiderstands in der Endstufe, so dass man statt der automatischen Gittervorspannungserzeugung jetzt eine halbautomatische Vorspannungserzeugung einfach verwirklichen kann. Da der Spannungsabfall am Siebwiderstand etwas größer ist (es fließt ja neben dem Strom der Endstufe auch der Strombedarf der beiden Vorstufentrioden durch den Siebwiderstand), ist der den Arbeitspunkt der oberen Pentode bestimmende 270kOhm Widerstand auf 220kOhm zu verringern. Man hätte aber statt dessen auch den Siebwiderstand auf ca. 270Ohm verringern können. Die Elkos sind bewusst mit jetzt nur noch 100µF (250V) angegeben, was dem minimal noch vertretbaren Wert entspricht. Damit hat der Verstärker immer noch eine Brummspannungsunterdrückung von 60dB, obwohl nur eine einfache CRC-Siebkette verwendet wird.

   

Für alle nicht anders angegebene Kondensatoren sind 250V Spannungsfestigkeit ausreichend und 1/4W Widerstände außer dem 2W (besser 3W) Siebwiderstand.

Will man den Verstärker zweikanalig bauen, muss man die Netzrafoleistungen verdoppeln (z.B. 65VA Netzrenntrafo 2x115V von Conrad und 40VA Trafo 2x24V von Indel) und getrennte CRC-Siebketten (u.a. wegen der halbautomatischen Gittervorspannungserzeugung) vorsehen! Werde das mal demnächst ansehbar/vorzeigbar und im täglichen Gebrauch verwendbar realisieren, weil ich immer noch von den Eigenschaften des Verstärkers begeistert bin.

Schönen Sonntagabend

(Reflex-)Kalle
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#17
Hallo Kalle,

ich bin ja gerade auf dem Detektortripp, lese aber fleißg mit!
Gibt es von dem Verstärker schon Fotos?
Viele Grüße aus Loccum, Wolfgang

Wer niemals fragt, bekommt nicht einmal ein Nein zur Antwort.

In Memorandum 2018
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#18
Nö, Fotos von dem "Drahtigel" mach ich nicht. Ist wirklich nur auf die Schnelle zusammengelötet und mehrfach umgelötet. Da sieht man auf einem Foto auch kaum was, außer den auffällig blauen Talema Ringkern-Netztrafos, die als Ausgangsübertragers dienen.

Aber wie geschrieben, mach das als Stereo-Verstärker aus eigenem Interesse sehenswert und dann gibt es auch Fotos davon.
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#19
Da es ja bei der Verwendung von Netztrafos als Augangsübertrager vordergründig um möglichst geringen finanziellen Aufwand geht, kann man auch beim Netzteil durch Verwendung nur eines Netztrafos etwas einsparen.

Die Frage ist also: Wenn man schon einen 2x24V Netztrafo für die Heispannungen der PCL805 benötigt, wie kann man mit diesen 48V in Summe noch die benötigte Anoden-/Betriebsspannung von ca. 355V bei ca. 60mA Strombedarf nach der Siebung erzeugen? Klare Antwort: Spannungsvervielfacher verwenden. Um ca. 370V Rohgleichspannung zu erhalten braucht man dann eine Versechsfacher-Gleichrichterschaltung. Klingt nach einem für einen 10W Gegentakt-Verstärker mit Class AB Betriebsart schlecht geeignetem Netzteil mit hohem Innenwiderstand. Ist es aber in diesem Fall hier nicht, weil die SEPPP-Verstärkerschaltung u.a. die angenehme Eigenschaft hat, dass die Stromaufnahme trotz Class AB Betriebsart im gesamten Austeuerungsbereich von 0...10W relativ konstant ist. Außerdem kann man eine einzelne Versechsfacher-Gleichrichterschaltung für eine positive Ausgangsspannung auch durch zwei Verdreifacher-Schaltungen, eine für eine positive und eine negative Spannung, ersetzen und die verdreifachte negative Spannung als Bezugspunkt nehmen. Gesagt, getan, dann kommt sowas

   

dabei heraus. Ein preiswerter 50VA Netztrafo mit 2x24V Sekundärspannung ist für den einkanaligen Verstärker ausreichend und für einen zweikanaligen Stereo-Verstärker dann ein 100VA Netztrafo, die es als Ringkerntrafos für unter 20€ gibt.

Die Widerstandswerte in der Verstärkerschaltung wurden der etwas anderen Betriebs-/Anodenspannung angepasst und diese Verstärkerschaltung erreicht dann sogar noch geringe Klirrfaktoren, die bis 10W Ausgangsleistung hauptsächlich um ca. 0,5% liegen. Nur der massive Klirrfaktoranstieg bei Frequenzen unterhalb von 50Hz bleibt, weil dies vom Netztrafo als Ausgangsübertrager bestimmt wird. Mal sehen, ob sich EI/UI-Netztrafos aals Ausgangsübertrager in der Schaltung statt des bisher verwendeten Ringkern-Netztrafos besser eignen. Hab nur gerade nichts passendes an Netztrafos dafür zur Hand. Gut Ding will Weile haben.

Noch schönen Sonntag und den Urlaubern viel Erholung (beim Basteln?)

(Reflex-)Kalle
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#20
Sicherlich interessantes Thema. Ich denke es soll in “Preiswerter NF Verstärker - Eigenbau“geändert werden, so findet es mehr Resonanz.
Gruß,
Ivan
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