Kurz vorgestellt, der Graetz 4R in der etwas preiswerteren Version. UKW/MW/LW, dazu ein einfaches Lautsprechersystem, angetrieben von einer EL84.
Der als Raumklang-Vollsuper präsentiert Radioempfänger wurde um 1955 angeboten.
Damals gab es keine Testzeitschriften und die Qualität eines Gerätes wurde noch an den Tasten und vorhandenen Drehknöpfe beurteilt. Dazu gab es die Mundpropaganda, der interessierten Radio-Fans. Schnell sprach sich herum, welches Gerät gut oder schlecht war oder diverse Mängel zeigten. Letztlich waren es wenige Jahre nach der UKW Einführung und die damaligen Hörer mussten sich immer noch an den „brabbeligen“ Ton der Nachrichtensprecher gewöhnen. Die Musik erklingt eher „basslastig“ und die früheren Empfänger waren dahingegen nur quäkige Kisten, deren Sprachverständlichkeit bei den damaligen Hörern besser ankam. Die Hörgewohnheiten waren das Problem und mit der Einführung der FM Modulation erstreckte sich auch ein weiteres Spektrum des NF – Frequenzbandes. Graetz und wie einige andere Hersteller setzten mit einer „Sprachtaste“ dagegen, der die Tiefenanhebung einfach einzog. So konnte „Sprache“ besser verstanden werden.
Tja, so sah er damals aus. Teilweise war die Oberfläche verwittert und diverse Spuren zierten das Gehäuse. Ich bezeichne es mal so, dass sind keine Kratzer oder Schrammen, dass sind Jahresringe!
Aus alt macht neu, ist eher was für „luschis“ und das gelingt nicht so einfach. Dazu nimmt man dem Gerät die Würde wie es halt die Zeit überdauert hat. Aber etwas schöner sollte es schon sein, ohne die diversen Attribute alternde Materie zu vernichten. An den Bildern sieht man den Fortschritt und den Erhalt. Da der Graetz täglich einige Stunden dudelt, musst dieser zwingend etwas sicherer gestaltet werden. Neuer Sieb-Elko und eine Anodensicherung vor dem Selengleichrichter ist sinnvoll. Man kann das auch so belassen und hoffen, dass es hält, aber Hoffnung ist in der Elektronik keine gute Option wenn es um Betriebssicherheit geht.
Hier wurde die Schallwand schon eingebaut.
Man kann das reinigen, oder auch lassen. Hier habe ich es gereinigt.......
geht doch, sieht doch gut aus...oder?
Alles wieder an seinem Platz. Das Chassis wurde etwas gereinigt.
Das muss sein, die Anodenabsicherung!
Neuer Elko......
Der Selengleichrichter.
Das Chassis bei der Prüfung....
Die weite, weite Welt der ERO Kondensatoren.
Heute ist es etwas mehr als zwei Jahre her, wo ich dieses Gerät buchstäblich vor der Müllpresse retten konnte. Ein früher milder Tag im Jahre 03.2022 und man läuft mit seinem „Wuffi“ entlang der heimischen Botanik. Ein abgelegenes Haus wurde gerade renoviert und der alte Schuppen im Garten ausgemistet. Ein Berg von Müll und diversen alten Schränken offenbarte mir eine Rückwand, deren Aufschrift wie ein QR Code mich reagieren ließ.
Da stand er, mit der Rückwand zu mir und ich drehte das Gerät um. „Wow“ ein alter Graetz, zwar etwas mitgenommen und schrullig, aber komplett. Also kurzum den Besitzer gefragt und 30min später war der Graetz im Kofferraum.
Wenn ihr Leser euch jetzt wundert: „da gibt es doch ein Bild vom Kuba-Imperial“, ja richtig erkannt. Der Kuba steht auch schon mal dort, wo normalerweise der Graetz steht.
Der Sound des „Musica“ kann man heute als zurückhaltend und eher etwas dumpf bezeichnen. Die zwei vorhandenen dynamischen Hochtonlautsprecher waren seitlich oberhalb eingelassen und die innere Holzverkleidung darunter galt als Schallleiter, deren Ausgang rundherum der oberen Zierleiste versteckt ein leichtes „zirpen“ verkünden ließ. Man musste die Lautstärke schon etwas aufdrehen um das Hochtonsystem überhaupt zu hören. Allenfalls gelang es besser, wenn das Gerät diagonal in einer Ecke stand. Der verbaute Breitbandlautsprecher setzte dazu die magere NF-Leistung gut um. Der verbaute NF-Übertrager war kein kümmerliches Spulen-Hexenwerk und sorgte auch bei tieferen Tönen für einen passablen Sound, ohne dabei zu früh in die Sättigung zu gehen.
Die etwas bessere Ausstattung des 4R glänzte mit mehr Wellenbereiche und einen Schallkompressor und zusätzlichen Klangtasten. Das hatte sich damals gut angehört und war vom Prinzip her nur ein Druckkammerlautsprecher der die Höhenwiedergabe erheblich verbessern sollte. Einige Hersteller setzten auch auf die elektrostatischen Hochtonlautsprecher, deren Wirkungsgrad nahezu gegen null lag. Diese „Dinger“ lagen in der Regel auf die Schirmgitterspannung und wurden leise über diverse Kondensatoren von der Anodenspannung mit moduliert. Praxis und Theorie zeigten schon damals, es geht kein Weg an dynamischen Systemen vorbei.
Der „Musica“ hatte wie viele andere Leidensgenossen die typische Röhrenbestückung: ECC85, ECH81, EF89, EABC80, EL84 & EM80. Die als Überlagerungsempfänger konzipierte Schaltung gab damals das an, was man als Standard beziffern konnte. Bei Graetz vermisste man schon recht früh einer der typischen Gleichrichterröhren. Hier baute man schon die Graetz-Brücke ein die man bekanntlich heute einfach als Brückengleichrichter bezeichnet. Allerdings war es hier noch ein Gleichrichter aus der Fakultät „Selen“.
Gruss Klaus