Der National TT-21RE von 1963(!) - der erste 23[cm] Transistor-UHF-Portabelfernseher?

  • Teilbeitrag #1 von insgesamt 3 Teilbeiträgen:

    Servus zusammen,

    ich bemüh' mich ja meistens, aus meinem eigenen Besitz Geräte zu zeigen, die eher selten sind und im Internet nicht noch an vielen anderen Stellen auftauchen. Auch beim nachfolgend gezeigten Gerät dürfte das so sein: Das "National Panasonic Volltransistor Fernsehgerät TT-21 RE / S22" ist zwar im Radiomuseum aufgeführt - aber: ohne UHF-Tuner, ohne Zubehör und ohne den nachfolgend in meinen Beiträgen eingebetteten Unterlagensatz. Diese Gerätetype ist in Deutschland wohl ungefähr im Juni 1963 auf dem Markt erschienen (dazu weiter unten mehr) - hat also mehr als ein halbes Jahrhundert auf dem Buckel. Das Gerät stammt aus Erstbesitz aus meinem Elternhaus und war dort bereits in der ersten Hälfte der 1960er-Jahre vorhanden (es war - neben dem zeitweise vorhandenen und an anderer Stelle erwähnten "Saba Telerama" - zur damaligen Zeit das einzige Fernsehgerät im Haushalt):

    Die Espressotasse steht nur zur Verdeutlichung der Größenverhältnisse da. Das Gerät hat (nachgemessen) ~ 22[cm] sichtbare Bildschirmdiagonale und einen "Footprint", der etwas größer als ein DIN-A5 Blatt ist - aber deutlich kleiner als ein DIN-A4 Blatt. Das Gerät läuft sowohl mit Netzwechselspannung wie auch mit 12[V] Batteriespannung - und entsprechend wurde es auch eingesetzt: Es fuhr mit in die Sommerfrische in die Ferienwohnung im Allgäu, es war (mit 12[V] Autobatterie und an einem langen Stecken montierter VHF-YAGI-Antenne) beim Grillen und Lagerfeuer an der Isar mit dabei, usw., usw. Dabei bleiben natürlich Blessuren, Schrammen, Lackschäden und kleine Abplatzer nicht aus, wie man an nachfolgenden Bildern sehen kann - zunächst mal die Bedienseite auf der rechten Geräteseite (von vorne aus gesehen):

    An der rechten Seite des Geräts ist der UHF-Tuner angeflanscht. Das war wohl ein optionales Teil - aber: er wird bereits in der Werbung vom Juni 1963 erwähnt (und ich kenne den Fernseher auch nicht anders als von Anfang an mit UHF-Tuner). Das ist bemerkenswert, weil der Tuner bis Kanal 60 - also bis ~ 800[MHz] - geht. So einen UHF-Tuner bis 0,8[GHz] auf die Beine zu stellen, dürfte mit den 1962 / 1963 verfügbaren HF-Transistoren ein abenteuerliches Unterfangen gewesen sein - dazu weiter unten bei der Technik mehr.

    Von hinten sieht das Gerät so aus:

    Und die Ansicht von der linken Geräteseite (von vorne aus gesehen):

    Zu obigem Bild ist folgendes anzumerken:

    • Es sind zwei Stück 3,5[mm] Miniklinken-Kopfhörerbuchsen vorhanden. Eine der beiden schaltet beim Einstecken des Kopfhörersteckers den Lautsprecher im Gerät ab, die andere nicht. Sowas würde man sich bei vielen heutigen Geräten auch wünschen.
    • Der schwarze Steckerblock, der oben zu sehen ist, ist der VHF-Antenneneingang und ein Stromversorgungsausgang für den UHF-Tuner:

    Der VHF-Antennenanschluß ist ein stinknormaler 3,5[mm] Mono-Miniklinkenstecker - genauso wie der UHF-Antenneneingang am UHF-Tuner (siehe Bild #3) und die Koax-Steckverbinder an den Symmetrierungs-"Kastln" zur Anpassung auf 300[Ω] Dipol-Flachleitung. In den diversen Dokumenten ist bei diesen 3,5[mm] Miniklinkensteckverbindern von "75[Ω]" die Rede. Das funktionierte im Empfangsbetrieb auch bei UHF alles einwandfrei - scheinbar war in den frühen 1960er-Jahren der heutzutage zuweilen zu beobachtende "Wellenwiderstands- und SWR-Fetischismus" noch unbekannt (zumindest bei Consumer-Empfangsgeräten). Die "+" und "-" - Buchsenkontakte des Rechteck-Steckverbinders führen die die Betriebsgleichspannung, aus welcher der rechts am Gerät angeflanschte UHF-Tuner versorgt wird.

    Entfernen wir mal die Rückwand und schauen wir, was darunter zum Vorschein kommt:

    Frontal auf die offene Rückseite gesehen sieht das dann so aus:

    Das Gerät ist zwar "vollgestopft bis oben hin", aber trotzdem recht servicefreundlich aufgebaut. Die hintere Leiterplatte kann ausgeschwenkt werden - und dann ist sie auch aus ihrem Steckverbinder ohne Lötarbeiten aus dem Gerät zu entnehmen:

    Die Sektion des Innenlebens mit dem VHF-Tuner fällt insofern auf, als daß dieser VHF-Tuner für 1962 / 1963 ein sehr kleiner 12-Kanal Trommeltuner ist:

    Die erwähnte Servicefreundlichkeit (Ausklappbarkeit und Absteckbarkeit ohne Lötarbeiten) gilt übrigens auch für die zweite Leiterplatte, die unten parallel zur Bodenplatte liegt - davon hab' ich nur (noch) keine Fotos gemacht.

    Zwei Identifikationsbesonderheiten fallen bei diesem Gerät auf:

    • Das Gerät selbst und das UHF-Tunermodul haben je eine eigene FTZ-Prüfnummer.
    • Das "amtliche" Typenschild mit Seriennummer findet sich nicht außen am Gerätegehäuse, sondern im Geräteinneren in der Nähe des Bildröhrenhalses und der Ablenkeinheit (wenn man die letzten beiden Ziffern der Seriennummer ("62") als Jahreszahl deutet, dann wäre das Gerät Baujahr 1962):

    Das Mini-Lochrasterplatinchen ganz links am Bildrand mit dem grünen Tantalkondensator und dem TO18-Transistor dürfte von meinem Herrn Papa stammen - es ist wohl eine Modifikation der Videoendstufe hinsichtlich größerer Bandbreite (um eine höhere Kantenschärfe senkrechter Linien zu erreichen). Seine dazu gehörenden handschriftlichen Niederschriften datieren vom Dezember 2006 - da hat das Gerät also wohl noch einwandfrei funktioniert.

    Weiter geht's mit Teilbeitrag #2 (meines Beitrags):

    "Mit einem Fischerbuben von neun Jahren ist besser über den Rhein fahren als mit einem Doktor von siebzig." (Simrock, 1846)
    "Eine gute wissenschaftliche Theorie sollte einer Bardame erklärbar sein." (Ernest Rutherford, 1871 - 1937)

    Edited 9 times, last by Klangschatulle (July 20, 2024 at 7:07 AM).

  • Klangschatulle July 19, 2024 at 6:03 PM

    Changed the title of the thread from “Der National TT-21RE von 1963 - der erste 23[cm] Transistor-UHF-Portabelfernseher? (Teil 1)” to “Der National TT-21RE von 1963 - der erste 23[cm] Transistor-UHF-Portabelfernseher?”.
  • Teilbeitrag #2 von insgesamt 3 Beiträgen:

    Ein eigenes Thema bei diesem Gerät ist der Stromversorgungssteckverbinder - da liegen auf einem Steckverbinder die Netzspannung und die 12[V]DC auf. Gottseidank bin ich im Besitz des Netzkabels - wie ich an eine Kupplung zur Anfertigung eines 12[V]DC-Kabels rankomme, weiß ich noch nicht:

    Das ist das dazugehörende Original-Netzkabel (ja, wir schreiben das Jahr 1963 - da war das mit dem "Schuko-Zwang" noch nicht so....):

    Das Innenleben dieses vollgestopften Geräts ist teilweise wohl echt eine "Wundertüte". Bestimmte Dinge waren 1962 / 1963 scheinbar einfach noch nicht anders (sprich: mit Halbleitern) machbar - so z.B. der schnelle Hochspannungsgleichrichter für die Erzeugung der ~ 10[kV] Bildröhren-Nachbeschleunigungsspannung aus dem Zeilentrafo. Also wurde das (bei einem batteriebetreibbaren Gerät!) mit einem Spannungsverdreifacher mit drei Bleistift-Gleichrichterröhren des Typs 5642 gelöst, von denen jede eine eigene(!) Heizwicklung auf dem Zeilentrafo hat, die gegen die Heizwicklungen der anderen beiden Röhren und gegen die Primärseite sehr gut isoliert sein muß (was für ein Aufwand!). An diese drei Bleistiftröhren bin ich bis jetzt noch nicht rangekommen - dazu hatte ich das Gerät bis jetzt noch nicht weit genug zerlegt.

    Hier mal das Datenblatt dieser Gleichrichterröhren (im weiter unten zu sehenden Schaltbild sind die Details dieser HV-Röhrengleichrichtermimik zu sehen):

    RCA_5642.pdf

    Auch Original-Zubehör zu diesem Fernseher ist vorhanden - fangen wir mit dem einfachsten an, dem "Schmalzbohrer"-Ohrhörer samt schmuckem Echtledertäschchen:

    Dann gibt es Zubehör zum Anschluß von Antennen - alles auf dem nachfolgenden Bild ist HF-Kram bis mindestens 230[MHz], auch wenn's nicht so aussieht:

    Hier noch das VHF-Symmetrierglied (der "BALUN") von außen:

    ....und dasselbe VHF-Symmetrierglied von innen:

    Diese Sachen wurden so mit dem Fernseher ausgeliefert - an den "End-User". Scheinbar war früher noch mehr Technikverständnis und mehr Technikbeschäftigungswille vorhanden, so daß man dem "End-User" solche Sachen in die Hand drücken konnte, ohne einen Totalschaden oder Schlimmeres befürchten zu müssen: Immerhin mußten da von einer HF-Flachleitung Adernenden abisoliert und verdrillt werden, um sie anschließend unter die Rändelmuttern der Dipolanschlüsse zu klemmen. Und dann mußte (vermutlich wegen mangelnder Großsignalfestigkeit des VHF-Trommeltuners) anhand der Feinheiten des Fernsehbildes (und seiner Störmodulation / Rauschen) vom "End-User" auch noch die Entscheidung getroffen werden, ob das Koaxkabel mit dem 3,5[mm] Monoklinkenstecker in die Buchse "LOCAL" oder "DISTANCE" am VHF-Symmetrierglied einzustecken ist - heutzutage aus meiner Sicht eine undenkbare Anforderung an den "End-User" (Überforderung).

    Bei dem Gerät waren auch noch einige Ersatzhalbleiter dabei - mir ist allerdings nicht bekannt, ob deren Beschaffung eine Vorsichtsmaßnahme war oder ob da noch Probleme in diesem Gerätchen schlummern (und das werde ich in diesem Leben auch nicht mehr durch Nachfragerei rausbekommen):

    Was allerdings gut zu sehen ist (und was bei mir überhaupt nicht zu Optimismus Anlaß gibt), das sind die Metallgehäuse der runden Transistoren: Das erinnert stark an die "Zinn-Whisker"-Typen OC170 / OC171, AF116 etc......

    Wenden wir uns den technischen Unterlagen zu - und zwar zunächst mal dem UHF-Tuner (der sieht von hinten so aus):

    Das PDF des vierseitigen Produktdatenblatt dieses UHF-Tunermoduls findet sich hier:

    National TY-532E (UHF-Tuner für TT-21 RE) Technical Data (leider komprimiert wg. 2MB RBF-Grenze).pdf

    In obigem PDF-Dokument findet sich auch ein Schaltbild dieses UHF-Tuners. Wie gesagt: Wir sind im Jahr 1962 / 1963. Und zu dieser Zeit war die Entwicklung eines betriebssicheren, empfindlichen und stückzahlreproduzierbaren Transistor-UHF-Tuners noch eher ein "Himmelfahrtskommando". Die im Schaltbild genannten Transistoren dieses UHF-Tuners (2SA309) haben jedenfalls eine Transitfrequenz von 600[Mhz] - und dieser Tuner funktioniert noch bis Kanal 60 (also ~ 800[MHz]). Das dürfte einer der Gründe dafür sein, warum die konsequente Anwendung der Basisschaltung hier unumgänglich war - aber auch, warum man drei (statt zwei) Transistoren benötigt hat. Jedenfalls ist dieser ~ 0,8[GHz] UHF-Transistortuner für 1962 / 1963 eine ziemlich außerordentliche Entwicklerleistung (auch, wenn er wahrscheinlich deutlich wahrnehmbar rauschen dürfte).

    Weiter geht's mit Teilbeitrag #3 (meines Beitrags) bzw. Beitrag #4 dieses Threads:

    "Mit einem Fischerbuben von neun Jahren ist besser über den Rhein fahren als mit einem Doktor von siebzig." (Simrock, 1846)
    "Eine gute wissenschaftliche Theorie sollte einer Bardame erklärbar sein." (Ernest Rutherford, 1871 - 1937)

    Edited 17 times, last by Klangschatulle (July 20, 2024 at 7:13 AM).

  • Klangschatulle July 19, 2024 at 6:10 PM

    Changed the title of the thread from “Der National TT-21RE von 1963 - der erste 23[cm] Transistor-UHF-Portabelfernseher?” to “Der National TT-21RE von 1963(!) - der erste 23[cm] Transistor-UHF-Portabelfernseher?”.
  • Teilbeitrag #3 von insgesamt 3 Beiträgen (der aus forumsinternen Gründen jetzt der Threadbeitrag #4 ist):

    Wenden wir uns nun der Dokumentation des "National Panasonic Volltransistor Fernsehgeräts TT-21 RE / S22" zu:

    Da wäre zunächst einmal die Bedienungsanleitung. Dieses Booklet mußte Stück für Stück in Einzeldateien transferiert und dann zusammengefügt werden, weil die damaligen Marketingleute es wohl für eine super Idee hielten, die Außenkontur des Papiers der Anleitung nicht rechteckig oder quadratisch zu schneiden, sondern in der Außenkontur des Fernsehers:

    National TT-21 RE - Bedienungsanleitung (leider stark komprimiert wegen 2MB RBF-Grenze).pdf

    Für mich vieeel interessanter ist die Serviceanleitung: Die ist bemerkenswert ausführlich und (1963! Japanischer Hersteller!) in deutscher Sprache gehalten:

    National TT-21 RE - Reparaturanleitung mit Bestückungsplan (leider komprimiert wg. 2MB RBF-Grenze).pdf

    Und nun zum Interessantesten für Techniker - dem Schaltbild:

    Ein interessanter Schaltungsteil ist hier der (bereits weiter oben erwähnte) Hochspannungsgleichrichter für die Bildröhren-Nachbeschleunigungsspannung per Spannungsverdreifachung durch die drei Bleistift-Gleichrichterröhren (bei einem Portabelgerät!) V2, V3 und V4 (Datenblatt wurde schon weiter oben verlinkt).

    Was wäre eine Restauration / Reparatur ohne Bestückungspläne? Also, hier die BPLs der zwei großen Leiterplatten, die es (abseits von VHF- und UHF-Tuner) in dieser Kiste gibt:

    Ob der Fernseher derzeit noch funktioniert und ein vernünftiges Bild darstellt? Aktuell weiß ich das noch nicht. Ich hoffe jedoch sehr darauf, daß hier wenigstens einer der nachstehend abgebildeten Kameraden (die allesamt hier rumlungern, aber eben auch seit vielen Jahren nicht mehr eingeschaltet wurden) kooperationsbereit ist:

    Mit irgendeinem der drei oben gezeigten Burschen hoffe ich, dem Herrn National-Panasonic TT-21 RE ein (Test)Bild entlocken zu können. Wenn nicht, dann hätte ich auch noch Zugriff auf den "Herrn Nordmende" (der lungert aber derzeit nicht hier rum): https://www.radiomuseum.org/r/nordmende_fa…erator_fsg.html. Und wenn das von Erfolg gekrönt sein sollte, werde ich das hier (bebildert) in diesem Thread berichten (um mir dann von den Experten einen qualitativ sehr hochwertigen "HDMI-zu-VHF" oder "HDMI-zu-UHF" Modulator empfehlen zu lassen, mit dem man dann s/w-Bewegtbild und Live-Mono-Ton in diesen Veteranen der Fernsehgeschichte einspielen kann). s/w-Bewegtbild (also ohne 4,43[MHz] PAL-Farbträger und ohne Chroma-Information) scheint mir hier wichtig zu sein: Im Schaltbild ist nichts zu erkennen, was auf eine Farbfalle hinweist (klar, wir sind bei 1962 / 1963 - und Willy Brandt hat erst 1967 auf den "Farb"-Knopf gedrückt) - und das würde vermutlich eine Verschlechterung der Bildqualität bei Einspielung eines PAL B/G FBAS-Farbsignals bedeuten. Dasselbe gilt sinngemäß für den Mono-Ton mit 5,5[MHz] Ton-ZF: ich habe einfach keine Ahnung, wie sich die Stereokodierung des Tons bei einem solchen Veteranenfernseher auf die Tonqualität auswirkt.

    Was ich noch vergaß: Die Reklame für diesen Fernseher - also: die erste Reklame, die mir bekannt ist - aus dem Juni 1963 der Zeitschrift "Funktechnik" - und bereits da wird das Thema "UHF" deutlich erwähnt:

    Funktechnik Juni 1963, Seite 31.pdf

    Die zweite Reklame, die mir für diesen Fernseher bekannt ist, stammt aus dem November 1963 der Zeitschrift "Funkschau":

    Funkschau November 1963, Seite 6.pdf

    Zu guter Letzt: Beschwerden wegen zu großer Bilder? Absolut berechtigt. Nur: Lasse ich die Bilder durch die Forensoftware kleiner machen, dann werden sie zum Teil so beschnitten, daß wichtige Bildinhalte fehlen und das Bild in der Threadansicht seinen Informationsgehalt zumindest teilweise einbüßt - und das möchte ich nicht (meine Bilder sind nämlich ALLE von mir händisch vorbearbeitet und zugeschnitten - und dabei habe ich mir schon was überlegt).

    Ich freu' mich drauf, wenn es dem Administrationsteam möglich sein sollte, die derzeitigen Limits (Anzahl Dateianhänge, Größe Dateianhänge, Bildbeschnitt) der Forensoftware zu erweitern - dann lassen sich solche großen Beiträge "smoother" erstellen.

    So, ich habe (für den Moment mal) fertig.

    Grüße

    Günter

    "Mit einem Fischerbuben von neun Jahren ist besser über den Rhein fahren als mit einem Doktor von siebzig." (Simrock, 1846)
    "Eine gute wissenschaftliche Theorie sollte einer Bardame erklärbar sein." (Ernest Rutherford, 1871 - 1937)

    Edited 40 times, last by Klangschatulle (July 20, 2024 at 6:56 AM).

  • Hallo Günter,

    kennst du das Buch "Der Transistor"? Beschreibt spannend zu lesen die Transistorisierung der Radio- und Fernsehindustrie von 1955 bis 1965. Beginnend mit dem AFY 10 bis 12 (600MHz), AF106 (bis 1GHZ), war der AF139 von Siemens dann "...der Erste der es ermöglichte UHF-Tuner herzustellen...." für die Großserie. Ein Problem war die Personalsituation und notwendige Rationalisierung z.B. 9 Millionen Stück AF139 in 1964...

    Das Whiskers Problem kenne ich auch, in meinen Philips Scopes hat es viele AF118 davon - aber wirklich - ich hatte noch keinen Ausfall von denen.

    Übrigens - tolle Meßgeräte! So gut erhalten! Ganz nach meinem Geschmack :smiley32:

    Einen Farbbildgenerator CPG9000 von ELV hatte ich mir mal Mitte der 90er gebaut und benutze ihn heute noch.

    Gruss

    Debo

  • Hallo Günter,

    danke für den Beitrag! das ist ein sehr schönes Gerät und ich bewundere die Ingenieure von damals die es geschafft haben solche kompakten Geräte zu bauen ganz ohne ICs, SMD und andere heute verfügbaren Bauteile. Auch und gerade die Horizontalablenkung und HV Erzeugung war mit Sicherheit damals eine Herausforderung. Das Modul mit den drei HV Gleichrichterdioden kenne ich auch aus einem anderen Gerät dem TV303-5. Dort habe ich das Modul auf Halbleiter umgebaut. Mein Beitrag müsste hier noch irgendwo im Forum sein...

    Viele Grüße
    Semir

    "Alle sagten: Das geht nicht. Dann kam einer der wusste das nicht, und hat es gemacht."
    (Prof. Hilbert Meyer, Uni Oldenburg)

    "Those who would give up essential Liberty, to purchase a little temporary Safety, deserve neither Liberty nor Safety."
    (Benjamin Franklin)

  • Hallo Günter,

    ich habe in Deinem Beitrag die Erwähnung einer Platine gefunden, die vermutlich Dein Vater eingebaut hat.

    Wenn ich mir den Plan so anschaue, dann sehe ich - soweit ich das richtig erkennen kann - dass die Videoendstufe kapazitiv an die Bildröhre gekoppelt ist. Das war damals wohl üblich, obwohl es sich sehr negativ auf die Bildqualität auswirkt.

    An dem Junost, den ich früher mal besaß, hat mit das massiv gestört und ich kann mir vorstellen, dass es Deinem Vater ähnlich ging.

    Was ist das Problem?
    Die kapazitive Kopplung führt dazu, dass die Helligkeit des Gesamtbildes konstant bleibt.
    Wenn ein Bild also sehr viel helle Stellen enthält, werden diese alle etwas dunkler dargestellt und umgekehrt - wenn ein Bild viele dunkle Stellen aufweist, werden die alle etwas heller dargestellt. Immer so, dass die Gesamthelligkeit gleich bleibt (der Gesamtstrahlstrom muss ja konstant bleiben, da über den Koppelkondensator von der Videoendstufe nur Wechselspannung übertragen wird...)

    Um diesen Effekt zu verhindern, gibt es die Scharzpegelhaltung (bzw. -klemmung) - die hat man in einfachen Geräten gern weggelassen.

    Vielleicht hat Dein Vater so etwas nachgerüstet?

    Viel Erfolg bei der Restauration!

    HeinerG

  • Servus Debo,

    Quote from Debo (Beitrag #6)

    kennst du das Buch "Der Transistor"?

    kannte ich bisher nicht - und hab' ich deswegen gleich bestellt (2 Exemplare, das ist für die richtigen Leut' ein feines Geschenk).

    Danke für das Meßgerätelob. Ja, ich hab's ganz gern, wenn meine Meßgeräte auch optisch auf einem höheren Niveau in Ordnung sind (was - je nach Vorbe- oder Mißhandlung - bei einer Restaurierung leider nicht immer gelingt).


    Servus Heiner,

    Quote from HeinerG (Beitrag #8)

    Vielleicht hat Dein Vater so etwas nachgerüstet?

    Das Nachfolgende ist das, was ich auf einem handschriftlichen Zettel dazu gefunden habe. Die roten Eintragungen stammen von mir, weil das eine äußerst kontrastarme, sehr schlecht lesbare Bleistiftskizze ist, die auch durch Bildnachbearbeitung nicht viel besser wird. Eine Schwarzwertklemmung kann ich da nicht erkennen - dazu fehlt aus meiner Sicht der Gleichstrompfad zur Kathode der Bildröhre. Die Video-Gegentaktendstufe dient meiner Vermutung nach dazu, sowohl im Quellen- wie auch im Senkenbetrieb die Kapazitäten an der Kathode der Bildröhre schneller und mit halbwegs symmetrischem (und niedrigem) Innenwiderstand der Videoendstufe umzuladen und dadurch höhere Anstiegs- und Abfallgeschwindigkeiten des Videosignals zu erreichen --> schärfere Kanten bei vertikalen Strichen und dergleichen.

    Quote from HeinerG (Beitrag #8)

    Viel Erfolg bei der Restauration!

    Dankeschön!

    Grüße

    Günter

    "Mit einem Fischerbuben von neun Jahren ist besser über den Rhein fahren als mit einem Doktor von siebzig." (Simrock, 1846)
    "Eine gute wissenschaftliche Theorie sollte einer Bardame erklärbar sein." (Ernest Rutherford, 1871 - 1937)

  • Hallo Fernsehfreunde,

    das kleine Japanwunder von National war 1962/63 aber nicht die einzige Möglichkeit, einen auch mit Batterie oder Akku 12V betreibbaren Fernseher zu erwerben. Von Kuba- Imperial gab es zu dieser Zeit den "Astronaut" mit einer vergleichsweise riesigen 14 Zoll- Bildröhre:

    Astronaut 1514 Fernseh-E Kuba Kuba-Imperial, G. Kubetschek; |Radiomuseum.org

    Der Astronaut hat serienmäßig einen UHF- Tuner mit 2x AF139 und ist komplett mit Germaniumtransistoren aufgebaut. Als Hochspannungsgleichrichter arbeitet eine Röhre DY80. Die Bildröhre amerikanischer Herkunft hat 110° Ablenkwinkel und 12V Heizspannung.

    Kuba- Imperial erschien mir bei den Musiktruhen ( Kubetschek war ursprünglich Möbelfabrikant) nicht unbedingt technologieführend zu sein, aber beim Fernsehen hatten sie was drauf. Ich erinnere an den tragbaren Farb- Fernsehempfänger "Porta- Color" auf Basis eines US- Gerätes von GE (habe mal einen völlig durchgeregnet auf dem Sperrmüll stehen sehen, 18 Röhren im Format eines Schuhkartons), auch das erste große Fernsehchassis hatte 1967 weitestmögliche Transistorisierung und wurde von Braun für deren Fabfernseher FS1000 übernommen, war aber nicht besonders zuverlässig, Platinen beidseitig mit Leiterbahnen.

    Viele Grüße

    Lutz

  • Der Astronaut ist mir bekannt - aber: der ist halt durch die 36[cm] Bilddiagonale deutlich größer (und mußte wegen des größeren verfügbaren Innenraums deshalb wohl nicht so "vollgestopft" werden) wie der kleine Japaner. Vor allen Dingen ist der Kuba allerdings deutlich schwerer: so um die 15[kg] werden da aufgerufen - beim "kleinen Japanwunder" sind es inklusive UHF-Adapter so um die 5,3[kg])....das mag bei Überlegungen für portablen Betrieb damals schon eine Rolle gespielt haben.

    Was mir allerdings nicht bekannt war: Daß es die UHF-tauglichen AF139 Transistoren schon 1962/1963 gab. Das Prüfdatum des Schaltbilds des "Astronaut" datiert vom 05. September 1962 - und da sind die AF139 tatsächlich schon im UHF-Tuner drin. Die restliche Transistorbestückung ist allerdings noch so "OC"-isiert und teilweise "Zinn-Whisker-Gehäuse"-verdächtig, daß ich mal annehme, daß der AF139 zu diesem Zeitpunkt noch brandneu (und sehr teuer) war.

    Die vorläufigen(!) Valvo- und Telefunken-Datenblätter des AF139 datieren jedenfalls von 12/1963 (Valvo) und vom 01.01.1964 (Telefunken) - die mir zugänglichen Siemens-Datenblätter des AF139 sind nicht datiert.

    AF139 (Telefunken) 01.01.1964.pdf

    Das Valvo-Datenblatt hat 2,022[MByte] und läßt sich mit meinem Kompressionswerkzeugen interessanterweise nicht weiter verkleinern - das kann ich also nicht hochladen, da die Forensoftware hier leider was dagegen hat.

    Grüße

    Günter

    "Mit einem Fischerbuben von neun Jahren ist besser über den Rhein fahren als mit einem Doktor von siebzig." (Simrock, 1846)
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  • Und genau dieser AF139 ist im Tuner als HF Vorstufe im K67 ( Fernseher Staßfurt ) verwendet worden.

    Zwei weitere AF106 waren auch noch im Tuner.

    Das war aber dann erst ab 1967. Der Fernseher hatte auch nur VHF Empfang.

    Mein Fernseher arbeitet auch noch sehr gut mit diesen Transistoren.

    Habe immer soviel Arbeit, dass ich mir eine aussuchen kann. :)

    Grüße Frank, der Moschti

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