Trafos für Röhrengeräte

  • Hallo in die Runde,

    ich hoffe hier Klärung zu finden. Ich baue seid ungefähr zwanzig Jahren aktiv Röhrenverstärker, aber nur mit ausgeschlachteten Trafos aus früher höherpreisigen Geräten. Da solche Trafos in der Leistung in neu recht teuer

    sind ersteiger ich immer wieder solche Radios. Am liebsten verwende ich Nordmende Othello oder Tannhäuser 58 oder 59. Trafomäßig sind die identisch, haben nur eine andere Lautsprecherbestückung. Ausgangsübertrager

    für 2 x EL84 ca.12Watt. Der Netztrafo mit der entsprechenden Leistung ist auch gleich mit dabei und noch ne ECC82.

    Nachdem ich dann die Herstellerbleche für die Befestigung des Trafos entfernt habe ziehe ich die Messingniethülsen auch noch

    raus, da passt dann wunderbar eine M4 Gewindestange zur Befestigung durch. Nun meine Frage:

    Warum hat Nordmende und auch andere Hersteller immer Messingniethülsen verwendet um das Blechpaket zu pressen? Ich verwende auch Messinggewindestangen. Wenn ich normale Gewindestangen nehme habe ich festgestellt,

    dass der Trafo unter gleicher Belastung mit normalen Gewindestangen oder Schrauben nach gleicher Einschaltzeit

    mit gleicher Belastung ungefähr 20 Grad wärmer wird, aber was ist die physikalische Erklärung dafür? Verwende ich Messinggewindestangen bleibt er ungefähr 20 Grad kühler. Wer kann das erklären?

    Beste Grüße


    Dieter

  • Hallo Dieter,

    Deine Frage ist ganz einfach zu beantworten.

    Das Blechpaket, welches aus kornorientiertem Trafoblech besteht, wird einseitig mit einer isolierenden Oxid-Schicht versehen.

    Dadurch ist jedes Trafoblech voneinander eigenständig und kann somit seine Um-Magnetisierung verarbeiten.

    Wenn Du jetzt eine oder sogar 4 Stahlschrauben in das gesamte Trafo-Blech-Paket zur Befestigung einfügst, kommt das einem Magnetischen Kurzschluss sehr nahe. Daher die Messinghülsen oder Messingschrauben.

    In den Anfängen der Transformator Produktion hat man zur Blech-Isolation dünnes Papier verwendet.

    Vereinzelt wurde auch eine Lackschicht als Isolation verwendet.

    Das findet man auch vereinzelt bei Radios aus den 1920 bis in die 1940 er Jahren.

    Grüße Michael

  • Hallo Michael,

    ähnliches habe ich mir auch schon gedacht. Anders wäre es ja auch nicht erklärbar. Ich dachte aber mehr an magnetische Wirbeleffekte. Dann müsste ich ja auch theoretisch Edelstahlgewindestangen verwenden können, die sind ja auch nicht magnetisch. Dann frage ich mich auf der anderen Seite aber auch, wieso in der heutigen Trafoproduktion z.B. bei Steuertrafos das Blechpaket verschweißt ist. Da müsste dann ja ein voller magnetischer Kurzschluss vorliegen. Oder denke ich jetzt falsch.

    Gruss

    Dieter

  • Durch punktuelle Schlüsse entstehen noch keine großen Wirbelströme. Die Isolation durch die Oxidschicht ist ja auch nicht vollständig. Ob die Schrauben magnetisch sind, wäre den Wirbelströmen ziemlich egal, elektrisch leitfähig sind sie in jedem Fall.

    Die beobachtete stärkere Erwärmung kann nur durch eine Verschlechterung der magnetischen Eigenschaften kommen. Bei meinen früheren Trafobasteleien habe ich eiserne Schrauben verwendet, ohne Nachteile zu erkennen.

    Edited once, last by countryman (December 10, 2024 at 9:45 AM).

  • Das Blechpaket, welches aus kornorientiertem Trafoblech besteht

    Hallo,

    bist Du Dir da sicher? Ich hatte noch nie Ausgangsübertrager aus Radios in der Hand, deren Blechstärke kleiner als 0,5 mm war, auch nicht aus höherwertigen Geräte wie den genannten Beispielen. Kornorientierte Bleche (GOSS) waren maximal 0,35 mm stark.

    Im übrigen folge ich Deiner Erklärung, auch wenn ich selbst auch noch nie Probleme bei der Verwendung normaler Stahlschrauben beim Trafobau hatte.

    Der Einwand bezüglich der bei der heutigen Trafofertigung üblichen Schweißnähte ist aber auch nicht von der Hand zu weisen - und bestätigt meine fehlende Beobachtung von Problemen.

    Beste Grüße, Uwe

  • Ja, das leuchtet ein.

    Um die eingangs gestellte Frage zu beantworten: Wurde die angegebene Erwärmung um 20 °C gemessen oder lediglich geschätzt?

    Gerade bei Nordmende-Geräten, selbst bei den genannten höherpreisigen, ist festzustellen, dass gespart wurde on devil come out (um es mal mit Loddarmaddäus zu sagen ;)). Vier Messingnieten in den Ecken eines Blechpakets sind nun mal in der Fertigung billiger als vier Schrauben samt Muttern und evtl. auch noch Beilagscheiben und Federringen zur Sicherung. Anderes Indiz des Sparens bei NM sind die per Punktschweißung montierten Röhrenfassungen, was wiederum billiger ist als Nieten.

    Edit: Auch die Nordmende-Ausgangstrafos sind nicht unbedingt der Bringer oder besser als die anderer Hersteller. Die mit der Nr. 522.034.13 aus dem Chassis 6/634 des Mj. 1965/66 wurden sehr simpel gewickelt: Erste Primärwicklungshälfte, darauf Sekundärwicklung, darauf zweite Primärwicklungshälfte. Dieser Aufbau ermöglicht weder einen ausgeglichenen Frequenzgang am oberen Ende noch eine gute Kompensation des NF-Verstärkers. Beides läuft auf einen mageren Kompromiss hinaus.

    Beste Grüße, Uwe

  • Hallo Uwe,

    vielen Dank für deinen Beitrag. Ja, die Werte der Erwärmung habe ich gemessen unter normaler Auslastung des Trafos. Entnommener Secundärstrom der Anodenspannungswicklung 100mA. Lt Aufdruck kann er 190mA. Entnommener Heizstrom 3A. Lt. Hersteller kann er 4A. Im eingebauten Zustand im Radio muss er mehr leisten. Bei mir hat er 2 EL84 und eine ECC83 zu befeuern. Es fehlt also die Belastung des Heizstromes und des Anodenstromes der übrigen Röhren des Radios. Dort eingebaut wird er also nicht so warm wie in meinen Schaltungen, was ich ihm ab verlange. Die Endröhren laufen bei mir in AB Gegentakt also genau wie im Radio Othello 58.

    Beste Grüsse

    Dieter

  • Moin,

    Stahlschrauben in M- und E- Blechpaketen sind Standard. Sie haben keinen (keinen nennenswerten) Einfluss weder auf die Wirbelströme im Paket noch auf sonstige magnetische Eigenschaften. Wären die "Schrauben schuld" (z.B. durch die Vermutung Wirbelströme), so müssten diese ja die Übertemperatur erzeugen und extrem heiss werden. Ist mir noch nicht begegnet. Tippe auf Messfehler.

    Gruß, Halbwelle

  • ...Stahlschrauben in M- und E- Blechpaketen sind Standard. Sie haben keinen (keinen nennenswerten) Einfluss weder auf die Wirbelströme im Paket noch auf sonstige magnetische Eigenschaften. ...

    Ich bin ebenfalls der Meinung, dass Stahlschrauben in M- und E- Blechpaketen Standard sind. Ob die Verwendung von Messinghohlnieten bei den hier in Frage stehenden Nordmendetrafos (sie sind mittlerweile oft gebrochen) nun kaufmännische Aspekte hatte vermute ich eher, als daß es hier um eine Frage der Erwärmung des Trafopaketes im Betrieb gegangen wäre. Anfang der 50er verbaute selbst Nordmende noch stählerne Gewindebolzen (z.B. bei meinem "300-9" des Jahrgangs 1952/53).

    Davon ab, Exkurs: Die Diskussion um die Materialeigenschaften und die Isolierung der Bolzen von den einzelnen Kernblechen wurde hier schon oft geführt, mitunter auch in der Richtung, daß bei Trafos hierfür nur NE-Metallbolzen/-nieten verwendet werden sollten/dürften.
    Fakt ist, dass über die Jahrzehnte und je nach Hersteller unterschiedliche Materialien und Ausformungen verwendet wurden. In Radios der Endzwanziger- / Anfang- bis Mittdreißigerjahre, mitunter selbst noch in Fünfzigerjahre- Radios findet man oft solide (magnetische) Stahlbolzen mit Schraubgewinde, mitunter auch Stahlrohrnieten. In der zweiten Hälfte der Fünfzigerjahre kommen vielfach (z.B. Nordmende) Messingrohrnieten vor.
    Zumindest Anfang der Dreißigerjahre wurden m.W. Trafopakete noch von Hand geschachtelt und anschließend verschraubt. Ob dabei ein evtl. zuvor auf den Kernblechen aufgebrachter dünner Isolierungslack beim Einführen der stählernen, an Ihren Enden mit Gewinde versehenen Bolzen als Isolationsschicht durchgängig in der Lochbohrung erhalten blieb? Zweifel sind angebracht.

    _____________

    Gruß
    klaus


    Was ich geschrieben habe, darf widerlegt werden.
    Was ich nicht geschrieben habe, braucht nicht widerlegt zu werden.

  • Moin,

    nun mal kurz und knapp:

    Wenn Verluste im Eisenkreis vermutet werden, dann ist das aufgenommene Wirkleistung, die bei sekundär unbelastetem Trafo gut messbar ist.

    Mit genauem (genauem!!!!) Wirkleistungsmesser die Leerlauf-Leistungsaufnahme mit Stahlschrauben vs. Nix oder Messinghülse vergleichen.

    (die billigen 20,-€ Schätzeisen aus dem Baumarkt sind für kleine Leistungen zu ungenau).

    Zur Not ginge als erster Anhalt auch die Messung des Primär-Schein-Stromes.

  • Wei aus meinen bisherigen Beiträgen hoofentlich hervorgeht, habe ich auch meine Zweifel am Effekt der Verwendung isolierter oder nichtmagnetischer Schrauben oder Nieten im Trafobau. Dennoch merke ich an, dass ich bislang an jedem näher inspizierten Netztrafo von Hammond (die mit den Orgeln, nicht der kanadische Trafo- und Gehäusefertiger) stets mit Röhrchen gegenüber den Blechen isolierte Schrauben vorfand. Die Endkappen und Blechstreifen jedoch sind gegenüber den Schrauben nicht isoliert.

    Beste Grüße, Uwe

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