Historische Fernmeldetechnik, die heute noch in Betrieb ist

  • Hallo zusammen,

    geht man mit wachen Augen durch meine Stadt in Hessen, , ist hier und da noch jahrzentealte Technik aus dem Analogzeitalter zu entdecken, die heute noch in Betrieb ist. Auf den Kupferadern laufen jetzt natürlich digitale ADSL oder VDSL- Signale,

    1. Endverzweiger

    Dieses wandmontierte Anschlusskästchen aus Gusseisen ist ein Endverzwseiger, wo das Telefonkabel aus der Erde kommt und dann auf mehrere benachbarte Häuser verteilt wird. Wie alt mag es wohl sein, vielleicht noch von der Reichspost ?

    Früher gab es diese oft in alten Bauernhöfen auf dem Lande, aber die haben ja heute größtenteils Glasfaser.


    2. Achteckiger Hauptverteiler

    In meiner Kinder- und Jugendzeit, in den 1960er Jahren, gab es diese achteckigen Verteilerschränke noch häufig in der Stadt. Dieser steht in einem Industrie- und Gewerbegebiet, wo es schon früher viele Telefonanschlüsse gab. Hier laufen die Fernsprechdoppeladern mehrerer hundert "Teilnehmer" zusammen, und oftmals drahtete darin ein Postbeamter mit blauer Uniform mit einem gasbeheizten Lötkolben (Propangasfläschchen) herum.

    Hauptverteiler.JPG


    Die Hauptverteiler waren früher alle dunkelgrün gestrichen, aber heute dominiert Rostbraun oder Graffiti- bunt.


    3. Notrufsäule NRT80


    Diese Notrufsäule des Typs NRT80 (Notruftelefon Jahrgang 1980, auch bekannt als "Björn- Steiger- Telefon")) steht am Rande der Stadt an einem beliebten Spazier- und Radweg. mutterseelenallein nahe einem Gebüsch. Das Bemerkenswerte ist, dass dieses Exemplar noch im Originalzustand mit Drehknebelschalter in der Mitte ist. Im Herbst 2023 hat man noch neue Hinweisschilder aufgestellt, also müsste das Ding noch in Betrieb sein. Es würde mich ja reizen, mal den Knebelschalter zu drücken, aber das wäre "Mißbrauch" und könnte mich teuer zu stehen kommen.

    Hinweisschild_klein.JPG

    Die rote Bereitschafts- LED in der Mitte der Frontplatte leuchtet schon lange nicht mehr. Im Gegensatz zu vielen anderen noch zu findenden NRT's, die modernisiert sind mit einem neuen Frontplatteneinsatz und Edelstahl- Rufknopf und wahrscheinlich digital angeschlossen, ist das hier nicht der Fall.

    Das alte Original- NRT80 benötigte in der Vermitlungsstelle eine Sonderanschaltung, mit der es jede Minute automatisch geprüft wurde, die Fernspeisung lief wohl über zwei zusätzliche Adern. Wie die das heute mit dem digitalen IP- Datennetz verbunden haben, entzieht sich meiner Kenntnis, in der Nähe gibt es jedenfalls keinen Schaltkasten mit einem Router oder einem WLAN- Hotspot. Die Leitungslänge bis zum nächsten Gebäude oder Kabelschacht beträgt mindestens mehrere hundert Meter.

    Entlang des Weges gab es früher im Abstand von ca, 3 km mehrere gleichartige Notruftelefone, die bis auf dieses alle abgebaut wurden. Dieses hier hat wohl überlebt, da am Standpunkt wegen Abschattung durch Hochhäuser und Geländeverhältnisse ein"Funkloch" für Mobiltelefone besteht.


    Hat jemand bei sich noch Ähliches gefunden ? Ein Telefonhäuschen hat übrigens nirgendwo überlebt. Viel Spaß beim Suchen.

    Ronald

  • Schön zu sehen, was heute noch dasteht.

    Aber ich musste doch sehr schmunzeln über deine Aussage:

    Früher gab es diese oft in alten Bauernhöfen auf dem Lande, aber die haben ja heute größtenteils Glasfaser.

    Nun bei uns wird es sowas auch in nächster Zeit nicht geben. Zumal ein Hausanschluss so um die 2000€ kosten soll, wenn ich den beantragen würde.

    Habe immer soviel Arbeit, dass ich mir eine aussuchen kann. :)

    Grüße Frank, der Moschti

  • Hallo Frank,

    das mit der Glasfaser, das ist so eine Sache. Bei uns im Ortsteil gab es früher ein eigenes Zustellpostamt mit zwei Schaltern und einer Paketannahme. Morgens schwärmten von hier die Briefträger aus. Dann kam die Postbank mit einem Geldautomaten, ein Briefmarkenautomat und am Schluss sogar eine Packstation. Zwei Jahre später wurde der Standort komplett geschlossen und das Haus verkauft, ist heute Wohnhaus.

    Aber: Des weiteren war im Hof noch eine Ortsvermittlungsstelle, ein schmuckloser Quader aus den 60er Jahren, mit Klinker verblendet, man hörte im Sommer die mechanischen Wähler rattern, mit Emaillieschild mit Bundesadler darauf, und Akkumulatorenraum unter dem Parkplatz mit Abzugsrohr für das Knallgas. Das Ding existiert heute noch und ist ein Glasfaserknoten mit vielen hellorangen Kabeln darin. Von dort aus laufen Glasfaserleitungen in graue Metallschränke auf den Gehwegen, "Outdoor- DSLAM" (DSL Access Multiplexer), die an Stelle der alten analogen Verteilerkästen sehen. Von dort geht es über die alten Kupferadern in die Wohnungen. Mit "Supervectoring" verspricht die Telekom 250 MBit/s (Magenta Zuhause XL) über Kupfer, wenn die Leitung nicht zu lang ist, max. ca. 500m, das haben die für jedes Aderpaar ausgemessen. Das wird hin und wieder erreicht, aber im Mittel nur 100 MBit/s. Das ist wohl das, was Friedrich Merz mit "optimiertem Kupfer" als Ersatz für den Glasfaser- Ausbau gemeint hat. Einen "echten" Einzelanschluss in Glasfaser mit den entsprechenden Bauarbeiten kann man zu den von Dir oben genannten Tarifen auch haben.

    Ich habe Bekannte in Westfalen, die in einer abgelegenen Siedlung auf dem Lande wohnen. Telefongespräche über die auf Holzmasten aufgehängte Leitung brachen immer wieder ab. Dann hat irgendeine Firma Glasfaser bis vor die Haustür gelegt, dann machte die Firma pleite, und die Faser ruhte. Nach endlosen Interventionen der Gemeindeverwaltung wurde die Glasfaser nach 2 Jahren tatsächlich angeschlossen, jetzt geht alls prima für schlappe 95 EUR / Monat.

    Viele Grüße,


    Ronald

  • Der Endverzweiger dürfte Nachkrieg sein. Die von der Reichspost hatten für gewöhnlich auch Reichspost draufstehen. Ich habe hier die große Version Namens EVza 25 mit der Aufschrift "Reichspost" :)

    Viele Grüße, Mark

    Radioten aller Länder, vereinigt euch!

  • Interessant dass die Notrufsäule wahrscheinlich noch in Betrieb ist. Vielleicht hat es dort mal eine Situation gegeben in der sie gefehlt hat, und daraufhin wurde Bedarf festgestellt?

    In meiner Nachbarschaft stehen noch einige ähnliche, vermutlich ältere Säulen verteilt in den Siedlungen. Ende 70er/Anfang 80er wurden sie schon abgeschaltet. Die Taxizentrale übernahm sie, stellte aber vermutlich fest dass der Weiterbetrieb der Leitungen unwirtschaftlich war. Einige Säulen blieben als Werbeträger und Stehrümchen bis heute erhalten. Das Bild ist schon einige Jahre alt, inzwischen wurden sie neu gestrichen.

    Glasfaser wurde bei uns im Ort jetzt angekündigt, der Hausanschluss soll kostenfrei gelegt werden. Was die Nutzung wenn gewünscht dann kostet, und ob die jetzigen Kupferkabel erhalten bleiben wurde nicht kommuniziert. Bei mir kommen per VDSL min. 50 MBit/s an, das reicht selbst meinen Söhnen. Inn einigen Straßen im Ort ist das allerdings anders, zu lange Leitungen.

  • Diese Säulen waren grün und für Polizeinotruf gedacht. Zur SOS Säule: Der kleine Björn Staiger ist verstorben weil der Rettungswagen zu lange gebraucht hat bis er am Unfallort war. Dann hat Familie Staiger die Björn Staiger Stiftung gegründet und überall diese Säulen aufbauen lassen.

    Gruß Nad

    Ein Leben ohne Röhren ist möglich, aber sinnlos!

  • Die kleinen Verteilerhäuschen nannte man LVZ.

    In Heidelberg, wo meine zehnjährige Fernmeldekarriere begann stand noch mindestens einer im Patrick Henry Village auf einem Platz.
    Das Ding dort war aus Stahlblech.

    So einen Post oder Reichspost - Guss-APL (oder Endverzweiger) hatte ich vor Jahren mal beim Baubezirk aus der Tonne gerettet und wollte was draus basteln. Irgendwann habe ich ihn dann doch wieder auf den Schrott geworfen.

    :smiley47:

  • Diese Säulen waren grün und für Polizeinotruf gedacht.

    Ich meine mich aus Kindertagen zu erinnern, dass auch ein Blaulicht oben drauf angebracht war. Das Konzept solche Notfallmelder in Wohngebieten aufzustellen stammt wohl aus einer Zeit als noch nicht jeder (Festnetz!) Telefon hatte. Ein Kriminalitätsschwerpunkt war die Gegend jedenfalls nie.

  • Hallo Freunde alter Kommunikationstechmik,

    Schön, dass Ihr schon so vieles gefunden habt.

    Die Geräte mit Sprechfunktion, so z.B. auch die gelben Sprechkästen an "Anrufschranken" der DB, wurden von der Firma Neumann, Mülheim an der Ruhr hergestellt.

    Das orange " Björn Steiger"- Notruftelefon gibt es heute noch aus neuer Produktion:

    LTE Notrufstelle - Neumann Elektronik
    Die LTE Notrufstelle ist für den Einsatz auf oberirdischen Haltepunkten oder auch Bahnsteigen im öffentlichen Personennah- und Fernverkehr, sowie in
    neumann-elektronik.com

    Anbindung an das Kommunikationsnetz auch über Uk0- Schnittstelle (ISDN), da geht einiges an Reichweite. Von LTE mit lokaler Solarzellenspeisung ist mei "meinem" Gerät nichts zu sehen.

    Die blaugrüne Polizei- / Feuer Notrufsäule (" eiserner Schutzmann" ) gab es bei uns in den 70er Jahren auch, ist wohl technisch mit dem SOS- Telefon verwandt, Heute dienen sie, knallgelb lackiert, zur Markierung von Taxiständen, ohne technische Funktion.

    Viel Spaß ! Es gibt bestimmt noch mehr zu entdecken.

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