Freunde der älteren Geradeausempfänger aus dem Siemens-AEG-Telefunken-Konzern kennen bestimmt alle die schokoladenbraunen Festkondensatoren in Vergußmasse. Äußerlich meist völlig intakt konnte das Verpressen in einen bakelitähnlichen Preßstoff nicht verhindern, dass die inzwischen hundertjährigen Teile in ihrem Inneren elektrisch nicht stabil geblieben sind. Bei den niedrigen Werten um 100 cm sind die Abweichungen oft noch akzeptabel und die Teile können drin bleiben. Meist sind aber die kritischen Koppelkondensatoren mit Werten zwischen 2000 und 5000 cm völlig unbrauchbar oder sind aus diesem Grund im Gerät schon nicht mehr vorhanden. Durch ihr markantes Aussehen bestimmen diese Kondensatoren den "look" der Chassisunterseite und moderne Ersatzeile würden wie störende Fremdkörper wirken. Um neben der Wiederherstellung der Funktion auch dem Originaleindruck gerecht zu werden, sehe ich zwei Möglichkeiten:
- darauf hoffen, dass noch funktionsfähige Altteile auf dem Markt auftauchen
- das Originalteil nachbauen
Die zweite Möglichkeit ist nicht jedermanns Sache - man wittert unlautere Motive und Fälschungsabsichten - aber der meiner Meinung nach richtige Weg, um beiden Zielen: Funktionalität und Wiederherstellung des Originaleindrucks gerecht zu werden. Es steht außerdem jedem frei, Kopien des Originals als solche zu kennzeichnen. Ich kennzeichne diese Teile mit einem roten Punkt.
Dies vorausgeschickt möchte ich kurz zeigen, wie ich diese Kondensatoren am Beispiel eines 2000 cm herstelle.
Abformung der Hälften
Das Original wird in zwei Hälften mit einem Silikonkautschuk abgeformt. Die Kontaktzungen bilden für die Aufteilung die Schnittebene und erhalten für den Abguß eine Auflage zum Fixieren. Die Abbildung zeigt eine mögliche zweckmäßige Form.
Anfertigung der Kontaktzungen
Aus 0,5mm Messingblech werden die Kontaktzungen herausgeschnitten, nach dem Original gebohrt und mit einer Aussparung für den Kondensator versehen. Wenn möglich werden die sichtbaren Enden galvanisch vernickelt. Der Kondensator 2n2 wird so eingelötet, das er großteils im Bereich der Form für die Rückseite (links in der Abbildung) Platz findet.
Verguß der Rückseite
Das Blech wird wie abgebildet in der Form ausgerichtet und fixiert. Als Vergußmasse werden ca. 5 ml Epoxidharz mit einem Zuschlag von dunkelbraunen Erdpigmenten gemischt. Der Farbton läßt sich aus Umbra-natur und Schwarzpigment* exakt nachbilden. Mit der Gußmasse wird soweit aufgefüllt, dass auch die Oberseite der Kontaktzunge dünn beschichtet ist. Bei dem Schritt kann auch auf die Vorderseite mit dem Emblem eine dünne Schicht aufgetragen werden, sodaß ein blasenfreier Abguß dieser Fläche entsteht. Verarbeitungshinweise beachten, Abform- und Gießharz sollten bei etwa 20-25° Raumtemperatur verarbeitet werden.
* Beide Pigmentsorten können in Pulverform u.U. elektrisch geringfügig leitend sein (>30 MOhm), in de Dispersion werden sie aber vom Harz umschlossen und bilden ausgehärtet einen guten Isolator.
Verguß der Vorderseite
Ist die untere Hälfte ausgehärtet, werden die dünnen Stege zwischen den Kontaktplatten entfernt, Isolation und Kapazität können nun nachkontrolliert werden. Das Bild zeigt die ausgehärtete Rückseite mit dem eingegossenen Kondensator und entfernten Stegen.
Nun wird die Form für die Oberseite mit einem identischen Harzansatz ausgegossen (ca. 3 ml), die Unterseite aufgelegt und an den Kontaktzungen fixiert. Das Harz sollte leicht an den Seiten austreten, um sicherzustellen, daß der Gußkörper vollständig gefüllt ist. Ist auch diese Seite ausgehärtet, kann die Gußnaht noch beigeschnitten werden und der Kondensator ist fertig. Vor dem Einbau noch 1-2 Tage duchhärten lassen (auch hier Verarbeitungshinweise des Harzherstellers zu Rate ziehen).
Im äußeren Erscheinungsbild ist das Ersatzteil (oben, mit rotem Punkt) kaum vom Original zu unterscheiden.
Mich stört jetzt nur noch die Angabe "100 cm" für einen Kondensator von 2000 cm.
Das kann man verbessern, indem man die eingeprägte "1" durch Wachskitt vor dem Abformen verschwinden läßt und den korrekten Kapazitätswert nach dem Abguß ergänzt. Für dieses Exemplar werde ich den Wert einfach draufschreiben.