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40 Jahre Wind und Wetter...
#1
...können gut gebaute Röhrenschaltungen nicht vom Arbeiten abhalten.

Hallo,

Ich wollts den Tag schonmal posten, aber schaut Euch das mal an:

hier gefunden nach ca 40 Jahren Aufenthalt im Freien:
https://www.youtube.com/watch?v=LZvirB89cxU

"resurection":
https://www.youtube.com/watch?v=6lZIJQ-cKDs  (ab min 49:20)

Das ist nicht der einzige, es gibt weitere so kuriose "Resurrection"-Videos, noch ein Zenith u.a. Geräte:

https://www.youtube.com/watch?v=OSRuGtpmBs4&t=8s (ca. min 32, so eine scharfe Röhre!)

Ich hab zwar auch viele Geräte von Aschenbergen geholt und auch solche vom Sperrmüll zum Spaß "resurrected" und dann wieder zurückgestellt, aber das sprengte selbst meine Vorstellungskraft und auch bisherige Erfahrung mit alten Geräten, bis ichs selbst gesehen hab.
Eine Erklärung wäre, daß die starke Sonneneinstrahlung jeweils dafür sorgte, daß sämtliche Teile, auch die Kondensatoren, nach kurzer Zeit rel. vollständig ausgetrocknet sind. Ein in einer mehr oder weniger feuchten Kammer stehendes Gerät hat diese Prozedur nicht und damit lagert sich die Feuchtigkeit dann in den Kondensatoren ein. Ich glaub nicht, daß die "Problem"-Kondensatoren der amerikanischen Geräte grundsätzlich besser waren als die europäischen.

Das Video zeigt zum Teil, was die Röhrentechnik auszeichnet, andererseits kann ich auch die Freude daran absolut nachvollziehen, eine sehr spezielle Seite dieses Hobbys.

Ich bin nicht ganz so verrückt, aber gewisse Ähnlichkeiten in diesen Leidenschaften kann man nun nicht ganz abstreiten.

Gruß IngoZ
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#2
Hallo Ingo,

danke für das Posten dieser Videos. Es ist schon interessant, dass solche Geräte noch funktionieren. Mach das mal mit einem heutigen LCD oder Plasma TV da ist schon nach ein paar Tagen im Freien nichts mehr zu erwarten, denke ich.
Viele Grüße
Semir
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"Alle sagten: Das geht nicht. Dann kam einer der wußte das nicht, und hat es gemacht."
(Prof. Hilbert Meyer, Uni Oldenburg)
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#3
Hallo Ingo,

ja, das begeistert mich auch. Habe vor 2 Wochen einen alten Kofferfernseher aus den 60-ern wieder in Betrieb genommen, den mir irgendwann jemand an den Arbeitsplatz gestellt hat zum Entsorgen. Er hatte auf Anhieb gutes Bild und braucht nur Potipflege. Geometrie, Schärfe und Kontrast sind immer noch gut. Solch langlebige Technik ist in unserer Wegwerfgesellschaft inzwischen weitgehend erfolgreich abgeschafft.
Was mich begeistert ist die Tatsache, daß die Zahl der Leute, die sich damit nicht abfinden wollen steigt, was die Repaircafes belegen.

Vielen Dank und viele Grüße

Ingo
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#4
Danke für den interessanten Link. Ich finde das sehr spannend.
Gruß
Oliver
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#5
JA, das haut einen um, es gibt auch ein Video von einem US-Sammler, der einen SW-TV wieder erfolgreich hochfährt, aus dem schon Gräser durchs Chassis wachsen. Unglaublich - und gerade bei Fernsehegeräten mit ihren feuchteempfindlichen Zeilentrafos für mich völlig unverständlich.

Gruß
Stefan
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#6
Hallo,

Stefan, bei einem der Videos ist ebenfalls Gras zu sehen, das sich schon durch das Chassis gearbeitet hatte.

Das alles ist aber glaubich nicht das Hauptproblem, der Knackpunkt liegt mMn. in der Röhrentechnik schlechthin begründet, man hat nur selten diese Unterschiede so verinnerlicht, daß das eine ganz andere Welt ggü. Transistor...IC war...ist. Durch die Propaganda in den 70-ern und 80-er pro Transistor, contra Röhre war man eben genauso unterwegs, ich will aber Halbleiter damit nicht schlecht reden, so ein hardcore-Röhrenfan bin ich nicht, so nach dem Motto "bäh bleib mir mit Sand vom Hals!", das kann auch ideologisch werden, "ich bin so ein Purist, ich dulde keine Halbleiter in meinem Signalweg" (Musiker/HIFI-Esos ticken manchmal so...) ...

O.k., die Zeilentrafos sind nochmal ne andere Geschichte, aber die Amis haben nicht so viel mit Kunstharz gemacht, die ganzen alten Zeilentrafos waren alle mit Wachs und der ist geduldiger. Aber daß die offenen Wicklungen so sprühfrei gehen, ist auch ein Rätsel für mich, ich hab da mit K67-Zeilentrafos (Koffe-FSE Stassfurt auch mit Wachs) ganz andere Erfahrungen gemacht...


Wenn man sich mal den Allgemeinzustand der anderen Bauteile anschaut, glaubt man nicht, daß da noch "Leben" drin ist.
Aber wie an anderer Stelle angeklungen, hab ich auch viele Jahre den fehler gemacht, die Optik von Schaltungen in direkten bezug zur Funktion zu setzen, dabei spielt das Unterbewußtsein eine Rolle. "Schön" aufgebauten Schaltungen...Leiterplatten traut man eher gute Funktion zu als freiverdrahteten. Schon das ist grundfalsch...

Letztlich ist nicht wichtig, ob das Chassis voll Dreck und Rost ist, wenn die elektrischen Daten der Einzelteile noch ins Toleranzfeld für "geht" passen, "gehts" halt, jedenfalls so wie gesehen. Ich hätte von so einem Gerät die verbliebenen Röhren incl BiRö abgezogen und den Rest entsorgt ohne im Traum daran zu denken, das unter Spannung zu setzen.

Transistorgeräte sind da nun nicht von vornherein ausgenommen, nur sind die meiner Erfahrung nach nicht so tolerant wie Röhrenschaltungen. Wenn da ein Wid./Kondensator zu viel Leckstrom hat, kann das zum schnellen Ausfall von Halbleitern führen. Zumindest Si-Transistoren sind aber auch nach vielen Jahren Umweltstress noch einsatzfähig, jedenfalls wenn nicht die Anschlußdrähte weggerostet sind, wie letztens bei einer Gartensolarlampe: Am vierpoligen Spezial-IC der die 1,5V für die weiße LED hochsetzt und die Schaltfunktionen macht, war nach 1 jahr alle Anschlußdrähte abgerostet ohne chance, da noch was dranzutüdeln... hat mich geärgert (Obsoleszenz...).

Man könnte also fast philosophisch diskutieren, denn Röhrenschaltungen sind aufgrund der gänzlich anderen "Charakteristik" = Vacuum-Elektronik um Größenordnungen überlebensfähiger, es gibt keine kritischen Mikro-Grenzschichten (Sperrschichten), keine Stromdichteprobleme (2. Durchbruch), kein empfindliches Material (dotierter Halbleiterkristall, der keine Luft abbekommen darf (o.k. bei Si kein Thema!), Bonddrähte, dünne Drähte ansich uswusw... wenn eine Elektronenröhre noch ihr Vacuum hat und die Katode nicht verschlissen ist, kann man damit Elektronik machen, auch im Backofen bei 300°C, da funktioniert sogar noch die Kühlung einer glühenden Anode über die Strahlung, denn der 300°-Backofen ist kälter als die 700° heiße Anode, die schon glüht. Natürlich muß man auf die zarten Gitterdrähte ein wenig achtgeben, das kann bei solchen Aktionen auch mal eine Röhre kosten, wenn der Koppel-C zu leck ist.  
Insofern ist das Gesehene gar nicht so kurios, wenn man näher drüber nachdenkt. Mir sagte mal ein TV-Mech.,"... ach, laß doch die PL500 glühen ! Das macht die locker ne Stunde mit" (Zeilenendstufe mit fehlender Ansteuerung). Und was passiert, wenn in einer Transistor-Zeilenendstufe der Ansteuerimpuls nur etwas verzerrt ist, so daß die Umschaltverluste ansteigen ? Tod durch 2. Durchbruch! 1988 waren das durchaus 100 Ostmark.

Da schließt sich dann auch der Kreis zu meinem aktuellen Röhrenprojekt ;Winkit der PL504 kann man "spielen", die bringt so schnell nichts aus der Ruhe.

Nagut, es bleiben doch ein paar Rätsel, warum machen die Kondensatoren noch so viel Gutes, warum sterben die Trafos nicht (o.k., bei dem einen Projekt mit dem Zenith (3. Video) stirbt nach kurzer Zeit die HK-Ablenkeinheit, das hatte ich auch schon 2x bei normalen Farb-TVs, hier sind aber auch 1kV Uss im Spiel, fast wie beim zeilentrafo.

....schon wieder so viel geschrieben, ADS... "schau, noch ein Thema! ...und noch eins ! ...."

Sehts mir nach Wink

Schönen Abend Euch, gruß IngoZ
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#7
Hallo Ingo,

ich sehe es andersrum: Ich denke wenn eine Schaltung in Matschund Rost versinkt, ist Trasistortechnik die haltbarere: Niederspannung, niederohmige Schaltung. Wenn zwischen g1 und k-Anschluss ein Käfer sitzt, bringt das die Vorspannung schon in Schieflage, zwischen B und E macht das Geziefer nichts.
Die Grenzbelastbarkeit ist bei Röhren natürlich höher, sie halten mehr aus. Wo quälst du denn aktuell deinen armen PL 500er?

Ach du Sch... 100 Ostmark für einen Zeilenendtransistor? Im Westen kostete sowas vier-fuffzich. Und ein BC 548 40 Pfennige. Und Röhrenfernsehgeräte, s/w wie Farbe, wurden 1988 im Fachhandel in der Regel nicht mehr repariert. Die wenigen die es noch gab, standen im Zimmer des Nachwuchses, im Schlafzimmer oder Hobbykeller als Zweitgerät. Aus den Wohnzimmern waren PL 509/519 spätestens um 1985 verschwunden, PL 500/504 so um 1981.

Nur wir Bekloppte bewaren das Zeug auf.

Gruß
Stefan
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#8
Hallo Stefan,

naja stimmt schon, die Spannungen sind bei Transistorschaltungen niedriger. Aber ich bezweifle doch stark, daß ein Kofferradio...HIFI-Anlage...modernerer Fernseher..., der 40 Jahre unter diesen Beanspruchungen zugebracht hat, noch etwas sinnvolles tut, einzelne Bauteile/-gruppen werden aber u.U. noch intakt sein. Transistorschaltungen sind durch die filigranere Bauweise auch mechanisch empfindlicher... Er hatte aber auch schon ziemlich räudige Volltransistor-Geräte in "resurrections", die auch noch rel. gut gingen. Die standen dann aber irgendwo verlassen im Raum und waren voll Rattennester etc.

Für mich sehr erstaunlich auch die Tatsache, daß der gesamte Empfangsteil so gut läuft, Tuner, ZF-Verstärker... Scheint doch alles nicht ganz so kritisch zu sein (hatte ich auch im Beitrag zum Bild-ZF-Verstärker geschrieben).
Aber auch hier muß man Überlegungen zur Langzeitstabilität anstellen: VHF-Spulen (Tuner, Bild-ZF) sind natürlich mit ihren wenigen Windungen und einlagiger Ausführung auch mechanisch robuster als AM-Spulen, kann sein, daß ein AM-Radio nach diesen Jahren deshalb eben nicht mehr tut, weil hier einige 10...100 WIndungen dünnen Drahtes im Spiel sind und nicht 0,5...1mm CuL, 10...20 Windungen. Aber alles ein wenig Kaffeesatzleserei ;Wink Ich hätte bis vor Kurzem ausführlich erklären können, warum ein Fernseher nach 40 Jahren im Freien nicht mehr gehen kann, bei den Kondensatoren angefangen...

Zur Zeit quäle ich eine PL500 in meinem Experimentalfernseher (siehe Beitrag, da hattest Du doch auch schon was geschrieben), die macht übrigens das gleiche wie beim zweiten Beitrag s.o., wenn man das g1 unterbricht, zirpt sie Wink
Ich hab vielleicht gelacht bei dem Video, dort hat irgendein Einsteller Unterbrecher und deshalb zirpts da auch und die -Ug1 fehlt /Röhre heiß) Ein Transistor wäre bei ähnlichen Fehlern in der Ansteuerung schon tot.
Im Moment hat die PL500 bei mir noch etwas Ruhe, denn ich bastele noch am röhrenbestückten Ampltudensieb/Horizontalteil, wenns fertig ist (Generator piepst schon), gibts die news drüben...

(.. um auf den anderen Absatz nochmal kurz einzugehen: Die 100 Ostmark bezogen sich auf einen BU208 (SU160) (für die 4000-er Farbfernseher, der BU205 für s/w war etwas günstiger, 60...70 Mark wimre) bzw. BU326A (SU 169), letztere für Schaltnetzteile. Das war schon heftig, zumal bei Fehlern ein wiederholter Ausfall geschehen konnte (Zeitfehler, kalte Lötstelle im Ablenkkreis etc.). Wobei zu dieser Zeit (ca. 1990) auch im Westen bis zu >10 DM aufgerufen wurden, ich suchte kurz nach der Wende natürlich nach solchen Bauteilen für meine Basteleien. Die kleineren Transistoren waren auch kurz vor 1990 zuweilen sehr günstig zu bekommen, mit Glück. Ansonsten gabs ja auch die bekannten (?) Bastlerbeutel, die oft sehr gute Qualität enthielten und viel günstiger waren, kein Vergleich zu heute, wo man nur noch einstellige cents für BC337/327 hinlegen muß... Heute muß man eher aufpassen, überhaupt noch einige Typen zu bekommen (BF245).
Und die Geräteverteilung: Meist wurde in den 70-ern/80-ern ein Farbgerät fürs Wohnzimmer angeschafft und das s/w-Gerät noch lange weiterbetrieben als Zweitgerät, im Garten etc. Deshalb sind die Kisten meistens sehr ausgelutscht gewesen. Man kann aber nichts verallgemeinern...

Gruß IngoZ
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#9
Hallo Ingo,
witzigerweise hab ich auch den BU 208 gemeint, denn der war in den Farbgeräten von 1973 bis etwa 85 auch bei uns der fast immer verwendete Zeilenendtransistor (ausgenommen selbstverständlich die Geräte mit Thyristor-Endstufe). Den BU 205 gab es in so gut wie keiner Service-Werkstatt, denn Reparaturen an s/w-Geräten kamen in den 80ern vielleicht einmal im Monat vor (plus mal das eine oder andere Portable, aber die hatten ja fernöstl. Chassis). UNd wurde doch mal ein BU 205 benötigt, wurde ein 208 eingebaut und fertig.
Deinen Fernseherbauthread verfolge ich weiter

Gruß
Stefan
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