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Oradyne 636
#1
Hallo Freunde,

im vergangenen Jahr ging der Michel (JoBa) auf Großeinkauf in Riqewier in Frankreich. Ach, was brachte er mal wieder an Radios mit. Ich muss da immer aufpassen, die teilweise eigenwilligen Gehäuseformen der Franzosen reizen mich immer sehr zu "will haben". Dieses Oradyne-Radio hatte der Michel extra für mich mit gebracht. Er hatte es mir geschenkt. Natürlich kaufte ich mir noch einige andere Riqewier-Radios ein.  So bekam ich das Radio mit einigen anderen Franzosen von unserem guten Jupp mit nach Siegen zu unserem Sammlertreffen gebracht. Die vielen Geräte konnte ich gar nicht alle mit nehmen. Der Thorsten (Gasherbrum) nahm einige mit und lieferte sie mir. Auch den Oradyne. Schon bei unserem Sammlertreffen interessierte sich der Harald für die Radios.

Irgendwann nahm ich mir den Oradyne vor.... und erschrak. Das Gehäuse war machbar, keine Frage. Aber das Chassis. So ein Chaos hatte ich selten gehabt. Rost ohne Ende. Für mich machbar. Abgebröselte Kabel, wie bei Philips Vorkriegsgeräten. wäre auch machbar. Ein Blick unter das Chassis. Gekappte Kabel, abgelötete Bauteile. Dann schaut mal auf die Röhrenbestückung: AK2, AF3, ABC1, AC2, AL4 und AZ1. Die Verdrahtung an der ABC1 und AC2 war völlig verwurstet. Kein Schaltbild. Ich bin Realist - für mich nicht machbar. Also Teileträger. Und immer wieder die Frage, was macht eine AC2 und eine ABC1 zusammen in dem Radio. 2 Trioden! Eine normal und die andere mit Dioden. In meiner gesamten Basteltätigkeit hatte ich noch nie so etwas Komisches.

Also landete das Chassis erst mal im Keller. Würde man ein Schaltbild auftreiben, könnte ich das Rätsel lösen.
Ein anderer löste. Ich fragte den Harald. Na, sagte der Harald, ist doch ganz einfach. Die AC2 ist eine Verstärkerröhre für den Schattenzeiger. Damit zeigt der wesentlich besser an. Dann kam der Harald im Sommer zu uns und sagte, zeige mir mal das Chassis, ich möchte das mit nehmen und für Dich richten. Mit einem peinlichen Gefühl übergab ich dem Harald das Chassis.

Ich rechnete nicht damit, dass der Harald dieses Chaos überhaupt anfassen würde.  Sonst hätte ich wenigstens das Chassis und den rostigen Lautsprecher entrostet. Bei der Übergabe knallte mir dann noch die AZ1 auf unseren Parkplatz. Selbst die rettete der Harald noch.

Nun war das Chassis also beim Harald. Irgendwann kam die Meldung: Alles im Griff, das Radio läuft! Ich mochte es nicht glauben. Harald machte sich dann sogar noch an den Rost. Tja, sagte Harald, nun sollst Du es wieder haben. Viele von Euch wissen, nur selten ist mein Arbeitstisch frei. Jetzt wurde alles weg geräumt.

Nun packte mich die Neugier. Der Harald schickte mir eine große Holzkiste. Sie war um das Chassis gezimmert. Fast selbst schon wie ein Gehäuse. Alles millimetergenau - eben Harald!

Ich sollte den Deckel öffnen und die Seiten weg brechen. Ach was, ich zerstöre doch nicht ein so schöne, solide Kiste. Also wurde die Vorderwand sauber abgeschraubt und das Chassis entnommen. Die Kiste dient mir für mein Kellerlager.

Was macht nun das Chassis? Ich wollte es nun wissen. Also angeschlossen und - toll das Chassis spielt. Toll, wie das spielt! Der Rost ist verschwunden. Das Chassis macht richtig was her. Und der Schattenzeiger zeigt wirklich sehr empfindlich an. Der Ton und der Empfang sehr schön. Tja nun habe ich ein Radio, das ich selber nicht repariert habe. Ich freue mich natürlich sehr, dass ich jetzt ein Radio habe, das mir der Harald technisch überholt hat. Wenn im Frühjahr das Gehäuse an die Reihe kommt, dann wird da ein optisch sehr schöner Zeitzeuge draus, den ich sehr in ehren halten werde.

Hier mal ein paar Bilder:

Hier mal die vom Harald gezimmerte "Versandkiste"

   

   

Hier schon aus der großen Kiste befreit. Das Chassis von vorne. Toller Empfang. Man schaue auf den Schattenzeiger

   

Auch hier sieht man, was Harald sich mit dem Entrosten für viele Mühe gegeben hat.

   

Das Chassis von unten. Alle Kondensatoren sind alt geblieben mit neuem Innenleben. Wer das öfter macht, weiß auch, was das für Arbeit ist.
Die Verdrahtung im Radio - jetzt 1 a übersichtlich.

   

   

Ich werde die Tage das Chassis mal in das zu restarierende Holzgehäuse stecken. So habt Ihr schon mal einen Eindruck, wie das Ganze dann aussieht.
Der Harald hat übrigens im Radiomuseum.org eine Abhandlung zwischen seinem Oradyne und meinem Oradyne geschrieben. danach stellte sich raus, dass ich die Luxus-Ausführung habe. Hier mal der Link zu seinem aufwändigen Bericht. https://www.radiomuseum.org/dsp_forum_us...ter_id=335

Auch auf diesem Wege möchte ich Harald meinen Dank für seine Mühe aussprechen. Er hat ein Radio gerettet, das ich nur noch als Teileträger genutzt hätte. So hat das dann schöne Radio eine Zukunft.
Es grüßt Euch aus Peine
     
     Andreas
Nicht nur die Röhren sollen glühen.
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#2
Respekt ! ! !
für die Gesamtleistung
Gruß
Jürgen
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#3
Hallo, Andreas,
wer Harald kennt, der ist gar nicht überrascht. Was er anfasst macht er besser als ausgezeichnet. Ist einfach so. Ich freue mich sehr und bin gespannt auf die Vorstellung des fertigen Geräts.
Gruß,
Ivan
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#4
Hallo Andreas,

freut mich sehr, dass die 20kg schwere Kiste wohlbehalten bei Dir eingetroffen ist, und der ORADYNE L636 (Kurzbezeichnung für Luxuxausführung 6 Röhren von 1936) zu Deiner Zufriedenheit funktioniert.

Ich muss gestehen, dass ein gewisses Eigeninteresse bestand, sich mit dem Gerät näher zu beschäftigen. Ich habe ja vor vielen Jahren das gleiche Gerät gekauft, nur dass bei mir eben einige Teile fehlten. Ich hatte immer geargwöhnt, dass mein Gerät von einem der Vorbesitzer kannibalisiert wurde.

Nun weiß ich, dass mein Gerät die Billigversion  ORADYNE S536 Deines Gerätes ist. So ist die Geräteliste in RMorg wieder etwas kompletter geworden.

Was mich bei der Reparatur überrascht hat, war die Tatsache, daß Dein Gerät viel besser klang als meins. Erstaunlich, was der etwas größere Lautsprecher - Durchmesser (bei Deinem Gerät: 24 cm, bei meinem "Billiggerät": 21 cm ) für einen Unterschied macht.

Als schwierig stellte sich die Entrostung des Lautsprecherkorbs heraus. Jemand hatte die sich teilweise lösende Lautsprechermembrane mit UHU am Korb festgeklebt. Ist die Membrane noch mit dem originalem Kleber fixiert, kann man sie in den meisten Fällen recht gut vom Korb lösen. Dann kann man den Lautsprecherkorpus zerlegen und die Metallteile sandstrahlen. Das war hier unmöglich. Die Pappe der Membrane war schon etwas brüchig und als ich begann, sie vom Korb zu trennen, begann sie zu reißen. Also habe ich zur Notlösung gegriffen: Stahlwolle und ein starker Staubsauger, der die abbrechenden Stahlwollepartikel sofort absaugt, bevor sie sich in den Lautsprecher-Luftspalt verkrümeln können. Hat funktioniert. Die Oxalsäure-Behandlung vom Andreas wäre wahrscheinlich einfacher.
Grüsse aus Karlsruhe,
Harald
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#5
Klasse Harald und Andreas! Auch werden die weissen Knöpfe dem Radio gut stehen!  Thumbs_up

Das Radio stand einige Wochen im Büro unserer alten Dame. Die war ganz traurig, als es wieder auf die Reise ging. Hat aber von mir Ersatz bekommen. Ist ja nicht so, als hätte ich kein altes Radio vorrätig.  Big Grin
Beste Grüsse

Thorsten


"Das Leben ist nichts weiter als das Proben für eine Vorstellung, die niemals stattfindet."

(Die fabelhafte Welt der Amelie)
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#6
Jetzt bist Du aber in Zugzwang, Andreas!
Und wir alle extrem auf das Gehäuse, die Hochzeit und den Abschlussbericht gespannt!

Tolle Arbeit und wie gewohnt toller Bericht von Harald!
Gruß,
Uli
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#7
(28.01.2019, 14:01)Andreas_P schrieb: ....
Der Harald hat übrigens im Radiomuseum.org eine Abhandlung zwischen seinem Oradyne und meinem Oradyne geschrieben. danach stellte sich raus, dass ich die Luxus-Ausführung habe. Hier mal der Link zu seinem aufwändigen Bericht. https://www.radiomuseum.org/dsp_forum_us...ter_id=335

Hallo Andreas, Harald und Mitlesende. Das ist sicherlich ein hochinteressanter Bericht, den ich gerne gelesen hätte. Leider liegt er hinter einer Mitgliederschranke; insoweit freue ich mich wenigstens auf die Fortsetzung des Berichts hier im Forum.

k.
_____________

Gruß
klaus


Was ich geschrieben habe, darf widerlegt werden.
Was ich nicht geschrieben habe, braucht nicht widerlegt zu werden.


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#8
Ich sehe keine Schranke. Smiley43


https://www.radiomuseum.org/forum/oradyn...nge.html#1

mike
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#9
Hallo,

Auch ich als Nichtmitglied kann den Beitrag lesen.


Viele Grüße,

Axel Smile
Womit fährt der Norweger zur Mittagspause...?
...Na mit einem Fjord Siesta! Wink
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#10
(29.01.2019, 08:13)mike jordan schrieb: Ich sehe keine Schranke.  Smiley43


https://www.radiomuseum.org/forum/oradyn...nge.html#1

mike

Besten Dank. Dieser link öffnet mir den Beitrag. Der obige vorherige zeigte mir folgendes an : "Diese Seite ist nur für Mitglieder verfügbar. Position 40222    RM Access denied", hab's eben nochmal überprüft.

k.

?mage
_____________

Gruß
klaus


Was ich geschrieben habe, darf widerlegt werden.
Was ich nicht geschrieben habe, braucht nicht widerlegt zu werden.


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#11
Hallo Klaus und Mitleser,

Zur Klärung:
Du konntest den 1. Link nicht öffnen, da Andreas den Pointer falsch gesetzt hatte. Er ging dabei über den Pfad "Sammlerprofil von Harald ..." -> "Berichte" -> "Forumsbeiträge"
Über diesen Pfad sind dann alle meine RMorg Forumsbeiträge zu sehen; aber er ist eben nur für RMorg Mitglieder sichtbar.

Mike hat den Pointer direkt auf den betreffenden Beitrag gesetzt, und dieser ist auch für Nichtmitglieder sichtbar.
Grüsse aus Karlsruhe,
Harald
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#12
(29.01.2019, 09:23)radioljub0 schrieb: Du konntest den 1. Link nicht öffnen, da Andreas den Pointer falsch gesetzt hatte. Er ging dabei über den Pfad "Sammlerprofil von Harald ..." -> "Berichte" -> "Forumsbeiträge"
Über diesen Pfad sind dann alle meine RMorg Forumsbeiträge zu sehen; aber er ist eben nur für RMorg Mitglieder sichtbar.
Mike hat den Pointer direkt auf den betreffenden Beitrag gesetzt, und dieser ist auch für Nichtmitglieder sichtbar.

Danke Harald, in diese Richtung hatte ich bereits vermutet. Jedenfalls habe ich den Bericht zwischenzeitlich gelesen und muss sagen: erstklassig dokumentiert ! Smiley53

Das Radio ist bezüglich seines äußeren Designs ein Traum.

k.
_____________

Gruß
klaus


Was ich geschrieben habe, darf widerlegt werden.
Was ich nicht geschrieben habe, braucht nicht widerlegt zu werden.


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#13
Hallo Harald,
danke für den spannenden Bericht auf RMorg, über ein Radio im tollem Design.
Bin auch sehr gespannt, wie es mit dem Gehäuse weitergeht...

Viele Grüße,
Rolf
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#14
Hallo Freunde,

jetzt will ich euch endlich mal Bilder vom fortgang der Gehäusearbeiten zeigen. Vorab: Das Holgehäuse ist recht aufwändig gefertigt. Alleine das Entlacken hat wegen der Ecken und Kanten schon länger gedauert. Ebenso die folgenden Schleifarbeiten. Was mich aber richtig lange beschäftigt hatte, waren erforderliche Leimarbeiten. Wie man auf den Bildern sehen kann, besteht das Gehäuse aus vielen einzelnen Holzteilen. Was machen die im Laufe der Jahre? Richtig, die verziehen sich. Es sind also an fast allen verleimten Ecken Zwischenräume von einigen mm entstanden. Es mußte jede einzelne Fuge neu verleimt werden. Anschließend bei der Pressung mußte man aufpassen, dass die verzogenen Teile nicht durch das Verpressen reißen. Diese fugen konnte man nicht lassen. Zum einen sieht das nicht schön aus. Außerdem setzt sich in diesen Ritzen bimsmehl mit Schellack ab. Aber ihr könnt auf den bildern sehen, es ist ja alles gut gegangen.

Die oberen Zierteile links und rechts bestehen aus Naturholz. Nach dem Entlacken waren beide Blenden hell. Hier mußte zusätzlich noch mit dem richtigen Farbton gebeizt werden. Nach einigen Poliergängen sieht das Gehäuse jetzt so aus:

   

   

   

Ihr könnt euch also vorstellen, was da für ein schönes Gerät entsteht. Das Radio ist natürlich für mich noch wertvoller, weil es der Harald für mich mühevoll technisch und optisch restauriert hat.
Auf Vorschlag vom Harald werde ich es auf unserem Sammlertreffen mit bringen.
Es grüßt Euch aus Peine
     
     Andreas
Nicht nur die Röhren sollen glühen.
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#15
Ach, das Projekt ist doch ein Wahnsinn  Smiley14 wubsmiley
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Viele Grüße aus dem Ruhrgebiet...Dirk
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#16
Hallo Andreas, Hallo Harald  Smile

Respekt Respekt, meine Herren  Smiley53  Thumbs_up  Thumbs_up

Das ist wirklich eine tolle Geschichte, zum einen, wie Harald mit Erfahrung, klugem Köpfchen & fleißiger Hand
das rostige & verwirrte Chassis wieder gereinigt & spielbar gemacht hat, und zum anderen, wie Andreas in mühsamer
Arbeit das Gehäuse so wunderbar wieder hergerichtet hat  Maus

Ich bin schon sehr gespannt, wie dann das fertige Radio aussieht  Rose

Danke für den schönen Bericht & sonnige Grüße, von Peter
~~~~~ DE - MV  /  Connected ~~~~~
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#17
Ich sags mal knapper: Passt!
Beste Grüsse

Thorsten


"Das Leben ist nichts weiter als das Proben für eine Vorstellung, die niemals stattfindet."

(Die fabelhafte Welt der Amelie)
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#18
Oh wow.
Aber wäre so ein Gehäuse nicht besser zu spritzen oder evtl auch streichen? Da ist ja kein gerader cm, wo man mit dem Polierballen mal "Schwung holen" könnte!
Gruß,
Uli
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#19
Ja, Uli, gut, dass Du es noch mal ansprichst.

Doch man kann auch hier gut mit dem Ballen polieren. Nur die geriffelten Zierstücke links und rechts werden mit dem Pinsel bearbeitet. Nach jedem Auftrag erfolgt Anschleifen mit feinster Stahlwolle.
Es grüßt Euch aus Peine
     
     Andreas
Nicht nur die Röhren sollen glühen.
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#20
Hallo Andreas,


Voll Neid blicke ich auf das schöne Gehäuse. Dagegen nimmt sich meine Sparversion im Bakelitgehäuse schon etwas dürftig aus.

   

Was mich freut, ist dass die ganze Aktion doch zu einer Klärung der ganzen ORADYNE Modelle in diesem Gehäuse geführt hat. Vorher herrschte da nämlich ein lustiges TOHUWABOHU.
Grüsse aus Karlsruhe,
Harald
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