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Blaupunkt Roma H1153
#1
Hallo liebe Radiobastler,

Der Winter hält an, in der Landwirtschaft ist noch nix los, also habe ich mir eine weiteres Gerät auf den Reparaturtisch geholt.
Das Radio hatte ich im Frühjahr 2017 in einem Konvolut mit anderen Radios gekauft, ich glaube herausgerechnet für um die 10 Euro.

Eine erste kurze Prüfung ergab damals nur gaaanz leisen verzerrten Empfang auf UKW, auf AM war gar kein Empfang festzustellen.
Die EM80 zeigt noch gefühlte 5% Leuchtkraft, also nur im absolut dunklem Raum zu erkennen.
Aber erstmal ein paar Daten:

Baujahr: ca. September 1953 laut Stempel im Gerät
Röhrenbestückung: EC92 EF85 EF85 EABC80 EM80 EL84
Stromversorgung: Wechselstrom / 110-125, 220-240 Volt
Wellenbereiche: Langwelle, Mittelwelle, Kurzwelle und UKW, 6 Kreise AM / 8 Kreise FM
Abmessungen: 485 x 320 x 240 mm
Gewicht: 8.7 kg

Also ein hübscher mittelgroßer Kollege.
Die ersten Bilder noch ungereinigt, überall Kratzer und Abstoßungen, sowie rissiger Lack.
Ob ich das Gehäuse allein hinkriege weiß ich noch nicht, mal schauen, wenn es soweit ist, werde ich da wohl Hilfe brauchen.
Das Radio ist auf den ersten Blick komplett unberührt:
   

   

   

Das obige Bild täuscht ungemein, das Gerät sieht innen aus, als wäre es gerade frisch einer ägyptischen Pyramide entnommen worden:
   

   

   

   

   

Letzte Woche habe ich den Roma also hervorgeholt -und wie damals schon einmal- an der Prüflampe mit (verschiedenen Birnen) langsam hochgefahren. Dabei gab es erstmal keine Auffälligkeiten, also volle Spannung drauf.
Empfang war wie damals, schwach bis garnicht.
Also erstmal alle Röhren durchgewackelt und die Pins gereinigt.
Der Empfang blieb schlecht, na endlich mal wieder ein Gerät wo ich Fehler suchen und lernen konnte. Die 60er Radios zicken ja allgemein kaum großartig rum aber ab den 50ern wird das wohl schon anders...?
Also das Chassis ausgebaut, zur Firma gefahren, mit Druckluft ausgeblasen und in den Schwenker verfrachtet.
Der Staub war nicht verklebt und so sieht es schon besser aus:
   

   

Zuerst wurden die wichtigtsten Spannungen gemessen: Gleichrichter, Siebelkos, Anoden usw.
Ergebnis: Alle Spannungen um die 20 % zu niedrig bei Netzspannung von 232 Volt. Heizspannung mit 6,45 Volt ok.
An der Anode der EABC80 war gar statt 55 Volt keinerlei Spannung zu messen. Aber dazu später.
Erstmal galt es den Grund der niedrigen Spannungen herauszufinden. Zuerst denkt man ja an den Selengleichrichter und die Siebelkos, aber alles ok.
Siebelkos mit 47 und 48 µF gemessen, das ist gut. Aber Netztrafo und Gleichrichter wurden recht warm für eine kurze Testzeit, also habe ich die Gesamtstromaufnahme gemessen.
Oha, 137 mA statt 75 mA!
Da habe ich doch glatt alle verfügbaren Messgeräte: Peaktech 2005, UNI21, Vielfachmesser III angesetzt, aber immer das selbe Ergebnis.

Trotzdem schön eins nach dem anderen, ich wollte ja lernen und die Ursache finden.
Erster Wechselkandidat war der 2,5 nF am Ausgangstrafo (blau eingekreist), aber die Stromaufnahme sank nur (immerhin) um ca. 10 mA.
   

Nächster Kandidat war der 25 nF Koppelkondensator zur Endröhre (grün eingekreist). Und Bingo, es stellten sich beruhigende 80 mA ein! Smile
So extrem hatte ich das mit dem Koppelkondensator noch nie, dabei dachte ich das die Anode der EL84 doch das Glühen kriegen sollte, war aber nicht so.
Nachdem ich noch den UKW-Tuner geöffnet und die Pins der EC92 gereinigt hatte, war der UKW-Empfang da. Zwar noch nicht ganz klar, aber das wird schon, es sind ja noch einige Kondensatoren da...  Wink , Die EM80 übersteuert regelrecht, auch bei schwachen UKW-Sendern macht sie komplett zu. Da schaue ich aber erst dann drauf, wenn ich eine andere (neue) EM80 habe.

Weiter ging es mit dem AM-Empfang. Hier war ja nichts.
Im Hinterkopf hatte ich immer noch die fehlende Spannung an der Anode der EABC80 , was ja verwunderlich ist, denn die NF funktioniert ja auf UKW und die Triode der EABC80 ist hier ja die erste NF-Stufe...
Nun ja, alle Spannungen sollen in Stellung Mittelwelle gemessen werden, aber da war halt keine Spannung. Also mal auf Stellung UKW gemessen und es waren 61 Volt da!
Also ging es erstmal an die Reinigung der Tastenschieber. Der Roma hat da eine sehr interessante Konstruktion...
Da wo man die Tastenschieber auf den ersten Blick vermuten möchte, ist... nichts:
   

Die Schieber sind doch warhaftig quer eingebaut, einmal der ganz lange für die AM-Bereischsumschaltung (rot), der kurze für die AM/FM Umschaltung (blau).
Nur der TA (Tonabnehmer) Schieber (grün) passt halbwegs zur Bewegungsrichtung der Tasten...:
   

Im UKW-Tuner findet sich auch der zweite Teil des AM/FM Umschalters ein:
   

Aber der Fehler lag im AM/FM Umschalter im Chassis. In Stellung UKW ist alles ok, der Tastenschieber sitzt ganz links:
   

In Stellung AM soll der Schieber ganz rechts am Anschlag sitzen:
   

Er weigert sich aber und bleibt auf halber Stellung stehen Angry:
   

Logo, somit hat sich sowohl der fehlende AM-Empfang als auch die fehlende Anodenspannung an der EABC80 geklärt.
Als ich den Schieber mit sanfter, aber bestimmter Überzeugungskraft in seine vorgesehene AM-Position befördert hatte, war auch der AM Empfang da und auch die Anodenspannung an der EABC80.

Da die Mimik der Schieberansteuerung ziemlich im Verborgenen liegt, muss ich erstmal schauen wo es klemmt. Einen Umlenkhebel habe ich schon als schwergängig entlarvt, nur an die Lagerstelle heran kommen...
Na wird schon, ich werde berichten.


Viele Grüße,

Axel  Smile
Womit fährt der Norweger zur Mittagspause...?
...Na mit einem Fjord Siesta! Wink
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#2
Hallo Axel,

danke für den schönen Bericht! Ich bin gespannt, wie es weiter geht.
Viele Grüße

Franz Bernhard


... und die Radios laufen nicht weg.....
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#3
Hallo, Axel,
Respekt mit dem Koppler. Ich hätte sofort auf eine verbrauchte Röhre spekuliert. Gut zu wissen, Danke!
Gruß,
Ivan
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