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Tefag 1320W
#1
Hallo Freunde,

nun will ich euch mein Tefag-Radio doch noch mal etwas eingehender vorstellen. Es ist ein Baujahr 1930-31 . Also tatsächlich fast 90 Jahre alt. Ich fand es damals bei ebay in einer Versteigerung. 30 Euro für einen Haufen Schrott. Offiziell wäre das Gerät nicht mehr zu gebrauchen gewesen. Das Gehäuse besaß kaum noch Furnier. Das Grundholz war völlig verzogen. Das Gehäuse bestand nur noch aus Holztrümmern. Leider hatte ich damals keine Bilder gemacht.

Im Inneren bot sich ein noch schlimmeres Bild. Die größeren Teile, wie Netztrafo, Sperrkreis, Spulenschwenker waren zwar im Gerät. Die Verdrahtung sämtlicher Komponenten fehlte. Ebbenso die Widerstände und Kondensatoren. Auch ein größerer Kondesator-Sammelblock fehlte.

Ich beschloß trotzdem, mich mit dem Gerät zu befassen. Warum waren im Inneren Kabel, Widerstände und Kondensatoren ausgebaut? Man konnte nur mutmaßen. Waren das junge Bastler? Oder wurde das Gerät vielleicht zum Kriegsende als Teileträger genommen. Aber da war es gerade 14 Jahre alt. Also noch kein Abfallradio.

Also sollte zunächst mal das Gehäuse aufgebaut werden. In wochenlanger Kleinarbeit stellte ich den Korpus des Gehäuses wieder her. Wurmstichige Teile wurden durch neueres Holz ersetzt. Aschließend wurde dann neu furniert. Die vorderen Querstreben wurden selbst angefertig. Auch sie wurden furniert. Die vordere Frontplatte, die die Bedienteile beherbergt konnte gerettet werden. So war es möglich noch einige wenige Furnierteile aus längst vergangenen Tagen zu retten. Irgendwann war das Gehäuse fertig.

   


Tja und dann gab es keine Schaltunterlagen. Ich stellte mein Problem seinerzeit im Radiomuseum.org zur Diskussion. Wir kamen dort auch nicht weiter. Entweder- so wurde geraten - das Gerät als Ausstellungsstück ohne Funktion nutzen oder das Chassis nach dem Vorbild eines anderen Gerätes wieder zum Spielen bringen.

Früher, als es noch keine Radioforen gab, behandelte man solche Probleme in der Funkgeschichte der GfGf. Ich ging einen anderen Weg. Mir fiel das ehemalige Rundfunkmuseum in Berlin ein. Das war ja zu der Zeit schon nach Potsdam ausgelagert. Ich schrieb dem Vorsitzenden, Herrn Exner mein Problem. Ihm war bekannt, dass viele Tefag-Unterlagen nicht mehr existent waren.

Er schickte mir Schaltbilder von ähnlichen Tefag-Geräten. Von einem Tefagon war das Schaltbild ähnlich. Die Anschlüsse der Schwenkspulen mußte ich selbst heraus finden.

So entstand eine rekonstruierte Schaltung. Ich hatte mich  an die Schaltbild-Vorgaben gehalten. Ich freute mich sehr, als ich dem Gerät wieder erste Töne entlocken konnte. Wie lange wird dieses Gerät tot gewesen sein? Über Umwege erhielt ich noch einen permanent dynamischen Lautsprecher. Der sah sehr antik aus. er wurde verwendet. Ich vermute trotzdem, dass das Gerät offiziell einen Freischwinger hatte.

Schaut man sich heute das Modell im Radiomuseum.org an, so wird man lesen, dass Unterlagen vorhanden sind. Es handelt sich um 1 Schaltbild. Es ist ein sehr professionell nachgefertigtes Schaltbild. Damit hätte ich seinerzeit wohl ohne große Probleme die Schaltung rekonstruieren können.

Wenn Ihr unter das Chassis schaut, dann seht ihr, hier wurde alles verwendet, was so die Bastelkiste her gab. Ich könnte heute noch mal anfangen. Aber ich werde das Radio so lassen, wie ich es seinerzeit mühevoll zum Soielen gebracht habe.

   

Hier die Röhrenbestückung: RGN1064, 2 x REN1004 und eine umgebaute PL95 (nicht im Bild!)

   

Hier mit dem eleganten Röhrenumbau vom Rolf

   

Ja, so habe ich ein Gerät mit "meiner Geschichte". Das war wirklich ein Radio, dass im letzten Moment noch eine Chance bekam.

Kurios ist der Chassisaufbau. Es sieht so aus, als wenn es von dem Gerät irgendetwas lautsprecherloses mit einer Haube gab.
Es grüßt Euch aus Peine
     
     Andreas
Nicht nur die Röhren sollen glühen.
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#2
Meine Anerkennung lieber Andreas  Thumbs_up

Solche Restaurationsobjekte, die mit soviel Mühen und Fleiß wieder Leben eingehaucht
bekommen haben, sind die Lieblingsstücke in der eigenen Sammlung.
Nette Grüße

Norbert
                        ______________________________


Ich glaube an die Unantastbarkeit und an die Würde jedes einzelnen Menschen. Ich glaube, dass allen Menschen von Gott das gleiche Recht auf Freiheit gegeben wurde. 
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#3
Hut ab Andreas ! Da ist Dir wieder etwas großartiges gelungen. Diese historischen Geräte sind immer ein Hingucker. Wenn man bedenkt, was sie erzählen könnten, könnten sie es denn.....
Gruß Franz
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#4
Hallo Andreas,

wieder so ein Wahnsinnsprojekt. Tja, im Grunde erzählte das Radio schon durch seinen Zustand eine Geschichte, die so typisch für viele der alten Radios ist. Gefüttert mit Mitschnitten alter Sendungen oder Musik aus der Zeit erwachen die Zeitreisenden wieder in Ansätzen zum Leben. Keine Diskussion über Klang und anderen HiFi-Voodoo-Kram...schlichtweg "nur" Einschalten - prompt entführen diese Euch zurück in Zeiten, die wir selbst nicht erlebt haben. Pure Magie.

Ähm...und jetzt stelle ich meinen Kaffeepott bei Seite. Da ist wieder ganz seltsames Zeug drin, das mich zu solch geschwurbelten Worten führt  Smile
---
Viele Grüße aus dem Ruhrgebiet...Dirk
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#5
(10.05.2019, 09:27)Hilti schrieb: ..Ähm...und jetzt stelle ich meinen Kaffeepott bei Seite. Da ist wieder ganz seltsames Zeug drin, das mich zu solch geschwurbelten Worten führt  Smile

ich will auch so einen Kaffee!

Aber auch nüchtern betrachtet ist dieses design einzigartig und die Arbeiten daran Meisterklasse!
Gruß,
Jupp
-----------------------------

was du baust ist immer mit dir verbunden
(Lego)

Einsamkeit ist nur ein Mangel an Technologie
(@beetlebum)
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#6
Super Arbeit Andreas. Schön das du das Gerät wieder so toll hin bekommen hast. Das zeichnet eben einen echten Handwerker aus. Smiley53
Gruß Detlef
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#7
Mein Respekt,

die Ausdauer vom Andreas ist wohl unerreicht.

Beim Gehäuse als auch am elektrischen Radio.

U. a. amüsant die Netzverbindung mit der "Plättschnur"
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#8
(09.05.2019, 18:53)Andreas_P schrieb: Hallo Freunde,

nun will ich euch mein Tefag-Radio doch noch mal etwas eingehender vorstellen. Es ist ein Baujahr 1930-31 .
(...)
Kurios ist der Chassisaufbau. Es sieht so aus, als wenn es von dem Gerät irgendetwas lautsprecherloses mit einer Haube gab.

Hallo Andreas,

ein wirklich tolles Stück, das Du da hast.
Um kurz auf Deinen oben zitierten letzten Satz einzugehen:
Ich habe mich jetzt zwar nicht durchs rm.org durchgelesen, habe allerdings gerade mal nach einem meiner historischen Radiokataloge gegriffen. Der Katalog 1930/31 der Radiozentrale Prohaska listet unter Katalognummer 3067 den "Tefadyn Dreiröhren - Fern - Netzempfänger". Dieses Gerät sieht Deinem Radio verteufelt ähnlich und besaß die Röhren 2x REN1004, RE134 sowie als Gleichrichter G I a. Dazu laut Beschreibung einen "dynamischen Lautsprecher".

Die lautsprecherlose Variante ist unter der Katalognummer 3065 gelistet als "Tefakron - Dreiröhren - Fernempfänger", mit identischem Röhrensatz und "brüniertem Metallgehäuse".

Grüße
k.
_____________

Gruß
klaus


Was ich geschrieben habe, darf widerlegt werden.
Was ich nicht geschrieben habe, braucht nicht widerlegt zu werden.


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#9
Und so sieht das Inserat aus.


.jpg   Tefag_Tefadyn_Prohaska_30_31.jpg (Größe: 43,55 KB / Downloads: 259)

MfG DR
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#10
Interessant, das Radio wurde ohne Röhren berechnet. Die kaufte man dann extra.
Hatte das eine bestimmte Bewandtnis ?
Habe immer soviel Arbeit, dass ich mir eine aussuchen kann. Smile

Grüße Frank, der Moschti
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#11
...Gratulation Andreas,
Du hast aus einem Schrotthaufen,
mal wieder ein richtiges Schmuckstück gemacht,
aber das war auch nicht anders von Dir zu erwarten...

Viele Grüße,
Rolf
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#12
... HUT AB !
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#13
"Interessant, das Radio wurde ohne Röhren berechnet. Die kaufte man dann extra. Hatte das eine bestimmte Bewandtnis ? "

Das war früher immer so. Man konnte oft auch noch wählen, ob man Telefunken oder Valvo Röhren wollte.

Ja, und dann war dieser Preis ohne Röhren ja geringer, was besser ausgesehen hat. Hatte man eventuell noch ein früheres Radio konnte man ggf. dort noch eine Röhre wieder verwenden.

Es hatte möglicherweise aber auch ganz praktische Gründe. Speziell die "Stiftröhren" sind ja verhältnismäßig groß und haben ihren Schwerpunkt relativ weit oben. Ein Radio zu verschicken mit eingesteckten Röhren birgt die Gefahr, daß diese beim Transport heraus fallen oder sich irgendwie verbiegen bzw. beschädigt werden können. Da ist es sicherer die Röhren separat (dem Händler oder) dem Käufer in Schachteln zu schicken.

MfG DR
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#14
(16.05.2019, 16:05)Morningstar schrieb: Interessant, das Radio wurde ohne Röhren berechnet. Die kaufte man dann extra.
Hatte das eine bestimmte Bewandtnis ?

Ich denke, dass die Angebotsstellung herstellerabhängig war und sicherlich auch marketingseitige Gründe hatte. Schaut man sich den von mir zitierten Prohaska-Katalog von 1930/31 an, so ist die Praxis uneinheitlich:

Der allseits bekannte Signalbau-Huth E82 W, daselbst Katalognummer 3053, wird "Mit Röhren und Kabel" für 89,50 RM angeboten, ein Preis ohne Röhren findet sich nicht, auch nicht bei den anderen Modellen der Firma.
Ebenso wird der Telefunken 40W Spezial, Katalognummer 3095, zum "Preis des kompletten Empfängers mit Röhren  396,- RM"  angeboten; auch dort ist kein Preis ohne Röhren verzeichnet. Der Telefunken 90W dagegen (Katalognummer 3099) listet die Preise getrennt.
Die Firmen Lorenz und Roland-Brandt verfahren dort ebenso (Katalognummern 3061 / 3062 sowie 3076 - 3079, jedoch weicht R-Brandt mit der Katalognummer 3080 von diesem Prinzip dann ab).
Überwiegend, zumindest in diesem Katalog, findet sich allerdings die getrennte Preisstellung.

Telefunken - Geräte folgen auch im Prohaska-Katalog von 1932/33 noch der Komplettpreispraxis (Katalognummern A201 - A209), ebenso die Lorenz-Geräte mit den Katalognummern A307 - A311 sowie die Siemens - Geräte mit den Katalognummern A211 - A215.
Selbst TEFAG bietet in diesem 1932/33er Katalog seine Geräte zum Komplettpreis an.

Man sieht, die Angelegenheit wird uneinheitlich gehandhabt.


Gruß
k.
_____________

Gruß
klaus


Was ich geschrieben habe, darf widerlegt werden.
Was ich nicht geschrieben habe, braucht nicht widerlegt zu werden.


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#15
Danke für die Erklärung, leuchtet mir ein.

Ich glaube die heutigen Elektroautohersteller habe da wohl von gelernt.
Man kauft ein Auto und muss dann den entsprechenden Akku extra bezahlen oder mieten. Smile
Habe immer soviel Arbeit, dass ich mir eine aussuchen kann. Smile

Grüße Frank, der Moschti
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#16
Daß Prohaska 1932 Radios auch komplett mit Röhren angeboten hat ist richtig. Es gab da ja auch Ärger mit Telefunken wegen der "alternativen" Röhrenbestückungen von anderen Herstellern.


.jpg   Prohaska_1932_Siemens_600.jpg (Größe: 53,9 KB / Downloads: 162)

Man sieht das hier für den Siemens 46W / 46WL.

Aber, wenn man die Rückwand des Siemens 46W anschaut, kann man durchaus den Eindruck haben, daß die Röhren separat vom Gerät geliefert wurden.

   

Sieht man sich die Rückwand des Siemens 46W an, so findet sich darauf eine Anleitung, wie das Gerät spielfertig zu konfektionieren sei. U.a. steht da, daß die Röhren einzusetzen seien. Das wäre nicht nötig, wenn die Röhren schon drin gewesen wären!

MfG DR
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#17
Prohaska hat die Praxis, Radios mancher Hersteller mit im Gesamtpreis enthaltenen Röhren anzubieten und zugleich Apparate anderer Hersteller auch ohne Röhren anzubieten, katalogseitig bis 1935/36 beibehalten. Im Folgekatalog 1936/37 finden sich nur noch Komplettpreise.
Über die Liefermodalitäten, d.h. die versandtechnischen Aspekte, habe ich keinen Kataloghinweis ausmachen können.
Die Konkurrenz, hier beispielhaft die Fa. Fricke Radio-Grossvertrieb in FFM bot in ihrem Katalog 1934/35 die Radios aller Hersteller nur einschl. Röhren zum Komplettpreis an. Auch hier ist zu den Versandmodalitäten keine Angabe zu entnehmen.


Insoweit hege ich nach wie vor Zweifel, dass der (Versand-)Kunde seinerzeit die Röhren "immer" separat kaufte (Angebotsstellung) bzw. Radios stets ohne eingesteckte Röhren versandt wurden (Liefermodalität).
Zumindest beim VE 301 gab es hinsichtlich des Lieferzustandes (zeitweise?) beide Alternativen:
http://www.imperatorrex.de/bedienung/bed_ve301w.htm

Beim VE301dyn, dessen W-Type ja immer noch über 2 Stiftröhren verfügte, findet sich in der BA folgender Hinweis:
"1. Rückwand öffnen    2. Entfernen der mechanischen Röhrensicherungen (Pappe usw.), die zum Halten der Röhren während des Transportes dienten"


Aber nun sind wir doch etwas vom Thema innerhalb Andreas'  Vorstellung des sehr interessanten TEFAG abgeschweift, wenngleich ich die Thematik sehr interessant fand. Seine Frage ging ja dahin, ob es eine lautsprecherlose Variante gab. Zu diesem von mir o.g. "Tefakron" sieht die Annonce so aus:

   

Habe ich vor über 40 Jahren 1 einziges Mal bei einem mittlerweile verstorbenen Sammler in natura gesehen.


Gruß
k.
_____________

Gruß
klaus


Was ich geschrieben habe, darf widerlegt werden.
Was ich nicht geschrieben habe, braucht nicht widerlegt zu werden.


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