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Sachsenwerk Super Fünf
#1
Hallo Freunde,

heute mal ein Beispiel, wie schnell man bei einem Radio auch mal den berühmten "Griff ins klo" machen kann.
Neulich sah ich bei den Kleinanzeigen einen Sachsenwerk Super Fünf. Ein schönes Radio. Ein Gerät aus der Sachsenwerk-Reflex-Baureihe. Das Besondere mit Kinoskala.
Technisch finde ich das Radio sehr interessant. Wenn man es kennt, dann bekommt man es problemlos zum Spielen. So präsentierte sich das Radio in der Anzeige.

   
   

Ich sah sofort, da wurden 2 Bandfilter ersetzt. Dazu später.

Für manch Einen von Euch ist das eine Ruine. Für mich immer eine Herausforderung. Aber mal wieder in NRW. Ich schaute, wo steht das Radio? Ah, beim Norbert_W. Mensch, dachte ich, so ein Radio kann er gebrauchen. Also Norbert kontaktiert. Der Preis? Ja, angemessen, nur ein Schrottpreis.
Norbert holte das Gerät und schickte es zu mir.  

Ich habe hier mal ein Schaltbild für die Experten:

   

Wie man sieht, ergibt sich die "Fünf" aus der Anzahl der Röhren. Es gab solche Radios als Geradeaus und auch als Superhet-Empfänger. Beiden ist gleich, dass sie eine Röhre einsparen durch Doppelverstärkung der NF. D. h. in unserem Falle. Die von der Röhre 1284 verstärkte HF wird durch die Gleichrichterröhre AB1 gleichgerichtet. Über eine HF-Drossel wird das bereits verstärkte Signal (NF) noch mal auf das Steuergitter der 1284 gebracht und noch mal verstärkt. Hierdurch spart man eine NF-Verstärkerröhre ein. Man hätte z. B. statt der AB1 eine REN 924 (Triode mit Diode) verwenden können. Aber das war wohl eine Sache der Ersparnis.

Die Technik nur mal am Rande.

Weil ich meinen Arbeitstisch mit dem Mende-Radio blockiert hatte, mußte das Radio erst mal ins "Wartezimmer". Gestern nun kam ich mal dazu, es weiter zu untersuchen.
Man sah schon auf den Bildern, der komplette Netztrafo hat eine dicke Rostschicht. Die Nieten sind dadurch geplatzt. Naja, das stellt keine Probleme da. Man muss das Lamellenpaket entrosten, ebenso die Halter. Dann schraubt man alles wieder zusammen. Primär und Sekundärwicklung sind noch i.O. . Ich hatte ihn mal geprüft.

Allerdings kam das böse Erwachen bei dem Blick unter das Chassis. Die gesamten HF-Teile wie Vorstufe und Oszillator wurden entfernt. An ihrem Platz befindet sich eine Pertinaxplatte mit wesentlich neueren Aufbauten. Zur Umschaltung wurden die noch vorhandenen Kontakte des ehemaligen Wellenschalters verwendet. Toll dachte ich.

   

Das erklärt natürlich auch, warum man die beidewn Bandfilter mit ersetzt hat. Zum Hintergrund: Aus meiner Erfahrung wurden Radios mit technischen Kniffen (es gibt viele)von damaligen Technikern kurzerhand umgebaut. Es gab damals Umbausätze, die seinerzeit in Fachmagazinen (Funkschau etc.) angeboten wurden. Sie bestanden eben aus solch einer Platte und den passenden Bandfiltern. Da ich den Michel aus dem Saarland gut kenne, habe ich öfter mal solche Geräte bekommen. Diese Umbauten wurden meist sehr fachgerecht ausgeführt. So auch hier. Die Radios erfüllen meist heute noch ihren Zweck. Wenn sie denn ordentlich gewartet werden. Und natürlich muss man ohne Schaltunterlagen klar kommen.

Ich habe als Jugendlicher auch solche Umbauten vorgenommen. Da wurden diese Platten aus frühen 50 er Jahre Radios gewonnen. Der Wellenschalter entsprechend angepaßt. Entweder wurden die alten ZF-Filter übernommen oder man nahm die aus dem Spender der "Wellenplatine". Also Schaltbild ist bei mir nicht unbedingt erforderlich.

Für einen Umbau vom Fachmann spricht auch, dass zur zusätzlichen NF-Verstärkung noch eine zusätzliche RENS1284 verbaut wurde. Hier mal die zusätzliche Fassung:

   

   

Es wurde ein zusätzliches Loch in das Chassis eingelassen. Die Fassung mit 2 Schrauben befestigt.

So ist also in früheren Jahren aus unserem Super Fünf ein Super6 Super geworden  Smile

Alles ist machbar. Für mich damals eine sehr aufregende Bastelei. Hier wohl eher Mittel zum Zweck um ein Radio zu erhalten.

Als was gilt das Radio für uns Sammler? Es gilt als "Verbastelt". Manch einer mag das nicht hören. Insbesondere unser kürzlich verstorbener Radiofreund, Wolfram, hatte immer bei solch einer Aussage protestiert.  Es ist ja auch nicht verbastelt sondern fachgerecht umgebaut.

Trotzdem für uns Sammler ist solch ein Gerät schlicht wertlos. Wenn man wieder unter das Gerät schaut, mußte natürlich der Lautstärkenregler ersetzt werden. Der damit früher mechanisch gekoppelte Drehko wurde getrennt und hängt nutzlos da. Ebenso die HF-Drossel von der Reflexstufe.

Nun überlege ich die letzte Nacht, was empfehle ich dem Norbert? Von den gesamten Röhren ist nur noch eine 1284 mit brauchbar gemessen. Die AK1 ist fragwürdig. Wenn ich die Kosten (auch Freundschaftspreise) für die erforderlichen Röhren rechne, komme ich zu der Überzeugung, dem Norbert eine Restauration auszureden.

Es gibt noch mehrere Baustellen. Der Lautsprecher war mit der Erregerspule und der Membrane am Dorn des Elektromagneten fest gerostet. Ich wollte es wissen und - ja, man konnte die Membrane noch vom Dorn bekommen. Den Lautsprecher würde ich also eh erhalten.

   

   

Das größte Problem ist aber das Gehäuse selber. Schaut man von hinten darauf, dann sieht man, dass sich der gesamte Holzkorpus verzogen hat. Dies ist bedingt durch unsachgemäße Lagerung. Das Schlimmste aber ist das furnier oben auf dem Gehäuse. Schaut mal:

   

Wie man hier sieht, ist das Furnier nicht nur rissig, nein es hat sich auch in kleinen Schuppen vom Grundholz gelöst. Spätestens bei der Entfernung des verwitterten Lackes heben sich diese unzähligen Risse vom Grundholz ab. Es wäre ja sonst kein Problem hier das Furnier zu ersetzen. Aber das Gehäuse hat eine umlaufendes Leiste. Die Rundungen und Kanten würde man nur unter größten Schwieirgkeiten einigermaßen nacharbeiten können.

Ja, das sollte mal eine Vorstellung sein, wie man mit einem Radio auch Pech haben kann. @ Norbert: Du weißt, ich kann aus allem was machen. Auch hier wäre das Möglich. Aber unter dem Strich wäre das ein total verbasteltes Radio. Das hätte später vielleicht höchstens einen ideellen Wert. Ich kann keine Gewähr dafür übernehmen, wie das Radio hinterher wieder arbeiten würde. Alles sehr fragwürdig. Sieht man auf die Anschaffung der fehlenden Röhren für ein völlig verbasteltes Radio, dann kann man wohl besser abwarten, bis man ein Gerät mit eingermaßen verwertbarer Substanz trifft. Hier kann man leider nur "Teileträger" sagen. Selbst das Gehäuse ließe sich nur entsorgen.

Natürlich ließen sich hier noch Ersatzteile gewinnen. Den Netztrafo würde ich unbedingt aufarbeiten, den Lautsprecher und die Kino-Teile.

Mal sehen, vielleicht schreibt uns der Norbert mal seine Meinung.

Achso, hier mal der Drahtverhau im unteren Bereich des Chassis.

   
Es grüßt Euch aus Peine
     
     Andreas
Nicht nur die Röhren sollen glühen.
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#2
Andreas, wenn das Gehäuse sowieso unbrauchbar ist, würde mich folgender Test interessieren.

Wie ändert sich die Oberfläche nach einer Behandlung mit Waluß-Hartöl?

Es dauert eine Weile, bis das Hartöl sich unter den Lack eingezogen hat. Bei einem Lautsprecher-Gehäuse ergab sich da nach einiger Zeit ein (für mich) völlig zufriedenstellendes Ergebnis.

Gruß, Dietmar
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#3
Hallo Dietmar,

ja, interessante Frage. Dein Lautsprecher hatte unter Garantie Spannungsrisse im Lack. Genau dafür empfehle ich immer die von Dir angegebene Behandlung mit Walnuß oder Hartöl. Diese Öle setzen sich in die winzigen Risse und härten dann nach längerer Zeit aus. Das Ergebnis kann sich meist sehen lassen.

Im Gegensatz zu dem rissigen Furnier. Hier richtet das Öl leider nichts mehr aus. Es würde sich in die Risse des teilweise gelösten Furniers setzen und es noch weiter anlösen. Also in diesem Falle sollte man auf gar keinen Fall noch etwas mit irgendeinem Öl versuchen.

Es gibt noch eine Möglichkeit. Die könnte helfen, wenn man etwas Glück hat. Man müßte dazu aber zumindest den Altlack entfernen. Man legt ein feuchtes Handtuch auf die Oberseite. Dann verwendet man ein Bügeleisen mit mittlerer Hitze. Anschließend muß das Furnier gepreßt werden. Am Besten mit einer dicken Holzplatte und einigen Schraubzwingen. Die Hitze löst den alten Knochenleim an. Wenn man Glück hat, ist er noch so kräftig, dass die Risse wieder anziehen. Dann anschließend schleifen und Lackschicht erneuern.

Ich habe dem Norbert eben etwas über sein Radio per Mail geschrieben. Wird es nicht mehr gemacht, dann werde ich mal zeigen, wie das hier mit Öl aussieht.
Es grüßt Euch aus Peine
     
     Andreas
Nicht nur die Röhren sollen glühen.
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#4
Da scheint es wohl verschiedene Pläne zu geben.
Den hier habe ich gefunden, in " Empfänger Vade-Mecum " von Sachsenwerk.
Schau mal genau auf dein Typenschild was da drauf steht, auf deinen Bilder kann man es nicht erkennen.

   
Habe immer soviel Arbeit, dass ich mir eine aussuchen kann. Smile

Grüße Frank, der Moschti
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#5
Hallo Andreas,
wie Du weißt, war ich von Anfang an eher skeptisch, was eine Reparatur / Restauration betrifft.
Deine Expertise bezüglich des Zustands des Gerätes bestätigt leider meine Befürchtungen.

Andreas, wenn die Instandsetzung keinen Sinn macht, dann ist es halt so.
Ich würde vorschlagen, dass die noch zu gebrauchenden Teile in Deinen Fundus gehen
und der Rest verschrottet wird.

Was das Gehäuse betrifft, bitte warte mit dem Verschrotten.
Vielleicht könnte ja etwas Modernes hineingebaut werden.....

@Frank anbei ein Foto des Typenschildes:

.jpg   SWO5.jpg (Größe: 133,95 KB / Downloads: 135)
Grüße aus Wassenberg,
Norbert.
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#6
Hallo Norbert,

js, Du kannst Dir denken, dass ich das etwas bedaure mit dem Radio. Du weißt, irgendetwas baue ich immer. Aber hier ist es einfach vom Aufwand her nicht zu vertreten. Wenn das Ding noch komplett wäre. Insofern waren Deine anfänglichen Bedenken berechtigt.
Ja, einige Teile davon sind für mich trotzdem noch sehr wertvoll. Die werde ich natürlich aufarbeiten und einlagern. Insbesondere der elektrodynamische Lautsprecher. Sicher wird es den einen oder anderen wieder interessieren. Ich würde das dann hier dokumentieren. Also Danke für die Überlassung,

Ah, Dir schwebt vor, einen modernen Kinosuper draus zu machen. Aber so würde ich Dir das Gehäuse n i c h t zukommen lassen. Dann würde ich sehen, wie ich Dir das noch schön aufarbeiten kann. Der Dietmar (DiRu) hat an solch einer Dokumentation schon Interesse bekundet. Also, bitte Bescheid geben. Dann hast Du etwas zu basteln. Die Knöppe sind ja auch da. Falls Du die dann brauchst. Es ist schade aber was hat mir mein Freund Uli mal im ernsten Tong gesagt: "Mußt Du denn jedes Gerät retten?"
Ja - möchte ich gerne, aber klappt nicht immer.
Es grüßt Euch aus Peine
     
     Andreas
Nicht nur die Röhren sollen glühen.
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#7
Hallo Andreas,
genau so machen wir das.
Nimm bitte alle Teile, die irgendwie für Dich zu gebrauchen sind oder für jemanden, der sich Hilfe suchend an Dich wendet.
Ob daraus einmal ein Mikrocontroller gesteuerter Kinosuper wird steht noch in den Sternen - aber wie sagt der Franz-Bernhard:
die Radios laufen nicht weg!
Grüße aus Wassenberg,
Norbert.
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#8
Hallo, Andreas,
Lese ich richtig, dass ein Kinoskala - Chassis verschrottet wird? Ja es sieht in der Tat sehr bescheiden aus, aber nicht irreparable.
Das Radio ist nicht parallel mit einem iRadio zu nutzen, da keine NF Lautsärkeregelung.
Von der anderen Seite wenn man ein iRadio darin baut ist der Platz für den Anzeigemonitor schon vorhanden.
Die beste Entscheidung wird von dir getroffen.
Gruß,
Ivan
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#9
(16.07.2020, 18:32)navi schrieb: Das Radio ist nicht parallel mit einem iRadio zu nutzen, da keine NF Lautsärkeregelung..

nein, parallel nicht, das stimmt. Andererseits ist iRadio nicht auf eine Röhrenendstufe angewiesen :-)
Gruß,
Jupp
-----------------------------

was du baust ist immer mit dir verbunden
(Lego)

Einsamkeit ist nur ein Mangel an Technologie
(@beetlebum)
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#10
Hallo Ivan,

nein, dieser Klumpatsch sollte nicht mehr bearbeitet werden. Das ist nicht lohnend. Auch die runde Glasskale der Kinoscheibe hatte am Rohr geschliffen. Da ist auch einiges beschädigt.

@Jupp und Norbert. Man könnte vielleicht das Chassis zum Schluß von allem entkernen. Dann hätte man ja eine Basis für neues. Dann wäre es für mich kein Problem das zu entrosten und hinterher in silber zu lackieren. Ihr müßt mir nur Eure Wünsche mitteilen. Dann kann man da ja Verstärker etc. einbauen. Das ist wahrscheinlich günstiger, als ein Chassis anzufertigen? Also alles, so wie Ihr das mögt. Ich stelle Gehäuse und Chassis beiseite. Ihr entscheidet.

Norbert, noch mal Danke für die Teilespende. Nichts, was noch zu gebrauchen ist, soll verkommen.
Es grüßt Euch aus Peine
     
     Andreas
Nicht nur die Röhren sollen glühen.
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