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Simulation von Elektronenröhren-Schaltungen mit LTspice
#1
LTspice [1] ist ein Freeware SPICE (Simulation Program with Integrated Circiut Emphasis) Simulationsprogramm mit Schwerpunkt für integrierte Schaltungen von ehemals Linear Technology (gehört heute zu Analog Devices) und kann ganz allgemein zur Simulation von hauptsächlich analogen Elektronikschaltungen verwendet werden. Ursprung war die SwitcherCAD Simulationssoftware, die den Entwurf optimierter Schaltspannungswandler mit ICs von Linear Technology unterstützen sollte. Die zum Schaltungsentwurf notwendigen Standardbauteile wie Widerständen, Kondensatoren, wie auch ganze Bauteil-Bibliotheken für Induktivitäten, Dioden, Transistoren usw. und Spannungs- bzw. Stromquellen verschiedenster Art stehen zur Verfügung. SPICE-Modelle für Elektronenröhren werden nicht mitinstalliert, aber  zumindest sind bereits Schaltplansymbole für Trioden, Tetroden und Pentoden vorhanden. Gunthard Kraus hat eine grundlegende Dokumentation in deutscher Sprache [2] zur Nutzung von LTspice erstellt, so dass hier nur auf die Besonderheiten im Zusammenhang mit Elektronenröhren-Schaltungen eingegangen werden muss.

Erstmal braucht man möglichst gute SPICE-Modelle für Elektronenröhren. Norman Koren [3] hat dafür schon 1961 die mathematischen Grundlagen geschaffen, die auch heute noch in teilweise abgewandelter Form zur Modellierung des Verhaltens von Elektronenröhren in Schaltungen verwendet werden. Letztlich müssen die Kennlinien und sonstige Kennwerte von Elektronenröhren mit mathematischen Formeln modellhaft beschrieben werden. Ein guter Ausgangpunkt zur automatischen Erzeugung von SPICE-Modellen für Elektronenröhren sind da heute z.B. Kennlinienmessgeräte, die die gemessenen Werte in für Computer weiterverarbeitbarer Form liefern können. Für den bekannten uTracer hat Derk Reefman das Tool ExtractModel [4} geschaffen, das aus den uTracer Messwerten automatisiert ein SPICE-Modell erzeugen kann. Eine recht umfangreiche LTspice-Bibliothek für Elektronenröhren ist dort auch als TubeLib.inc Datei zum Download verfügbar. Ein anderer Ausgangpunkt zur Erzeugung von SPICE-Modellen für Elektronenröhren sind die Kennlinien der Datenblätter der jeweiligen Röhrentypen. Um diese entsprechend auswerten zu können, gibt es von Teodoro Marinucci [5] Excel-Formulare, eines für Trioden- und zwei verschiedene für Pentoden-Kennlinien. Einen ähnlichen Ansatz hat Dmitry Nizhegorodov [6] mit Java-Tools realisiert. Viele SPICE-Modelle für Elektronenröhren findet man an auch verschiedensten Stellen im Internet und besonders empfehlenswert ist da u.a. das diyAUDIO-Forum [7]. Ansonsten muss man noch wissen, dass Pentoden, bei denen das Bremsgitter G3 intern mit der Kathode K verbunden ist, das SPICE Schaltplansymbol für Tetroden zu benutzen ist, was ja auch gar keinen Anschluss für ein drittes Gitter hat. Auf die Simulationsergebnisse hat das keine weiteren Auswirkungen, das ja dies nur durch das den Röhren-Kennlinien entsprechende SPICE-Modell bestimmt wird.

[1] https://www.analog.com/en/design-center/...lator.html

[2] http://www.gunthard-kraus.de/LTSwitcherC...erCAD.html

[3] http://www.normankoren.com/Audio/Tubemod...ticle.html

[4] https://www.dos4ever.com/uTracer3/uTracer3_pag14.html

[5] http://teodorom.atspace.com

[6] http://www.dmitrynizh.com/tubeparams_ima...tive_tools

[7] https://www.diyaudio.com/forums/tubes-va...odels.html

Es gibt mehrere Möglichkeiten, SPICE-Modelle mit LTspice zu verwenden. Da es zu einem Trioden, Tetroden, Pentoden usw. Schaltplansymbol für Elektronenröhren jeweils viele verschiedene Röhrentypen mit verschiedensten SPICE-Modellen gibt, ist der komfortabelste Weg, eine Modell-Bibliothek direkt mit den Schaltplansymbolen in Verbindung zu setzen, um dann das jeweils gerade benötigte Modell eines bestimmten Röhrentyps einfach auswählen zu können. Dazu muss man die Datei der Modell-Bibliothek wie z.B. TubeLib.inc dem Verzeichnis von für SPICE-Modelle hinzufügen. Je nach verwendeter LTspice-Version sind die SPICE-Modelle unter Dokumente/LTspiceXVII bzw. Programme/LTC/LTspiceIV im lib/sub Unterverzeichnis zu finden, wohin man also z.B. auch die TubeLib.inc Datei kopieren sollte bzw. muss.


.png   LTspice-1.png (Größe: 32,91 KB / Downloads: 321)

Damit die Elektronenröhren-Modelle der Modell-Bibliothek TubeLib.inc mit den Schaltplansymbolen für Trioden, Tetroden, Pentoden usw. automatisch nutzbar werden, müssen die Schaltplansymbole noch entsprechend bearbeitet werden. Dazu sucht man im Unterverzeichnis lib/sym/Misc von LTspice das jeweilige Schaltplansymbol.


.png   LTspice-2.png (Größe: 33,55 KB / Downloads: 314)

und öffnet es mit einem Doppelklick zur Bearbeitung mit LTspice.

Zunächst löscht man mit dem Scheren-Werkzeug den überflüssigen Text Triode.

   

Danach fügt man über das Attribut-Fenster den Platzhalter SpiceModel für die Bezeichnung des jeweils im Schaltplan ausgewählten Röhren-Modells ein und platziert ihn mit einem der Hand-Werkzeuge an einer passenden Stelle des Schalplansymbols.

   

Im nächsten Schritt muss man mit dem Attribut-Editor noch die Attribute des Symbols entsprechend definieren. Als SpiceModel muss man eine gültige Bezeichnung eines Modells in der Modell-Bibliothek wie z.B. ECC81 eingeben und als ModelFile den Dateinamen der Modell-Bibliothek wie z.B. TubeLib.inc eintragen.

   

Der Platzhalter <SpiceModel> wird dann automatisch durch den mit dem Attribut-Editor eingebenden Wert ECC81 ersetzt und mit einem Rechtsklick darauf kann man noch dessen Schriftgröße und Ausrichtung ändern. Zum Schluss noch mit dem Disketten-Werkzeug das geänderte Schaltplansymbol abspeichern und das Symbolbearbeitungs-Fensters schließen oder LTspice ganz beenden. Hat man vorher das Abspeichern des geänderten Symbols vergessen, wird man beim Schließen des Fensters oder Beenden von LTspice gefragt, ob man die Veränderungen speichern will.

   

Jetzt kann man einen Schaltplan mit dem geänderten Symbol zu zeichnen beginnen.

   

Mit einem Rechtsklick auf das Symbol im Schaltplan kann man das vorgegebene SPICE-Modell ändern und gelangt damit in die Auswahlliste aller SPICE-Modelle der mit dem Schaltplansymbol verbundenen Modell-Bibliothek, so dass man statt dem SPICE-Modell einer ECC81 z.B. auch das SPICE-Modell einer ECC82 mit dem platzierten Trioden-Symbol im Schaltplan verwenden kann.

   

Automatisch wird dann auch im Schaltplan der richtige Röhrentypname, wie als SPICE-Modell ausgewählt, eingetragen und kann auch jederzeit in diesem Schaltplan, wie vorher beschrieben, in ein anderes SPICE-Modell für einen anderen Röhrentyp geändert werden.

   

Um die mit dem ausgewählten Röhrenmodell ECC82 verwendeten Röhren-Kennlinien darstellen zu können, fügt man noch zwei Spannungsquellen, eine für die Anodenspannung und eine für die Steuergitterspannung, hinzu und zeichnet mit dem Stift-Werkzeug die entsprechenden Verbindungen. Da LTspice immer auch einen Massebezug benötigt, fügt man den mit dem entsprechenden Werkzeug auch noch das entsprechende Schaltplansymbol hinzu und verbindet es sinnvoller Weise mit dem Kathodenpotential. Macht man einen Rechtsklick auf die Bezeichnungen der Spannungsquellen, kann man diese auch sinnvoll in Vg1 und Va umbenennen.

   

Falls noch nicht geschehen, speichert man den Schaltplan mit einem verständlichen Dateinamen in einem Verzeichnis eigener Wahl ab, damit man den Schaltplan später wiederfinden und eventuell dann auch geändert weiterverwenden kann.

   

Mit dem Start-Werkzeug für eine Schaltungs-Simulation kann man jetzt einen Simulationsbefehl mit passenden Parametern erzeugen und man wählt zur Kennlinien-Simulation die Gleichspannungssimulation DC sweep, so dass man für die beiden Spannungsquellen Va als ersten Parameter, der die X-Achse bilden soll, und Vg1 als zweiten Parameter, der eine Kurvenschar bilden soll, den Datenblatt-Kennlinien entsprechende Parameter vorgeben kann. Als erste Spannungsquelle verwendet man Va und gibt als Type Linear mit einem Startwert von 0V, einem Stop-/Endwert von 375V und einem inkrementalen Schrittwert von 5V den Datenblatt-Kennlinien einer ECC82 entsprechend vor, sowie für Vg1 dann auch dem Datenblatt entsprechende Werte.

   

Damit wird dann das zugehörige Simulationskommando .dc Va 0 375 5 Vg1 0 -20 -2 erzeugt und in den Schaltplan eingefügt, die Simulation gestartet und ein Fenster zur grafischen Darstellung von Simulationsergebnissen geöffnet. Die horizontal geteilte Fensterdarstellung für Schaltplan und Simulationsgrafik kann man über  Window von LTspice auch anpassen und z.B. in eine anschaulichere vertikale Fensterteilung ändern. Zeigt man jetzt im Schaltplan auf den Anodenanschluss des Triodensymbols, ändert sich der Mauszeiger in eine Strommesszange und ein (Doppel-)Klick führt dann zur grafischen Darstellung des Anodenstroms in Abhängigkeit von Anodenspannung und den einzelnen Steuergitterspannungen wie über den .dc Befehl im Schaltplan definiert, genauso wie die Kennlinien im Datenblatt auch dargestellt werden.

   

Die einzelnen Fenster für Schaltplan und grafische Darstellung von Simulationsergebnissen kann man auch maximieren. Zeigt man auf die automatisch erzeugte Achsbeschriftung einer Diagrammdarstellung, ändert sich der Mauszeiger in ein Lineal und ein Rechtklick ermöglicht es, die automatischen Vorgaben passend zu den Kennliniendarstellungen im Datenblatt zu ändern.

   

Damit man die Grafik zum Vergleich transparent über die Kennliniendarstellung eines Datenblatts legen kann, muss man die Hintergrundfarbe von Schwarz auf Weiß ändern. Das kann man über die Tools von LTspice so auch einstellen.

   

Da die Kurvenlinien im Diagram sehr dünn dargestellt werden, kann man die Liniendicke mit den Tools auch noch vergrößern.

   

Jetzt kann man mit den Tools die gesamte Diagramgrafik als Bitmap-Grafik in die Zwischenablage von Windows kopieren,

   

um sie dann einer Kennlinien-Darstellung eines Datenblatts mit einem Grafik-/Zeichenprogramm wie z.B. Paint überlagern zu können.

   

Wie man ganz gut erkennen kann, entspricht das SPICE-Modell der ECC82 nicht ganz dem Kennlinien-Diagram eines Datenblatts, aber zumindest soweit, dass es für eine erste SPICE-Simulation noch brauchbar ist. Dies insbesondere im typischen Arbeitsbereich der ECC82 Triode von Ua zwischen 50...200V bei Ia um die 5...10mA.

Fortsetzung folgt ...
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