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Blaupunkt 3W15
#1
Hallo Radiofreunde
Natürlich kommen bei mir die Radios nicht zu kurz.


Topp oder Hopp ? Nach unangenehmen Überraschungen bei einem Blaupunkt 3W4 und vor längerer Zeit bei dem 3W6 bin ich skeptisch bei den älteren Radios.
Auf den ersten Blick noch augenscheinlich OK. Beim Kauf fehlte die Rückwand. Geduld machte sich bezahlt und vor 2 Jahren bekam ich die gesuchte Rückwand.


Aber bevor ich über den Gesamtzustand des 3W15 schreibe , möchte ich doch etwas über die Technik in diesem Radio schreiben.

Der 3W15 wurde in der Zeit 1935/36 angeboten. Das Radio gab es als Wechselstrom und auch Gleichstrom Ausführung. Der mit vier Röhren bestückte Empfänger kostete 184 Reichsmark. Der Einkreis Geradeausempfänger wurde in diesem Zeitrahmen zusammen mit den Modellen 4W95 4W65 und 4W55 angeboten. Somit habe ich alle Radiogeräte aus dieser Produktpalette in meiner Sammlung. Der 4W95 wird zu einem späteren Zeitpunkt vorgestellt und dessen Reparatur wie immer ausführlich beschrieben.
Bei den neuen Geräten, die Blaupunkt in dieser Zeit herstellte, kamen neu konstruierte Lautsprecher zum Einsatz. Die Membranen waren weicher aufgehängt und somit ergab sich natürlich eine Klangverbesserung. Ich werde es feststellen, da ich ja die Modelle aus der Vorserie habe und das mit dem 4LW und 2W2 Modellen vergleichen kann. Optisch sieht man schon den Unterschied der Lautsprecher, das ich im laufe des Berichts hier zeigen werde. Man warb mit dem Klang und der gesteigerten Lautstärke für einen Gemeinschaftsempfang in größeren Räumen.
Ferner wird eine Spezialschaltung angepriesen, wo eine Trennschärfe mit einer geeigneten Antenne für Fernempfang sorgen soll. Und das auf Langwelle und Mittelwelle. Ein Sperrkreis, regelbar auf der Rückseite soll starke Ortssender ausblenden. Durch die Schaltung wird erreicht, das die Rückkopplung über den gesamten Bereich konstant sein soll. Als Kompensationsschaltung wird das bezeichnet.
Die Funktionsbeschreibung des 3W15 liest sich so : Die Hochfrequenz wird über einen Sperrkreis den Antennenspulen zugeführt. Diese Spulen haben je 4 Anzapfungen und sind zudem zur Kopplung schwenkbar. Bedient wird das mit den vorderen oberen Knopf. Die Hochfrequenz wird der Triode AC2 und von dort einer weiteren AC2 zugeführt. Die nun entstanden Niederfrequenz wird der Pentode AL1 zugeführt. Als Gleichrichterröhre wird eine AZ1 verwendet.
Die Röhrenbestückung ist also sehr Fortschrittlich.

Die technischen Daten nochmals zusammengefaßt:
Baujahr 1935/36
Vier Röhren AC2 AC2 AL1 AZ1
Geradeausempfänger Ein Kreis AM
Wellenbereiche Langwelle und Mittelwelle
Wechselstrom 110 125 220 und 240 Volt
Elektrodynamischer Lautsprecher
Größe 42 x 35 x 29 cm

Nun möchte ich das Radio in Bildern vorstellen. Das Gehäuse ist noch gut erhalten, hier und da sind Furnierschäden zu sehen. Es wird sich zeigen, wie man das geschickt bearbeitet, ohne den Originalen Zustand zu sehr zu verändern. So ein Radio überrestaurieren möchte ich nicht , schon deshalb, da es doch so wie es hier steht, ohne weiteres ansehnlich ist.

   
Auffällig bei dem Pultskalen Radio ist die mittlere Bakelitblende. Der Schallwandstoff ist noch schön erhalten. Die Skala ist leicht wellig, da man seinerzeit Papierähnliches Material verwendet hat. Ersatz habe ich nicht, und eine Fremdskala, wie aus einem 4LWP würde zwar passen, ist jedoch nicht mein Ziel.

   
Die vier Knöpfe sind auffällig. Links oben Lautstärkeregelung durch Antennenkopplung, darunter die Rückkopplungsbetätigung. Rechts oben der Sendersuchknopf darunter der Knopf für den Wellenschalter für Mittelwelle Langwelle und Plattenspieler.

   
Die Rückwand , die ich vor einiger zeit bekommen habe ist sehr gut erhalten. Solch eine Rarität zu finden ist Glücksache.

   
Blick ins innere des Radios. Das Chassis ist sehr gut erhalten und läßt sich gut säubern, ohne das es zu künstlich aussieht. Unter der runden Abdeckung befinden sich die Antennenspulen und der Spulensatz. Ganz links der Sperrkreis. Der Originalelko fehlt leider. Auch eine AC2 fehlte. Unter der Abschirmung befindet sich die zweite AC2

   
Das Chassis wird ausgebaut. Die üblichen Verdächtigen fallen sofort auf. Der Elko unter der Schelle. Der andere Elko ist am Halter der Pultskala befestigt. Gut zu sehen die Betätigungsstange für die Schwenkspulen. Ein Mix aus diversen Kondensatoren ist zu sehen, z.T. noch Originale. Hier wird alles geprüft!

   
Der Netztrafo sieht verbrannt aus. Hoffentlich ist das gute Stück noch in Ordnung.

   
Viele Fotos zeigen den vorgefundenen Zustand und sind immer hilfreich bei so einer Dokumentation. Hier gut zu sehen die Schwenkspulen. Auf dem Halter der Spulensatz, in dem die HF eingekoppelt wird.

   
Sogar ein Telefunkenkondensator ist zu sehen , sowie Keramikkondensatoren. Widerstände sind wohl auch schon ersetzt worden. Ob diese alle in den vorgegebenen Werten sind, werde ich feststellen.

   
Vermutlich Original. Blaupunkt hat meist Hescho Keramik verwendet. Stimmt der Wert, kann der Kondensator bleiben.

   
Der Lautsprecher, dessen Korb schon deutlich moderner aussieht, wie bei dem 2W2, den ich kürzlich beschrieben habe. Und es sind ja nur geringe Zeitunterschiede. Vermutlich sind die Konstrukteure zu der Einsicht gekommen, die magere Klangqualität mit einer Neukonstruktion zu verbessern.

   
Das ausgebaute Chassis wird nun gesäubert. Die leicht wellige Skala fällt jetzt deutlich auf. Der Skalenzeiger hat auch schon leichte Knicke, also äußerste Vorsicht ist hier angesagt. Lange hat das gute Stück nicht gehalten, er brach bereits kurze Zeit später einfach ab. Spritzgusskrebs!

   
Mit Elsterglanz läßt sich das prima reinigen. Es wirkt nicht so Krass, wie mechanische bearbeitung. Zunächst ist aber die Netztrafo Prüfung fällig. Für den Test schließe ich den Lautsprecher wieder an. Röhren bleiben gezogen! Der Test war erfolgreich und ich konnte folgende Spannung feststellen: bei 240 Volt Stellung und 225 Volt mit dem Trenntrafo ergibt das 420 Volt Anodenspannung und ca. 4,1 Volt Heizspannung. Das ist also OK. Nun kann ich mit der Reparatur beginnen.

   
Ein einigermaßen passendes Gehäuse für die beiden Elkos habe ich auch gefunden. Natürlich muß das Neu befüllt werden und auch die Halterungen müßen angepaßt werden. Es kommen hier ein 10 und 16µF Elko hinein. Textilummantelte Kabel werden dafür sorgen, das es dem Original nahe kommt. Vorher wird aber das Chassis gründlich geputzt, so verstaubt und mit der Nikotinschicht möchte ich das nicht lassen.


Fortsetzung folgt
Radiogrüße Detlef

Sie können schlafen gehen, es gibt nichts mehr zu sehen
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#2
3W15 ART Schaltbild

   

Detlef,
hier zur Ergänzung das ART Schaltbild des 3W15.

Gruß, Dietmar
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#3
Ein interessantes Gerät, Detlef, da es die früher übliche Einkreiser-Bestückung von 2x REN904 plus RES164 konsequent mit deutlich moderneren Röhren fortführt.
Ich kenne das Gerät aus den historischen Radiokatalogen und werde hier interessiert mitlesen.

Dass ein derartig angekokelter Netztrafo noch funktioniert, man staunt wirklich. Was das Thema Zinkpest anbelangt, so scheint dieses Radio noch mit wenigen dieser kritischen Bauteile auszukommen.
_____________

Gruß
klaus


Was ich geschrieben habe, darf widerlegt werden.
Was ich nicht geschrieben habe, braucht nicht widerlegt zu werden.


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#4
Ja stimmt, ein schönes Projekt, was der Detlef da wieder auf dem Tisch hat. Und eine Freude den Bericht zu lesen.

So wie auch der Klaus, habe ich mich über den intakten Netztrafo gewundert. Kann das sein? Wenn der schon außen kokelt, kann man sich ausmalen, welche Temperaturen da wohl in den inneren Teilen der Wickel geherrscht haben müssen. Es wird ja wohl nicht so sein, dass die Brandspuren von einer Überlastung des außen liegenden Heizungwickels herrühren.

Selbst wenn er im Leerlauf noch stimmige Spannungen von sich gibt, kann es doch sein, dass die Isolierung zwischen den Wickeln gelitten hat. Das merkt man möglicherweise erst später wenn das Gerät wieder läuft und der Trafo sich erwärmt.

Irgendwie traue ich dem Frieden nicht.
Grüsse aus Karlsruhe,
Harald
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#5
Das ist ebenso meine Erfahrung mit augenscheinlich noch funktionierenden verkokelten Trafos. Die ersten Minuten sind sie unauffällig, dann werden sie sehr heiss und fangen an zu stinken.

Ich hoffe, dass Detlefs Trafo noch ok ist.
Beste Grüsse

Thorsten


"Das Leben ist nichts weiter als das Proben für eine Vorstellung, die niemals stattfindet."

(Die fabelhafte Welt der Amelie)
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#6
[Bild: attachment.php?thumbnail=85939]

Das ist ja mal eine „heiße“ Schaltung !

Auf den ersten Blick erkennt man einen Spulensatz, der dem des alten VE mit den vielen Anzapfungen stark ähnelt.

Beim genaueren Hinsehen erkennt man aber völlig unerwartete Details: die erste AC2 (Triode !) scheint als HF- Verstärker zu arbeiten (!!!), erkennbar daran, dass an der Anode mit nur 100 pF ausgekoppelt wird und sie mittels Katodenwiderstand eine Vorspannung erhält, also nicht als Gitter-Gleichrichter arbeitet !

Zwischen den beiden 10 kΩ- Widerständen wird mit nur 5 pF auf eine zusätzliche Spule rückgekoppelt, möglicherweise eine Neutralisation ?
Insgesamt ist mit 10 + 10 + 5 = 25 kΩ der Arbeitswiderstand der AC2 ungewöhnlich nieder !

Auf den 100 pF Auskoppel-Kondensator folgt ein unerklärlicher 20 kΩ Last- Widerstand, dann geht’s mit weiteren 100 pF zur zweiten AC2, die dann mit 1,5 MΩ Ableitwiderstand als Gitter-Gleichrichter geschaltet ist.

Von der zweiten AC2- Anode (!!) führt dann eine Rückkopplung zum Eingangskreis und über einen NF- Spartransformator wird die AL1 angesteuert.

Diese Schaltung scheint ein Design aus der Zeit zu sein, als Schirmgitterröhren noch nicht erfunden waren – und dies frühestens im Jahr 1935, denn vorher gab es die AC2 noch nicht. - Ist schon sehr merkwürdig !

Ich werde auch den Verdacht nicht los, dass unter diesen Bedingungen die erste AC2 im Vergleich zu einer Pentode, z. B. eine AF7, hochgradig ineffizient arbeitet.

Grüße,
Jacob
Smiley53
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#7
Hallo Radiofreunde

Vielen Dank für das Interesse an dem Bericht zu dem Blaupunkt 3W15.
@ Dietmar, Vielen Dank für den ART Schaltplan, er ist eine hilfreiche Ergänzung zu meinen Unterlagen und den Original Blaupunkt Unterlagen.

@ Klaus Harald Thorsten, ja, dem Trafo traue ich trotz seiner Funktion im Kurzzeittest auch nicht. Ich suche noch nach Ersatz.

@ Jacob, Vielen Dank für die sehr ausführliche Beschreibung der Funktion dieses Radios.

Und ich habe sogleich eine Frage an unsere Spezialisten. Die beiden Röhren AC2 werden in dieser " heißen Schaltung" mit 2 Volt Heizstrom versorgt. Was haben sich die Blaupunktmannen dabei gedacht?
Warum ich auch Frage, es geht um den Ersatztrafo, den ich aus einem Schlachtechassis verwenden möchte. Nur ein Trafo, der einen 2 Volt
Heizkreis hat, habe ich nicht. Nur Trafos mit einem Heizkreis 4 Volt, diese kommen auch den geforderten Anodenstrom sehr nahe.

   
Heizkreis 2 Volt? vergleicht man die beiden Schaltpläne , so finden sich bei Blaupunkt keine Angaben. Also warum nicht einen einfachen Trafo mit einer Heizkreisversorgung? Oder ist das ein Druckfehler mit 2 Volt? Und wenn nicht, was würde sich beim Betrieb des Radios verändern?
Radiogrüße Detlef

Sie können schlafen gehen, es gibt nichts mehr zu sehen
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#8
(21.03.2021, 13:00)Radionar schrieb: Die beiden Röhren AC2 werden in dieser " heißen Schaltung" mit 2 Volt Heizstrom versorgt. Was haben sich die Blaupunktmannen dabei gedacht?

Also wenn ich den oben von Dir eingestellten Schaltplan betrachte, tue ich mich schwer, eine Heizspannungsversorgung von 2 Volt für jede AC2 zu entdecken. Ich sehe eine Heizwicklung, die mittig an Masse geht, und von der jede Teilwicklung mit 2 Volt (2V+ 2V = 4 Volt) beschriftet ist. Diese Gesamtwicklung versorgt die beiden AC2, so kann man es weiterführend dem ART-Schaltbild entnehmen.
Oder reden wir hier aneinander vorbei und Du hast die 2 Volt im Gerät an den Heizungspins der Röhre gemessen?
_____________

Gruß
klaus


Was ich geschrieben habe, darf widerlegt werden.
Was ich nicht geschrieben habe, braucht nicht widerlegt zu werden.


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#9
Da hat sich der Detlef vertüdelt.

Die beiden AC2 erhalten 4V Heizspannung - so wie es gehört. Ihr Heizwickel ist mittig auf Masse gelegt (Brummreduktion).

Die AL1 hat ihren eigenen Heizwickel - auch 4V - der über den Entbrummer und die Kathoden Kombination 320 Ohm / 10µF nach Masse symmetriert wird.

Natürlich fragt man sich, warum man die Heizung der AL1 nicht auch noch an den Heizwickel der beiden AC2 gehängt hat. Geht nicht! Die Kathode der AL1 muss man ja hochlegen - für die Erzeugung der negativen Gittervorspannung.
Grüsse aus Karlsruhe,
Harald
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#10
Hallo Radiofreunde
Ja, da habe ich mal wieder großen Mist gelesen Smiley18 in dem Schaltplan. Aber trotzdem ist durch die sehr guten Erklärungen mein Trafoproblem noch nicht gelöst.
Da werde ich wohl noch etwas suchen müßen, bis das hier weitergeht mit dem Blaupunkt.

Also Vielen Dank für die Erklärungen Smiley20
Radiogrüße Detlef

Sie können schlafen gehen, es gibt nichts mehr zu sehen
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#11
Hallo Detlef,

Du bekommst doch von mir die 2 Schrottchassis. Da ist doch in dem einen solch ein intakter Trafo drinnen, den Du benötigst. Wenn Du jetzt ausgebremst bist, kann ich dir gerne die 2 Chassis (oder auch nur erst mal das eine) in einen Karton tun und ab zu Dir damit. Das wäre kein Problem.
Es grüßt Euch aus Peine
     
     Andreas
Nicht nur die Röhren sollen glühen.
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