Hallo in die Runde.
Als langjähriger Sammler sind einem über die Jahre ja die verschiedensten Radios zugelaufen. Man hat sie seinerzeit instandgesetzt, dann ins Regal gestellt, sie ab und an wieder hervorgeholt und irgendwann festgestellt, dass mal wieder eine große Inspektion vonnöten wäre. Das ist dann der Moment, wo man beschließt, fix nebenher ein paar Fotos zu schießen und einen Bericht in einem Radioforum zu schreiben.
Also stelle ich hier mal einen Standardsuper der britischen Besatzungszone vor, und zwar einen Allströmer der Firma HAGENUK (-> Hanseatische Apparatebau-Gesellschaft Neufeld und Kuhnke, mit Sitz in Kiel).
Das Radio lief mir in stark heruntergekommenem Zustand im Jahre 2012 auf einem örtlichen Flohmarkt zu, für kleines Geld. Schwieriger war der Transport nach Hause, da meine Frau und ich per Fahrrad unterwegs waren und ein Radiokauf nicht vorgesehen war.
Aber kommen wir mal zum Radio:
Folgende technische Daten:
- Baujahr 1947/48
- Bakelitgehäuse, Rückwand Pappe
- Maße ca. 36 x 30 x 18 cm
- Wellenbereiche LMK + TA
- Superhet, 6 - Kreiser
- Klangschalter Hell-Dunkel an der Rückseite
- P.dynamischer LS
- Röhren: UCH5, UCH5, UBL3, UY3. Dazu 1 Skalenbirnchen mit vorgeschaltetem Heißleiter
- Anschlussmöglichkeiten für Zusatzlautsprecher und Plattenspieler
- Netzspannung 110 oder 220 Volt umschaltbar (2 Sicherungshalter), Anpassung über Heizwiderstand
Insgesamt ein auf das Notwendigste ausgelegtes Radio.
Stichwort Standardsuper:
Ab 1946 wurde gemäß Auftrag der britischen Besatzungsmacht für diese Besatzungszone ein Standardradio entwickelt, das von den dort ansässigen Radiofirmen fabriziert werden sollte. Demzufolge gibt es diese Standardsuper auch von Firmen wie Blaupunkt, Krefft, Siemens, Telefunken und anderen. In den meisten Fällen haben die Radios ein standardisiertes Bakelitgehäuse, es gibt aber auch Ausführungen in Holz. Daneben gibt es Geräte, die zwar das gleiche Chassis besitzen bzw. dem gleichen technischen Konzept folgen, aber nicht als Standardsuper bezeichnet sind und demzufolge hier auch nicht zugerechnet werden sollen.
Die Radios gibt es als Wechselstromvariante und als Allstromvariante, zum Einsatz kommen entweder Stahlröhren oder Topfsockelröhren in E- oder U-Ausführung. Auch gibt es Unterschiede in der Chassisverdrahtung, d.h. die Radios folgten einem festgeschriebenen Konzept, waren aber nicht in dem Sinne vereinheitlicht, wie es beim VE praktiziert wurde.
Soviel zur historischen Einordnung; zurück zum Hagenuk.
Wir haben ein Gerät vor uns, das nicht aus Sammlerhand stammt, sondern wohl viele Jahre Dienst tat und dann Gelegenheit bekam, an seinem Abstellort Rost anzusetzen, bevor es schließlich wohl im Rahmen einer Entrümpelungsaktion auf einem Flohmarkt landete.
Werfen wir mal einen Blick hinein, zunächst der Fundzustand:
Viel Arbeit, damals. Es wurden alle defekten Altkondensatoren ersetzt, auch die beiden Elkos, die schonmal hineinrepariert wurden und mit je 50 µF / 450-550 V etwas überdimensioniert waren; ebenso einige Widerstände, die entweder verbrannt oder verrottet waren (Feuchtigkeit). Das war die einzige Reparatur, die ich ausmachen konnte, wenn man vom Ersatz einer der beiden UCH5 absieht.
Heute dazugekommen sind etliche Drahtisolierungen. Hier wurde seinerzeit sehr schlechtes Material verwendet, das mittlerweile regelrecht zerbröselt und das Gerät nunmehr auf die Werkbank zwang.
Nicht gelungen ist es mir, ein sachgerechtes Schaltbild dieses Allstömers mit der beschriebenen Röhrenbestückung aufzutreiben. Ich konnte mir jedoch mit Schaltplänen ähnlicher Geräte weiterhelfen.
Das Gerät trägt im Inneren auf dem Chassis wie auch auf dem LS das Firmenemblem von Hagenuk, es wurde also nichts zusammengestoppelt. Die Laschen auf dem Chassis, die für den Trafo der Wechselstromausführung sind, zeigten sich unbenutzt. Dennoch gibt es da ein Mysterium, das sich auf der Rückwand zeigt, hier die Details:
Sieht nachgearbeitet aus, aber wie gesagt: Eine vorherige Sammlerhand ist nicht erkennbar, und der Zustand sowie der Verkaufspreis lassen auch nicht auf eine 'Nachbesserung' in jüngerer Zeit schließen, zumal die Rückwand auch angebrochen war. Desweiteren musste diese Schrift erst vom Dreck der Jahrzehnte freigelegt werden, wie auch die gesamte Rückwand.
Meine Vermutung geht daher in die Richtung, dass im Werk kurzfristig eine Röhrenbestückung verfügbar und verbaut wurde, für die keine passende Rückwand zur Hand war.
Einen weiteren HAGENUK Standardsuper in GW-Ausführung, der diese Röhren besitzt, habe ich bislang im Netz nicht ausfindig machen können, um zu vergleichen.
In diese Sparte hinein fallen auch die Bedienknöpfe. Sie sind kleiner, als man sie üblicherweise von Standardsupern kennt. Andererseits waren sie auf die Achsen gerostet, saßen also schon länger dort, und vor allem sah man auf den Achsen keine zweierlei Schraubspuren wie sie erkennbar sind, wenn andere Knöpfe montiert werden.
Schwieriger als die technischen Arbeiten war das Thema Optik. Der Schallwandstoff präsentierte sich extrem verdreckt und verschlissen, die darunter liegende Holzwand hatte (mäßigen) Holzwurmbefall. Reinigung mit zunehmend schärferen Mischungen eines Chlorreinigers zeigten nur mäßigen Erfolg, Shampoos, Seifen und Waschmiittel versagten in Gänze, manche Flecken ließen sich einfach nicht mehr tilgen. Hier offenbarte sich nun das Dilemma des Sammlers, der das Gerät optisch möglichst originalgetreu erhalten, aber dennoch wohnzimmertauglich wieder herstellen möchte. Es läuft halt auf einen Kompromiss hinaus, Ihr seht das Ergebnis auf den beiden Fotos weiter oben.
Ebenso stellte sich die Frage hinsichtlich der Verrostung des Chassis. Ich entschied mich auf der Oberseite für händisches Schleifen und anschließenden dünnen Auftrag eines Silberlacks, ohne Grundierung. Unterm Chassis ließ ich es, wie es war und beschränkte mich auf die rein elektronische Aufarbeitung. Details spare ich hier aus, das sind Standardarbeiten, und es verwundert auch nicht, dass die Keramiktrimmer ebenfalls schrottreif waren.
Zum Abschluss ein etwas älteres Foto, nach Abschluss der Erstinstandsetzung. Die graue UCH5 ist die einstmal ersetzte Röhre, die einen roten Schirmlack besaß, der aber beim Kauf bereits blätterte. Ich hatte sie mit Graphitlack neu geschirmt und zwischenzeitlich mit Goldfarbe betupft.
(Nur zum Vergleich der Link zu einem W-Super von Hagenuk: https://www.radiomuseum.org/r/hagenuk_st...k101e.html )
Als langjähriger Sammler sind einem über die Jahre ja die verschiedensten Radios zugelaufen. Man hat sie seinerzeit instandgesetzt, dann ins Regal gestellt, sie ab und an wieder hervorgeholt und irgendwann festgestellt, dass mal wieder eine große Inspektion vonnöten wäre. Das ist dann der Moment, wo man beschließt, fix nebenher ein paar Fotos zu schießen und einen Bericht in einem Radioforum zu schreiben.
Also stelle ich hier mal einen Standardsuper der britischen Besatzungszone vor, und zwar einen Allströmer der Firma HAGENUK (-> Hanseatische Apparatebau-Gesellschaft Neufeld und Kuhnke, mit Sitz in Kiel).
Das Radio lief mir in stark heruntergekommenem Zustand im Jahre 2012 auf einem örtlichen Flohmarkt zu, für kleines Geld. Schwieriger war der Transport nach Hause, da meine Frau und ich per Fahrrad unterwegs waren und ein Radiokauf nicht vorgesehen war.
Aber kommen wir mal zum Radio:
Folgende technische Daten:
- Baujahr 1947/48
- Bakelitgehäuse, Rückwand Pappe
- Maße ca. 36 x 30 x 18 cm
- Wellenbereiche LMK + TA
- Superhet, 6 - Kreiser
- Klangschalter Hell-Dunkel an der Rückseite
- P.dynamischer LS
- Röhren: UCH5, UCH5, UBL3, UY3. Dazu 1 Skalenbirnchen mit vorgeschaltetem Heißleiter
- Anschlussmöglichkeiten für Zusatzlautsprecher und Plattenspieler
- Netzspannung 110 oder 220 Volt umschaltbar (2 Sicherungshalter), Anpassung über Heizwiderstand
Insgesamt ein auf das Notwendigste ausgelegtes Radio.
Stichwort Standardsuper:
Ab 1946 wurde gemäß Auftrag der britischen Besatzungsmacht für diese Besatzungszone ein Standardradio entwickelt, das von den dort ansässigen Radiofirmen fabriziert werden sollte. Demzufolge gibt es diese Standardsuper auch von Firmen wie Blaupunkt, Krefft, Siemens, Telefunken und anderen. In den meisten Fällen haben die Radios ein standardisiertes Bakelitgehäuse, es gibt aber auch Ausführungen in Holz. Daneben gibt es Geräte, die zwar das gleiche Chassis besitzen bzw. dem gleichen technischen Konzept folgen, aber nicht als Standardsuper bezeichnet sind und demzufolge hier auch nicht zugerechnet werden sollen.
Die Radios gibt es als Wechselstromvariante und als Allstromvariante, zum Einsatz kommen entweder Stahlröhren oder Topfsockelröhren in E- oder U-Ausführung. Auch gibt es Unterschiede in der Chassisverdrahtung, d.h. die Radios folgten einem festgeschriebenen Konzept, waren aber nicht in dem Sinne vereinheitlicht, wie es beim VE praktiziert wurde.
Soviel zur historischen Einordnung; zurück zum Hagenuk.
Wir haben ein Gerät vor uns, das nicht aus Sammlerhand stammt, sondern wohl viele Jahre Dienst tat und dann Gelegenheit bekam, an seinem Abstellort Rost anzusetzen, bevor es schließlich wohl im Rahmen einer Entrümpelungsaktion auf einem Flohmarkt landete.
Werfen wir mal einen Blick hinein, zunächst der Fundzustand:
Viel Arbeit, damals. Es wurden alle defekten Altkondensatoren ersetzt, auch die beiden Elkos, die schonmal hineinrepariert wurden und mit je 50 µF / 450-550 V etwas überdimensioniert waren; ebenso einige Widerstände, die entweder verbrannt oder verrottet waren (Feuchtigkeit). Das war die einzige Reparatur, die ich ausmachen konnte, wenn man vom Ersatz einer der beiden UCH5 absieht.
Heute dazugekommen sind etliche Drahtisolierungen. Hier wurde seinerzeit sehr schlechtes Material verwendet, das mittlerweile regelrecht zerbröselt und das Gerät nunmehr auf die Werkbank zwang.
Nicht gelungen ist es mir, ein sachgerechtes Schaltbild dieses Allstömers mit der beschriebenen Röhrenbestückung aufzutreiben. Ich konnte mir jedoch mit Schaltplänen ähnlicher Geräte weiterhelfen.
Das Gerät trägt im Inneren auf dem Chassis wie auch auf dem LS das Firmenemblem von Hagenuk, es wurde also nichts zusammengestoppelt. Die Laschen auf dem Chassis, die für den Trafo der Wechselstromausführung sind, zeigten sich unbenutzt. Dennoch gibt es da ein Mysterium, das sich auf der Rückwand zeigt, hier die Details:
Sieht nachgearbeitet aus, aber wie gesagt: Eine vorherige Sammlerhand ist nicht erkennbar, und der Zustand sowie der Verkaufspreis lassen auch nicht auf eine 'Nachbesserung' in jüngerer Zeit schließen, zumal die Rückwand auch angebrochen war. Desweiteren musste diese Schrift erst vom Dreck der Jahrzehnte freigelegt werden, wie auch die gesamte Rückwand.
Meine Vermutung geht daher in die Richtung, dass im Werk kurzfristig eine Röhrenbestückung verfügbar und verbaut wurde, für die keine passende Rückwand zur Hand war.
Einen weiteren HAGENUK Standardsuper in GW-Ausführung, der diese Röhren besitzt, habe ich bislang im Netz nicht ausfindig machen können, um zu vergleichen.
In diese Sparte hinein fallen auch die Bedienknöpfe. Sie sind kleiner, als man sie üblicherweise von Standardsupern kennt. Andererseits waren sie auf die Achsen gerostet, saßen also schon länger dort, und vor allem sah man auf den Achsen keine zweierlei Schraubspuren wie sie erkennbar sind, wenn andere Knöpfe montiert werden.
Schwieriger als die technischen Arbeiten war das Thema Optik. Der Schallwandstoff präsentierte sich extrem verdreckt und verschlissen, die darunter liegende Holzwand hatte (mäßigen) Holzwurmbefall. Reinigung mit zunehmend schärferen Mischungen eines Chlorreinigers zeigten nur mäßigen Erfolg, Shampoos, Seifen und Waschmiittel versagten in Gänze, manche Flecken ließen sich einfach nicht mehr tilgen. Hier offenbarte sich nun das Dilemma des Sammlers, der das Gerät optisch möglichst originalgetreu erhalten, aber dennoch wohnzimmertauglich wieder herstellen möchte. Es läuft halt auf einen Kompromiss hinaus, Ihr seht das Ergebnis auf den beiden Fotos weiter oben.
Ebenso stellte sich die Frage hinsichtlich der Verrostung des Chassis. Ich entschied mich auf der Oberseite für händisches Schleifen und anschließenden dünnen Auftrag eines Silberlacks, ohne Grundierung. Unterm Chassis ließ ich es, wie es war und beschränkte mich auf die rein elektronische Aufarbeitung. Details spare ich hier aus, das sind Standardarbeiten, und es verwundert auch nicht, dass die Keramiktrimmer ebenfalls schrottreif waren.
Zum Abschluss ein etwas älteres Foto, nach Abschluss der Erstinstandsetzung. Die graue UCH5 ist die einstmal ersetzte Röhre, die einen roten Schirmlack besaß, der aber beim Kauf bereits blätterte. Ich hatte sie mit Graphitlack neu geschirmt und zwischenzeitlich mit Goldfarbe betupft.
(Nur zum Vergleich der Link zu einem W-Super von Hagenuk: https://www.radiomuseum.org/r/hagenuk_st...k101e.html )
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Gruß
klaus
Was ich geschrieben habe, darf widerlegt werden.
Was ich nicht geschrieben habe, braucht nicht widerlegt zu werden.
Gruß
klaus
Was ich geschrieben habe, darf widerlegt werden.
Was ich nicht geschrieben habe, braucht nicht widerlegt zu werden.