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Nach AM kam UKW
#1
Welche zusätzlichen Empfangsmöglichkeiten gab es nach der Umstellung des Mittelwellenbereiches auf den neuen Wellenplan 1950 und dem Wegfall der vorher Tag und Nacht empfangbaren deutschen Langwelle?

Der ganze Aufwand, eine neue Skale einzusetzen und den Apparat auf einen erweiterten Mittelwellenbereich umzubauen (welcher schon mit dem Einsetzen der Dämmerung und erst recht nach Einbruch der Dunkelheit nur einen unbefriedigenden Empfang versprach), führte sehr oft dazu, gleich auf den neuen Wellenbereich - die Ultrakurzwelle im 3-Meterband 87,5 bis 100 MHz - auszuweichen.

Am einfachsten war es, dazu ein UKW-Vorsatzgerät an die Tonabnehmerbuchse anzuschließen. An einen Einbau in das Radio - ob Vorkriegs- oder Nachkriegsmodell - konnte nur dann gedacht werden, wenn ein Lautstärkesteller im Niederfrequenzteil des Gerätes vorhanden war. Viele Modelle der unteren Preisklassen verfügten nur über eine Lautstärkeeinstellung verschiedenster Art im HF-Teil. Deshalb gab es auch Plattenspieler mit eigenem Lautstärkesteller.

Als Beispiel sei der GRUNDIG Heinzelmann 126W angeführt. Ein Eingang für ein UKW-Teil war dort zwar vorhanden, der Lautstärkesteller befand sich jedoch in einem von GRUNDIG angebotenen UKW-Vorsatzteil 106W.


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Abbildung 1
Schaltung des GRUNDIG Heinzelmann 126W (mit einer technisch gefährlichen Lösung des UKW-Einganges: Berührungsschutz mit 50 nF statt mit 5 nF !)


   
Abbildung 2
GRUNDIG 106W, Schaltbild



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Abbildung 3
Das GRUNDIG UKW-Vorsatzteil 106W ließ sich an den niederfrequenten Eingang von Radios oder Verstärkern anschließen.


Ähnliche Verhältnisse wie beim GRUNDIG 126W findet man bei einigen Herstellern von Einkreis- und Vierkreisempfängern der Baujahre 1950/51 und außerdem bei vielen Vorkriegs- und späteren Nachkriegsmodellen. Dazu wurde ein UKW-Vorsatzsuper mit eigenem Lautstärkesteller und Allstrom-Netzteil angeboten. Es war ein einfacher UKW-Super mit einem Pendler im Zwischenfrequenzteil und daher ein Audion mit einem Flanken-Gleichrichter als Demodulator. Die Typen hießen SCHAUB UZ51 bzw. LORENZ UKW-Vorsatzgerät.

   
Abbildung 4
UKW-Vorsatz-Super SCHAUB/LORENZ UZ51
geeignet für Allstrom-Modelle, bei Gleich- und Wechselstrom-Netzen


Information zum Flankengleichrichter:
Nach der Einführung von UKW sollte natürlich jedes Modell mit der Möglichkeit des UKW-Empfangs ausgestattet sein; dem stand der höhere Preis im Wege.
Nur wollte man nicht einen Superhet auf Dauer mit einem Ultra-Audion oder Pendler anbieten. Ein Superhet, der FM-Empfang und die propagierten Vorteile wie Tonumfang, Störungsfreiheit usw. bieten soll, musste dazu einen FM-Demodulator beinhalten. Diese Schaltungen sind als Oberbegriff "Diskriminator" bekannt. Sie bedingen aber einen nicht unerheblichen Aufwand an Technik wie eine Röhre mehr, spezielle Doppeldiode und Schaltmittel.
Man griff daher anfangs zu dem Trick, den schon vorhandenen AM-Demodulator mit nur einer Diode zu benutzen. Es war aber nur ein Kompromiss, FM-Empfang für wenig Geld zu ermöglichen. Einige Firmen, darunter auch meine, mussten da Lehrgeld bezahlen, weil sie das falsch eingeschätzt hatten. Der Ratio-Detektor bot alle oben genanten Vorteile, war nur nicht umsonst zu bekommen.
Beispiele: aus GRUNDIG 2000 wurde 2001, aus 2002 ein 2003 und aus 2004 ein 2005.
2006 und 2008 hatten gleich einen Ratio-Detektor.

Hier der Flankengleichrichter als Prinzip:


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Abbildung 5
Prinzipielle Wirkungsweise der Demodulation (hier als FM/AM-Umformung) einer Frequenz-Modulation an der Flanke eines Schwingkreises - daher der Name "Flankengleichrichter".


Bilder von RATIO-Schaltungen 1951, 1952 und 1958
Die zusätzliche Pentode wurde bei der 2000er Grundig-Serie teilweise durch Einsparung der Vorstufe kompensiert, oder in der Vorstufe wurde eine billigere Type (EF43 zu EF41) eingesetzt:


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Abbildung 6


   
Abbildung 7
Durch die Einführung der Röhre EABC80 1952 konnte die extra Doppeldiode (EB41, EAA11, EAA91) eingespart werden; außerdem auch die sonst nötige EBC41.



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Abbildung 8
Schon 1954 entstanden Ratiodetektor-Bausteine mit Halbleiterdioden.
Damit waren nahezu nur Vorteile erarbeitet in Hinsicht auf Qualität und Preis. Dieses Muster kommt aus dem Jahr 1958.


Weitere Modelle an Vorsatzgeräten
Die Firma Nordmende bot für aktuelle (1950) und ältere Modelle einen Vorsatzsuper der Spitzenklasse an, den NORMENDE-UKW V5.

   
Abbildung 9
NORDMENDE UKW V5
Das Schaltungsprinzip (PILOT 601) in diesem modernen UKW-Super lehnte an Vorbildern aus den USA an. Es galt für viele Jahre als UKW-Spitzentechnik.



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Abbildung 10


   
Abbildung 11
Schaltung des NORDMENDE UKW-SUPER V5
Dieses Modell weist alle Features späterer Schaltungstechnik auf:
- zweifach abgestimmte HF-Vorstufe noch mit Pentode
- additiver Mischer noch mit Pentode
- beide ZF-Stufen als Begrenzer wirksam
- symmetrischer Ratio-Detektor


Für Modelle nach 1949 bot NORDMENDE das UKW-Einsatzteil UKW-E-1 an. Dies war ebenfalls ein Pendler als W und GW-Version mit der Röhre E(U)CF12.

   
Abbildung 12
Dieses NORDMENDE Pendel-Audion UKW-E-1 zeigt eine Technik, wie sie von vielen Firmen verwendet wurde - mit der Verbundröhre E(U)F12, einer Stahlröhre von TELEFUNKEN.


Eine elegante Lösung für ihre Modelle bot die Firma ROLAND BRANDT an, mit drei an die Gehäuseabmessungen ihrer Einkreiser und Kleinsuper angepassten Unterbau-Modellen - zwei Holzmodelle und ein Pressstoff-Modell - und einem Pendler in W-Ausführung mit der Röhre ECF12.

   
Abbildung 13
UKW-Untersatz UKW PRIII W, von ROLAND BRANDT Berlin
Das praktische Untersatz-UKW-Teil war für ROLAND-BRANDT-Modelle in 2 Größen lieferbar - in Pressstoff oder Holz.
Es ist ebenfalls ein Pendler mit Netzteil und Lautstärkesteller und passte für die Modelle, die nur eine HF-seitige Lautstärkeregelung benutzten (4-Kreissuper und Einkreiser).


Sollte das UKW-Teil in das Radio eingesetzt werden, so musste der zusätzliche Leistungsbedarf des UKW-Einbauteiles gesichert sein.
(Beim SABA-Einbausuper SIII ab 1953 ging das auch mit einem lieferbarem Zusatznetzteil.)


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Abbildung 14
gegen Aufpreis lieferbares Netzteil zu den SABA UKW-Einbausupermodulen SIII und S5


Die bis jetzt angesprochenen Vorsatzmodelle hatten beides: einen eigenen Lautstärkesteller und ein Netzteil. Hatte doch die Industrie schon ab 1948/49 mit dem neuen Wellenplan bei den neuen Modellen geworben, aber trotzdem einen zweiten NF-Eingang zum Tonabnehmer hinzugefügt. Der Bereichsschalter zeigte dann nur "UKW" an, was bei den Kunden als irreführend angesehen wurde und dem Händler oft Ärger einbrachte.

Doch dafür hatten diese Firmen (siehe Abb. 9 bis 13) meistens ein UKW-Vorsatzgerät im Programm, z.B. SCHAUB, LORENZ, NORDMENDE, GRUNDIG und ROLAND BRANDT. Letztere entwickelten einen Untersatz zum Gerät, der sehr gut ankam, weil kein zusätzlicher Aufstellplatz benötigt wurde (Abb. 13).

Ab 1950 waren praktisch bei allen Firmen Einbaumodelle lieferbar - entweder als Ultraaudio, Pendelrückkoppler oder Superhet, schon ab Werk eingebaut oder als leicht einzusetzender Nachrüstsatz.

Die deutsche UKW-Kommission mit Fachleuten aller Sparten hatte 1948 als untere Preislage für ein UKW-Teil 35 DM verlangt. PHILIPS hielt das mit dem Ultra-Audion UKW 7455 exakt ein. SABA bot das UKW-A Ultra-Audion für nur 27 DM an. Es hatte eine verbesserte Ausstattung in der Bedienung im Vergleich zu den Geräten von PHILIPS, Telefunken und anderen, die auf der Rückseite/seitlich bedient werden mussten.


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Abbildung 15
Diese Ansicht zeigt das UKW-A, eingebaut in ein SABA Modell von 1950.



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Abbildung 16
Die Schaltung des UKW-Ultra-Audion, wie von SABA und PHILIPS gebaut.
Es arbeitete als nichtschwingendes Audion mit einer einstellbaren Rückkopplung.



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Abbildung 17
Dieses Bild zeigt einen GRUNDIG-UKW Einbausatz 76W, ab Werk eingebaut oder nachrüstbarer 2-Röhren-Pendler (76.-DM) im GRUNDIG 326W von 1950.


   
Abbildung 18
Statt des im Bild 15 gezeigten SABA-A konnte in diese Modelle auch der SABA-UKW-Einbausuper S mit einem Phi-Detektor (mit der EQ80, zu 98 DM, ebenfalls von 1950) eingebaut werden.


   
Abbildung 19
Dies ist das Schaltbild des UKW-S, einem vollwertigen FM-Super mit Phasendemodulator (oder Phi-Demodulator) mit der Röhre EQ80.


Was versteht man unter einem UKW-Einbausatz?
Alle UKW-Einbauteile sind komplette UKW-Empfänger, die vom (vorhandenen) Radio im Normalfall die Stromversorgung sowie fast immer die Bedienung zum Abstimmen der Sender und immer den gesamten Audio-Teil des Radios benutzten.
Vorhanden sind dort: eigener Antennenanschluss, Ausgang für die gesendete Information und gelegentlich (SABA SIII, S5 und andere) ein Signal zur Anzeige der Abstimmung am Magischen Auge.

Den SABA-Modellen UKW-SIII und UKW-S5 lag dieser vorbildliche Montagesatz bei:


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Abbildung 20


Im Jahr 1951/52 endete die Ära der noch mit Pendlern und Einbausupern bestückten Modelle. Sie waren schon mehrfach durch integrierte Superhet-Schaltungen abgelöst worden. Vorreiter waren dabei Rhode & Schwarz mit dem Modell ESF sowie Blaupunkt mit den Typen ZU 610U, GU670U und MU610/660W. Diese Blaupunkt-Modelle kamen mit nur einer Röhre mehr (EF/UF) aus.

Neben der UKW-Empfangsmöglichkeit wurden auch Funktionsteile entwickelt, die mit dem Ziel einer Beseitigung der gegenseitigen Störungen von Mittelwellen-Sendern gedacht waren, in die Geräte eingebaut wurden oder als Nachrüst-Teil zur Verfügung standen (z.B. GRUNDIG).
Der Zweck dieser Zusatzteile war, die 1950/51 trotz "UKW" noch immer notwendige Mittelwellen- und Langwellen-Versorgung zu verbessern. Dazu wurden richtungsabhängige (Peil-)Antennen in Form von drehbaren Ferritantennen und vereinzelt feste oder in der Empfangsrichtung umschaltbare Rahmenantennen (PHILIPS) vorgesehen. Damit sollten oder konnten - je nach Aufstellort - Sender, die auf der gleichen Wellenlänge sendeten, ausgeblendet werden.

   
Abbildung 21 (Quelle 3)
Das Beispiel zeigt die GRUNDIG-Ferrit-Antenne zum Einbau in den oberen Teil des Gehäuses, mit Verstärker (EF42), der die Anpassung an die normalen Antenneneingänge vornahm. Außerdem war die Umschaltung Außenantenne/Peilantenne eingebaut.


Als es noch um das Ausblenden von Störungen durch fremde Sender ging - ca. 1952 bis 1955 - , hatten die Ferrit-Antennen eine statische Abschirmung, um den Einfluss der kapazitiven Antennenwirkung (die der eines Drahtes oder Drahtantenne bei diesen Frequenzen gleichzusetzen ist) zu vermeiden. Diese Antennenwirkung schwächt zum Einen das Minimum der Peilantenne, und zum Anderen gibt es zwei verschieden hohe Maxima der zu empfangenen Funkwelle. Bei kommerziellen Peilern wird dieser Effekt dosiert eingesetzt, um eine Seitenbestimmung des Funkfeuers zum Standorts des Bootes vorzunehmen. Die "liegende Acht" wird damit in eine Herzform gebracht.
Ferritantennen mussten daher, wenn ohne Schirm erstellt, statt der bis dahin üblichen 90°- bis 180°-Drehung jetzt um mindestens 270° oder auch 360° drehbar sein, um rundum das bessere Maximum finden zu können. 

Zwei Bilder zum Text:

   
Abbildung 22 (Quelle 4)
PHILIPS FERROCEPTOR von 1953
Der Schirm ist ein in Nylon gebundenes Kupfer-Netz, unten offen.


   
Abbildung 23 (Quelle 4)
Ferritstab-Antenne aus dem selben Jahr von LOEWE OPTA der unteren Preisklasse ohne Schirmung


Für technisch interessierte Leser: Was versteht man unter Richtwirkung oder Ausblenden?

Aus einem Fachbuch aus der DDR habe ich zwei informative Grafiken hier einkopiert.
Diese zeigen, wie ich meine, recht anschaulich, was mit obigem Text erklärt wird.

   
Abbildung 24 (Quelle 5)
Richtdiagramm einer Ferrit-Antenne mit statischem Schirm


   
Abbildung 25 (Quelle 5)
Richtdiagramm einer Ferrit-Antenne ohne statischen Schirm

Außerdem wurden externe drehbare und abstimmbare Rahmenantennen angeboten, die zum Anschluss an nahezu jedes Radio ausgelegt waren. Auch hier war ein abstimmbarer Röhren-Verstärker mit Netzteil eingebaut. Diese Antenne konnte daher an jedem Radio mit Antennen- und Erdschluss benutzt werden.



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Abbildung 26
Diese Rahmenantenne kann an jedes Radio mit A- und E-Buchse angeschlossen werden.
Sie enthält einen statisch abgeschirmten Rahmen (Rahmen-Antenne) und einen abstimmbaren Röhrenverstärker mit eigener Stromversorgung.
In den Anfangsjahren der Radiotechnik war in Deutschland und in Frankreich bis weit in die 60er Jahre diese Art von Peil-Antenne - ob als passives oder aktives Modell - das "non plus ultra" der AM-Empfangstechnik.

Resümee:
Das durch den Kopenhagener Wellenplan entstandene Wellenchaos konnte mit den im Text aufgeführten Möglichkeiten - ob UKW- oder Peilantennen - je nach Wohnort oder Senderstandort größtenteils beseitigt werden.

Quellen von Abbildungen:

#1 der Autor
#2 Geiger, "Modulation"  VEB Verlag Technik Berlin
#3 Radio Mentor 1952/Heft 9/ Seite 431 .
#4 Radio Mentor 1953/Heft 8/ Seite 358
#5 Bernhard Papst "Bauelemente der Rundfunktechnik" VEB Verlag Technik Berlin 4. Auflage, Seiten 107/108 kg

ENDE TEXT Copyright by Hans Michael Knoll 1.12.2023
Klug ist jeder. Der eine vorher, der andere nachher.

mike  Smiley43
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