Themabewertung:
  • 1 Bewertung(en) - 5 im Durchschnitt
  • 1
  • 2
  • 3
  • 4
  • 5
Blaupunkt 5W68
#1
Hallo Radiofreunde
Meine ganz persönliche Silvester-Party ist diese Geräte Vorstellung mit Reparaturbericht. Zum feiern hab ich irgendwie keine Lust, da schreibe ich lieber und bastle noch ein wenigSmiley47


Ein typischer Ebay Kauf war dieses Blaupunkt 5 W 68 Mit Versand kostete mich das gute Stück etwa 19 EUR. Ein äußerst zuverlässiger Verkäufer packte es gewissenhaft ein und so kam es heil an. Es fehlte die Rückwand, Röhren und wie sich nach ersten Prüfungen feststellen lies, war die Feldspule defekt. Rost und Gammel waren Zugabe. Die Skalenscheibe hatte im unteren rechten Bereich einen Abplatzer.So verschwand das Blaupunkt erst mal wieder auf dem Dachboden, wo es etwa 1 Jahr stand. Im August lief mir wieder bei Ebay ein 5GW68 über den Weg. Gehäusebruch, Rostiges Chassis, aber die Skalenscheibe war heil, Juchhu, sogar der Lautsprecher war sehr gut erhalten. Fehlte nur noch eine Rückwand, diese hatte ich in Mellendorf auf dem Radioflohmarkt bekommen.
Eigentlich kann es nun losgehen um diesen Empfänger mal wiederzubeleben.
Zunächst einige Daten zu dem Radio


Hersteller: Ideal-Radiotelephon- und App-fabr. || Ideal-Werke AG; Berlin (ab 1934) Marke Rotstern

Typ: Rundfunkempfänger 6 Kreise AM
Modell: 5W68
Baujahr: 1938/39
Röhrenbestückung: 5 Röhren AK2 AF3 ABC1 AL4 AZ1
Stromversorgung: Wechselstrom, 110; 220 umschaltbar
Wellenbereiche: LW, MW
Bedienelemente: Lautstärkepoti, ein Regler seitlich
Gehäuse: Bakelit,
Anschlussmöglichkeiten Rückseite: Plattenspieler über Bananenbuchsen , externer Lautsprecher, Drahtantenne, Erde.
Abmessungen: 525 x 370 x 243 mm
Gewicht: 12.4 kg
Lautsprecher: 1 Frontlautsprecher
Neupreis: 205 RMark
Das Gerät verfügt über einen automatischen Wellenumschalter,in etwa vergleichbar mit dem DKE. Der Knopf seitlich rechts ist Bandbreitenregelung und Klangregler . Bandbreite als Zug und Druckschalter, Klangregler zum drehen.

   
Auf den ersten Blick ein nicht unbedingt hübsches Radio. Jedoch stecken in den Bakelit Empfängern von Blaupunkt zu viele Kindheits Erinnerungen. Schon als Bengel bastelte ich an den Pultradios. Vaddern hat vieles einkassiert und Entsorgt, als ihm das Basteln im Keller zu Bunt wurde.

   
Mittelwelle und Langwelle genügten den damaligen Ansprüchen. Umgeschaltet wurde mit dem Senderdrehknopf

   
Üblicher Zustand, so sehen die meisten Dachbodenfunde aus. Wobei ich vermute, das dieses Radio schon auf dem Wertstoffhof im Container stand und wieder heraus gefischt wurde.

   
Die Rückwand aus Mellendorf. Schon öfter habe ich dort Raritäten gefunden.

   
Das Chassis ist aus Pappe. Etwas verschmutzt, jedoch noch so gut erhalten, das ich es nur gesäubert habe. Man kann das auch gut lackieren , z.B. mit Felgensilber, das mache ich aber nur bei extrem schlechten Zustand. Hier kann man noch die Patina der vergangenen Jahre sehen

   
Statt des bewährten Kreiselantriebs am Drehkondensator, werkelt hier nur eine Standardübertragung. Man benötigt etwas Fingerspitzengefühl, wenn man dort Sender einstellt.

   
Ein Teilträger fand sich auch noch, ein 5GW68 dessen eindrucksvoller Trafo mit Urdoxröhre und Gleichrichterröhre bestückt ist. Von diesem verwendete ich den Lautsprecher.

   
Blick unter das Chassis . In der ehemaligen DDR hat so manches Radio aus den 30er Jahren überlebt. So auch dieses hier, mit nachträglich erneuerten Kondensatoren, teilweise mit RFT Aufdruck oder VEB . Man findet in den Radios von Blaupunkt auch noch Kordelwiderstände, teilweise sehr versteckt in Zuleitungen. Diese sollten auch alle erneuert werden. Man hat damit keine Freude. Hier sitzt so ein Kordelkamerad in dem braunen Schutzschlauch, der zu der Oszillatorspule führt.

Im nächsten Jahr gibt es die Fortsetzung zu diesem Bericht

Und nun feiert schön und kommt gut ins neue Jahr
Radiogrüße Detlef

Sie können schlafen gehen, es gibt nichts mehr zu sehen
Zitieren
#2
Glückwunsch zum Auffinden aller benötigten Teile. Smiley20
Solche Baustellen sind mir die liebsten, wo ich aus vielen Einzelteilen wieder ein ganzes Radio machen kann.

Blaupunkt hat um diese Zeit Sonderbares gebaut, das zeigt auch dieses Gerät mit seinem "Pappchassis" (wie Du schreibst).
Ich habe den 2-Kreiser aus dieser Baureihe, der sieht äußerlich fast genauso aus.
Bei dem hat man es noch extremer getrieben: einen Großteil des Chassis auf die Schallwand geschraubt, das eigentliche "Chassis" dagegen nur ein Holzbrett, das die anderen Bauteile trägt.
http://www.radiomuseum.org/r/blaupunkt_4w28_4_w_28.html

Gruß
k.
_____________

Gruß
klaus


Was ich geschrieben habe, darf widerlegt werden.
Was ich nicht geschrieben habe, braucht nicht widerlegt zu werden.


Zitieren
#3
Hallo Klaus

Den 4W28 suche ich noch für meine Sammlung. Ein schönes schlichtes Radio Smiley20
Alternativ zu dem 4W28 habe ich den 4W67 in Bakelit und im völlig desolaten Zustand den 4W67MK, diese sind ähnlich im Aufbau mit Holzplatte und Bauteile-Montage an der Schallwand. Reparaturfreundlicher sind sie, da man nach Ausbau des Chassis, an alle relevanten Teile ohne Verrenkungen dran kommt.

Vorstellung des 4W67 folgt hier auch noch demnächst, oder Bald. Da möchte ich mich zeitlich nicht festlegen.
Radiogrüße Detlef

Sie können schlafen gehen, es gibt nichts mehr zu sehen
Zitieren
#4
Hallo Radiofreunde

Heute möchte ich mit dem 2. Teil zu dem Blaupunkt 5W68 fortfahren.
Bei den weiteren Arbeiten an dem Blaupunkt begann ich mit dem Netztrafo. Lastloses prüfen, so mach ich es jedesmal bei älteren Geräten. Meist findet man in den Service Unterlagen dienliche Angaben dazu. Blaupunkt gibt hier 150mA an. Später zeigte sich schon, das die Gleichrichterröhre nicht mehr volle Leistung bringt. Für die Versuche, nach Austausch der einzelnen Bauteile genügt es, mit der schwächelnden Röhre zu arbeiten. Das hat, meine ich, auch gewisse Vorzüge, so werden kritische Bauteile bei dem Probebetrieb nicht so hoch belastet. Wenn alles durchgeprüft ist und Spannungen kontrolliert werden, muß sie weichen und einem perfekten Exemplar die Arbeit überlassen. Bis zu diesem Zeitpunkt lagen aber noch einige Stunden an Arbeit vor mir.

   
Die Kondensatoren, hier die Elkos haben es hinter sich, teilweise taub, oder aber mit extrem abweichenden Werten. Sogar Originale waren noch eingebaut.

   
Röhren hatte ich keine mitbekommen. So versuchte ich mit diesen hier aus meinen Beständen, das ganze zum laufen zu bringen. Im Funke alle mit guten Werten, zeigten diese in der Praxis später, das nicht alles gut ist, was das Funke anzeigt. Also bei Röhrenprüfungen durchaus auch mal in anderen Radios ausprobieren, wie sich die Röhren dort verhalten.

   
Trafotest! seit langen dürfte hier wieder Strom durchflossen sein. Der Netzschalter funktioniert auch, da ist noch der Originale eingebaut. Leerlaufstromaufnahme etwa 150mA. Hier sieht man, das der Trafo mit Gleichrichterröhre ohne Last etwa 362 Volt abgibt. Dieser Wert veränderte sich bei Last auf unter 285 Volt.

   
Das Skalenseil ist falsch aufgelegt. Man dreht nach links und der Zeiger wandert nach rechts. Die Eichskala fehlt auch, diese übernahm ich vom Allströmer. Hinter dem Pertinaxrad rechts, sieht man den Wellenbereichsschalter. Meist sind die Kontakte oxydiert. Überhaupt muß man alle solche Kontakte sorgfältig reinigen. Bloß kein Sprühzeug darüber, das Pertinax verträgt sowas nicht.

   
Die RFT Entstörkondensatoren beließ ich erst mal an ihrem Platz, sie funktionieren noch und die Werte sind erstaunlicher weise noch gut. Zum Schluß werden sie aber weichen, entweder ohne oder mit sicheren Exemplaren wird das Radio betrieben. Das Pappchassis ist noch gut in Schuß, etwas verquollen, aber ohne Farbabrieb.

   
Es geht voran mit den Kondensatoren. Einige belasse ich, wie die neu gelieferten Elkos, andere jedoch baue ich in aufgefundene Gehäuse, sofern ich keine schwarzen Kondensatoren dafür habe. Es war kein Originaler Becherelko mehr vorhanden. Getarnt habe ich den neuen nicht, obwohl sich die kleinen Elkos gut in Original Gehäuse verbauen lassen. Bevor Kritik kommt, es gibt immer einen ausführlichen Reparaturplan mit Erklärungen, zu den ausgetauschten Kondensatoren, damit jede Neubefüllung umsetzbar ist. Somit kann jeder alles nachvollziehen, der später einmal in den Besitz des Radios kommt. Hier kommt der Elko so wie er ist an seinem Platz, einem Halter, rechts unterhalb vom Lautsprecher. Der Halter stammt aus einem anderen Schlachtegerät. Früher beherrschten die Bosch Kondensatoren so ein Chassis, einer davon ist noch da. Meist platzen diese auf, ein Tarnen ist völlig unmöglich und nicht jedermann`s Fall. Vielleicht hat jemand eine Lösung, wie man solche Gehäuse rekonstruieren kann.

   
Das kennt wohl jeder Radiobastler, die Membrane hat sich ringsum gelöst. Im eingebauten Zustand fällt das kaum auf, da nach der Montage an die Schallwand, der kräftige Filzring die Membrane auf den Metallkorb drückt. Das schnarren deutete ich anfangs auf den schlechten Empfang, da der Lautsprecher für die Tests auf der Schallwand montiert war.

   
Schallwand geklebt, Korb und Membrane gereinigt , so darf er wieder in das Gehäuse einziehen, aber noch ist es nicht soweit. Einige Messarbeiten liegen noch vor mir.

An Arbeitsschritten sind bis jetzt folgende durchgeführt worden:

1. Prüfung des Netztrafo im Leerbetrieb.
2. Lade und Siebelko erneuert, eingebaut war ein 16µF Pappelko und ein halbseitig defekter 8+8µF Becher baumelte in einer Schelle hinter dem Netztrafo.
3. Der Doppel Drahtwiderstand 5,15Kohm und 9,3Kohm wurde geprüft, er war zwar etwas höher, aber die paar hundert Ohm sollten da nicht beanstandet werden.
4. Den Koppel Kondensator 10nF ersetzt
5. Den Kathoden Elko der ABC1 ersetzt , dieser war völlig taub
6. Den Lautsprecher repariert
7. Jetzt erst nahm ich das Radio erstmalig wieder in Betrieb.
8. Ein Brummen war Dominant, es lag an der ABC1! Die 2. ABC1 hatte Mikrofonie. Kurioserweise arbeiten beide in einem Lorenz W200 ohne Probleme, also mußte eine neue her.

Fortsetzung folgt demnächst
Radiogrüße Detlef

Sie können schlafen gehen, es gibt nichts mehr zu sehen
Zitieren
#5
Hi H-D,
vielen lieben Dank für Deinen ausführlichen Bericht. Vorkriegszeit finde ich mittlerweile interessant und lese das gerne...
Viele Grüße 
Philipp
Zitieren
#6
Sehr schön geschrieben. Man glaubt fast, persönlich am Lötkolben vor dem Radio zu sitzen. Thumbs_up

k.
_____________

Gruß
klaus


Was ich geschrieben habe, darf widerlegt werden.
Was ich nicht geschrieben habe, braucht nicht widerlegt zu werden.


Zitieren
#7
Hallo Radiofreunde

Bei dem Blaupunkt folgt nun der 3.Teil
Die meisten Arbeiten umfaßten nun die restliche Kondensatoren erneuern , sowie Widerstände überprüfen, wenn man dort ohnehin am Löten ist. Einige der Röhren wurden durch NOS Röhren ersetzt. Erfolgreich, wie sich erwies. Besagte Brumm - und andere Stör-Randerscheinungen waren danach weg. Zum Teil werden die Kondensatoren in alte Gehäuse getarnt, teilweise aber auch so eingebaut, wie sie zu bekommen sind. Ich glaube man muß hier nicht näher auf jeden einzelnen dieser Kondensatoren eingehen, lediglich die Kondensatoren in den ZF Spulen erwähne ich und zeige diese mit Foto. Mittlerweile ist das mein erster Blick, um die Lage und Konstruktion der eingebauten Kondensatoren abzuschätzen. Fotos von anderen Radios sind hilfreich, weil nicht nur ich auf die Idee komme, diese zu erneuern. Oft findet man schon ausgetauschte Exemplare, die nach der langen Zeit auch schon wieder defekt sind. Wurde vom vorherigen Besitzer ein Abgleich vorgenommen? Ruhig mal den Generator anschließen und erste Überprüfungen vornehmen. Nur prüfen, nichts verstellen! Stellungen der Spulenkerne unbedingt notieren, falls man doch vor einem völlig verstellten Gerät sitzt, oder wie es mir erging, mit dem als Dauerhaft Haltbar gelobten eingewachsten Kondensatoren.

   
Die wahren Problemkandidaten sind jedoch diese hier in den ZF Spulen. Ein vernünftiger Empfang während des ständigen testen ist nicht möglich. Ebenso benötigt dieses Radio eine gute Erde.

   
Normalerweise belasse ich solche eingewachsten Kondensatoren, dieser hier war aber einer der übelsten Sorte. Seine Bauart gaukelt einem Zuverlässigkeit vor, jedoch dem war nicht so. Es hat etwas gedauert, bis ich ihm auf die Schliche kam. Man darf vor diesen Burschen keine Angst haben und wenn man sie austauscht, auf ähnliche Werte achten. Mit etwas Glück braucht man manches mal gar nicht Neu abgleichen. Es lohnt sich aber in jedem Fall und Spaß ist auch dabei.

   
Moderne Glimmer Kondensatoren übernehmen die Aufgabe. Auf Spannungsfestigkeit unbedingt achten! Zwar kann man für Tests auch welche verwenden, die mit 300 Volt angeben werden, jedoch muß man den hohen Einschaltstrom berücksichtigen! Wie oft die das durchhalten? Niemand kann das sagen, das langsame hochfahren mit Strom, überstehen sie aber in jedem Fall. Zwei Keramik Kondensatoren habe ich auch verbaut, da ich keine entsprechenden Werte als Glimmer hatte.

   
Auch an dem Vorkreisspulensatz sitzt jetzt ein Glimmer. Zwar würde dort auch ein Folienkondensator genügen, nur habe ich keine in den Werten. So geht es auch, oder evtl. einen Keramik Kondensator verwenden. . Die funktionslose Lw war durch einen Drahtbruch an der Lw Vorkreisspule verursacht. Mit der Pinzette halte ich den Spulendraht!

   
Die ABC 1 ist Neu, sie hatte Mikrofonie und der Klang veränderte sich mit zunehmender Betriebstemperatur.
Die AK 2 ist auch ersetzt worden, ebenso die AF 3, diese stammt aus einem anderen Radio, wo sie funktionierte. Mit den anderen Röhren war jeder Versuch sinnlos.

   
Folgende Messpunkte führe ich hier auf : 1 vor der Feldspule 352V hinter der Feldspule 267V hier sind 12 Volt zuviel! Ich laß das aber vorerst so. Auf dem Foto sind die Messpunkte markiert : Rot 3-6 Anodenspannung Schwarz 7-11 Kathoden und Gitterspannung auch hier sind die höchsten Abweichungen etwa 1,5 Volt und das lasse ich auch so wie es ist.
Ermittelte Werte: 1 = 352V 2 = 267V 3 = 250V 4 = 99V da muß ich noch mal ran und Bauteile prüfen! 5 = 211V 6 = 265V 7 = 70,4V 8 = 4,09V 9 = 7,15V 10 = 3,3V 11 = 69,4V

   
Strommessung führe ich auch durch, hier Stichproben an 6 verschiedenen Punkten. Dazu müßen die Leitungen aufgetrennt werden, somit ist das also etwas umständlich: Es gibt bei den Blaupunkt 2 verschiedene Schaltpläne. Natürlich auch mit unterschiedlichen Messpunkten. Da ich bei der Reparatur nach einem Schaltplan arbeite, wo die Bauteile Nummern besitzen und mit der Bestückungsliste identisch sind, verwende ich diesen als Kontrolle. 1. = zwischen Elko und Drahtwiderstand 61mA 2. = zwischen Drahtwiderstand und Anodenspule der AK2 1,1mA 3. = zwischen Drahtwiderstand und Anodenspule der AF3 5,0 mA 4. = zwischen Drahtwiderstand und Anode der ABC1 1,2mA diese ist auf dem Foto aufgetrennt zum messen 5. = G2 AL4 3,4mA 6. = G2 AF3 1,7mA 7. = G3/G5 AK2 4,6mA dieser Messpunkt ist leider auf dem Foto nicht kenntlich gemacht.

   
Heute ein König! Mit dem König! Abgleichen mit diesem Gerät ist einfacher als man denkt. Als Ideal erwies sich diese Anschaffung, die mich mal 85 EUR gekostet hat. Gleich vorweg, das Radio war völlig verstellt, zwar bekam man Deutschlandfunk und NDR Info aber die Qualität war jenseits von Gut und Böse.

Die Abgleichpunkte möchte im nächsten Teil zeigen.
Radiogrüße Detlef

Sie können schlafen gehen, es gibt nichts mehr zu sehen
Zitieren
#8
Sehr interessant, bitte gerne mehr...
Wir hatten ja schon telefoniert darüber, die AF3 scheint immer ein Kandidat zu sein. In meinem AEG hat sie sich wie eine Schneekugel angehört und immer geknistert, gerauscht und gekracht. Ich habe immer wieder hinklopfen müssen, bis was ging. Die werden leider auch langsam knapp.
Viele Grüße 
Philipp
Zitieren
#9
Hallo Radiofreunde

Jetzt wechsle ich zwischen den Blaupunkten und komme mal wieder zu dem 5W68

In dem vorigen Teil wurden der Austausch aller Kondensatoren vorgenommen, sowie 2 Kordelwiderstände , einmal vom Gitter der AK2 zur Oszillatorspule und einmal am Anodenpin der AL4, dieser hatte maßgeblich die Spannung beeinflußt!
Nach dem erneuern der Glimmer in den ZF Filtern, war auch das üble Pfeifen auf MW weg. Einer der Voraussetzungen zum Abgleichen. Der Kondensatortausch wird wie schon gesagt, nicht beschrieben. Nur soviel, einige abweichende Werte waren doch extrem, zum Teil verdoppelte Werte, auch verkehrte Werte waren vom Vorbesitzer eingebaut worden. Nach Abschluß der Arbeiten durfte die Gleichrichterröhre einem einwandfreien Exemplar Platz machen. Dann wurden die einzelnen Werte mit dem Schaltplan verglichen. Erst dann begann das Abgleichen des Empfängers und heute möchte ich nur auf diese Arbeiten an diesem Blaupunkt eingehen. Wobei einige Tätigkeiten gezeigt werden an den Bauteilen. Dieser Empfänger ist sehr simpel aufgebaut und dadurch auch sehr verständlich, da Blaupunkt in seine KD Unterlagen die folgenden Arbeiten sehr ausführlich beschrieben hat. Meßgeräte dazu, der König AS 700 und ein Röhrenvoltmeter, mittlerweile habe ich auch ein Gossen Mavometer bekommen, damit läßt sich das natürlich entsprechend der Abgleichanweisung durchführen. Ein analoges Meßgerät zeigt die Veränderungen in jedem Fall besser an, als Digital Anzeigegeräte. Mit einem Digitalen Meßgerät habe ich das auch mal ausprobiert, jedoch tanzt die Spannungsanzeige nur hin und her. Und ab und zu mal ausprobieren, wie sich die Konstrukteure das damals gedacht haben, ist ja auch interessant. Vorarbeit ist jedoch die Eichskala montieren, hilfreich ist hier der vom Werk angegebene Umschaltpunkt auf der Skala von Langwelle auf Mittelwelle. Angezeigt wird das bei diesem Modell von dem abgewinkelten kleinen Zeiger auf der Eichsskala.

   
Bevor es überhaupt losgeht mit irgendwelchen Abgleicharbeiten, wie auf dem Foto, die Lage der Kerne vor dem verdrehen, notieren! Vorsichtig lösen, bevor man die Kerne verdreht. Hier war es alles ungesichert, was ungewöhnlich ist und ziemlich verstellt. Empfang war ja da, nur irgendwie alles schwach und unsauber. Die Sender überlagert, genaues abstimmen fast unmöglich.

   
Hier geht’s los, 1.ZF Spule. Meßsender auf 468kHz stellen und an das Gitter der Mischröhre klemmen. Lautstärkeregler auf max. Bandbreitenschalter auf schmal stellen. Signalton am König AS700 regeln. Die Gitterkappe über 100Kohm an Masse legen, Gitterkreis bedämpfen und erste Spule von oben einstellen. Bedämpft wird mit einem 10Kohm Widerstand und 0,022µF Kondensator in Reihe. der König hat auch einen seperaten Eingang für ein Fremdsignal, für die jenigen, denen der Messton zu eintönig ist. Probiere ich beim nächsten Radio mal aus.

   
1. ZF Spule, der Anodenkreis wird bedämpft, die Spule wird von unten eingestellt.

   
2.Zf Filter der Anodenkreis bedämpft , die Spule wird von unten eingestellt.

   
2. Zf Spule, der Diodenkreis wird bedämpft und die 2 .Spule von oben verstellt
Nach diesen Arbeiten war schon wieder sehr guter Empfang möglich. Einige weitere Prüfungen führte ich dennoch durch, weil mich die Ergebnisse interessieren.

   
Der Saugkreis wird abgestimmt. Der Meßsender liegt an der Antennenbuchse. Eingestellt wird auf den Kleinstausschlag am Meßgerät. Es sind nur geringe Abweichungen, die von dem Analogen Meßgerät gut angezeigt werden. Es kann ohne weiteres auch ein Röhrenvoltmeter verwendet werden.

   
Laut Kd Liste geht es hier weiter, jedoch benötigte nur der Vorkreis etwas Korrektur, wie sich zeigte. Auch zu dieser Prüfung wird der Meßsender an die Antenne angeschlossen.

   
Die vordere Stellschraube am Drehko ist für den Oszillatorkreis. Korrekte Vorgehensweise hier : Messsender auf 1456kHz, Stellschraube lösen und verstellen, wie gewünscht. Dann auf 546kHz und von unten die Oszillatorspule verstellen. Die obere Stellschraube nur verstellen, wenn das verbiegen der Lamellen am Dreko nicht ausreicht. Das war alles nicht notwendig gewesen, außerdem habe ich doch etwas bedenken, hier aus Neugier, den Oszillatorkreis zu verstellen, zeige die Vorgehensweise aber trotzdem auf dem Foto.



Die Spulenkerne werden mit Wachs gesichert, die Einstellschrauben am Drehko mit Lack.

Diese Arbeiten genügten um dem Blaupunkt wieder Musik zu entlocken. Man muß aber auch Abstriche machen, was die Empfangsqualität in unser heutigen Zeit so bietet. So habe ich hier ab 17Uhr ein wahres Störungsgewitter von allen möglichen Verbrauchern im Umfeld. Das beginnt bei irgendwelchen Energiesparlampen und endet bei dem ständigen Stören von der Heizungsanlage . Tagsüber sind solche Störgeräusche nicht gravierend. Das hat auch nichts mit dem hier vorgestellten Radio zu tun, diese Störungen empfangen auch die anderen Radios, die ich hier noch besitze. Die starken deutschprachigen Sender empfange ich jedoch wieder gut, einige Engländer (Absolute Radio) einen Italiener sowie französische Sender.
Empfehlenswerte Literatur ist auch die Abgleichanweisung von Kappelmayer, dessen Bücher ich besitze. Es ist durchaus passende Literatur für diese Vorkriegsempfänger, stammt sie doch aus dem Jahr 1946. Ein Blaupunkt 5W647 habe ich mal nach Kappelmayer geringfügig abgeglichen. Kappelmayer hat auch eine sehr informative Lektüre geschrieben. " Das Reparaturpraktikum “ aus dem Jahr 1944, auch dieses Buch war sehr hilfreich bei meinen letzten Reparaturen an Superhets.

Im nächsten Teil geht es dann an die Kosmetik
Radiogrüße Detlef

Sie können schlafen gehen, es gibt nichts mehr zu sehen
Zitieren
#10
Toll beschrieben und bebildert, Detlef. Das hat schon Lehrbuchqualität.
Smiley20

k.
_____________

Gruß
klaus


Was ich geschrieben habe, darf widerlegt werden.
Was ich nicht geschrieben habe, braucht nicht widerlegt zu werden.


Zitieren
#11
Hallo Radiofreunde

Heute nun möchte ich mal hier weiter berichten. Das 5W68 bekommt ein sauberes Zuhause.

   
Das Chassis ist soweit wieder Fit für die nächsten 75 Jahre. Am Silvesterabend durfte der Blaupunkt die letzten Takte der Deutschen Langwellenära empfangen. Schade, nun hört man nur noch Ausländischen Rundfunk. Es wird Zeit, das ich mir auch einen kleinen Privatsender bastele, gerade hier draußen wo man keine Nachbarn hat, ist das gut möglich.

   
Das Gehäuse ist abgewaschen und bekommt nun Politur gezeigt.

   
Innen ist schon der alte Glanz zu sehen. Eine Seite strahlt schon und die Katze sucht das weite. Dabei ist das doch nur ein Radio auf dem Tisch.

   
Vor Nachahmung sei gewarnt! Mit Stahlwolle sollte man eigentlich niemals die Bakelit Gehäuse bearbeiten. Wenn , wie hier, nur mit feinster Stahlwolle und nur mit Politur und nur ganz Sanft, eher nur Streicheln! Zwischendurch immer wieder mit Lappen polieren.

   
Endergebnis! Schöner Glanz, obwohl das Gehäuse durch die Behandlung auf dem Dachboden ziemlich kräftige Macken hatte

   
Die Linie habe ich mit Silber-Edding gezogen. auf dem Gehäuse kam Polieröl zum Einsatz.

   
Die Skalenscheibe aus dem Teileträger. Den Dreck vom Glas wischen ist eine der leichtesten Arbeiten.

   
So sieht es schon besser aus und läßt erahnen, wie bewundert dieses Radio in den 30er Jahren war.

Nun kämpfe ich nur noch mit dem Schallwandstoff, dazu im nächsten und letzten Teil mehr.
Radiogrüße Detlef

Sie können schlafen gehen, es gibt nichts mehr zu sehen
Zitieren
#12
Das "Zuhause" des Blaupunkt sieht schon mal super aus. Da wird sich das Chassis drin wohlfühlen und Dich mit schönem Klang belohnen! So ein kleiner Heimsender bringt dann auch die Freude an einem AM Gerät wieder zurück.
~~~Es gibt nichts Gutes, außer man tut es (Erich Kästner)~~~
Die einzige, falsche Entscheidung die du treffen kannst ist, keine Entscheidung zu treffen.
Ich bin nicht DICK, ich bin nur zu KLEIN für mein Gewicht  Big Grin
Zitieren
#13
Hallo Radiofreunde

Letzter Akt! Die abschließende Kosmetik umfaßt das Gehäuse, die Skalenscheibe und die Lautsprecher Schallwand. Wie immer das aufwendigste Bauteil, möchte man das Original erhalten. Wer Blaupunkt Radios aus dieser Bauepoche kennt, hat sicherlich schon mal mit dem überaus brüchigen Stoff Bekanntschaft gemacht. Was der Blaupunkt Schallwandstoff nicht mag, ist Wasser. Er löst sich quasi auf und zerfällt. Aber seht selbst bei den Fotos, wie meine Frau versuchte da was zu retten.

   
Das wäre der gewünschte Lautsprecherstoff, er stammt von dem Teileträger, dem 5GW68. Wie man sieht, sind einige der Längsfäden gerissen. Warum diese aus gleicher Produktionszeit stammenden Geräte verschiedene Stoffe hatten? Rumgebastelt hat an dem Allstrom Teilespender noch niemand.

   
Hier noch deutlicher zu sehen. Geplant war ein neues einziehen von Originalfäden, vom Rand entnommen.
Die Reparatur klingt logisch, scheiterte aber an dem brüchigen Stoff, der ständig Riß und zu guter letzt wieder entfernt wurde. Smiley7 Weitere Fotos von der Aktion erpare ich hier. Meine Frau war bedient, da der Stoff nicht gerade sauber war und wegen seiner Empfindlichkeit nicht zu waschen war.

   
So sah der Originale vom 5W68 aus. Dieser wird so wie er ist, natürlich vorsichtig abgesaugt, wieder eingebaut. Bei gegebener Zeit möchte ich solchen Radiostoff bei der Holländerin in Auftrag geben. Vermutlich wird es wieder sehr stressig, wenn ich von dort irgendwann den neuen Stoff bekomme. Stress deswegen, weil kurioserweise der Deutsche Zoll die an mich versendeten Pakete und Sendungen aus Holland meist gründlich durchfilzt. Ein Schelm, wer dabei böses denkt. Stoff gleich...Dodgy

   
Bitte Platz nehmen! Das Chassis ist wieder eingezogen. Munter spielt der Blaupunkt selbst kritisch einzustellende Sender wie Absolute Radio, und auch ein Italiener ist zum Abend in guter Qualität zu hören , wenn dann noch Adriano Celentano singt – dann wird alles Gut

   
Es ist Gut geworden. Der Empfänger arbeitet wieder , glänzt und erfreut mit seinen für damalige Verhältnisse guten Klang. Feinheiten, wie der Schallwandstoff werden irgendwann noch mal überarbeitet. Der 5W68 darf in der Reihe meiner Bakelit- Blaupunkt-Radios Platz nehmen. Momentan drengelt er sich mit anderen in dem viel zu kleinen Raum, aber nächsten Monat beginne ich mit dem Dachboden, der Mansarde in meinem Haus. Da ist Platz , besseres Licht und vor allem in ordentlicher Höhe dürfte der Empfang noch besser sein.

   
Die Ausbeute an ersetzten Bauteilen.

Ich hoffe, das dieser Bericht durch seine vielen Teile nicht zu langweilig war.
Das nächste Projekt ist ja in Arbeit, allerdings muß ich doch mal was anderes machen als immer nur Blaupunkt.
Vielleicht beginne ich mal mit meinem Saba 230Wl in Bakelit Ausführung -
ich werde da mal bei einer Cup darüber nachdenken.
Radiogrüße Detlef

Sie können schlafen gehen, es gibt nichts mehr zu sehen
Zitieren
#14
Wirklich schöner Bericht und gar nicht langweilig!
Das Thema Schallwandstoff birgt immer wieder Überaschungen. Je älter der Stoff ist, umso bemühter ist man, den Stoff zu erhalten. Aber im gleichen Maße wird es schwieriger, eben der Brüchigkeit wegen. Manchmal findet man Ersatz bei alten Sofakissenbezügen, Tischdecken, Vorhängen und ähnlichen Stoffen.
~~~Es gibt nichts Gutes, außer man tut es (Erich Kästner)~~~
Die einzige, falsche Entscheidung die du treffen kannst ist, keine Entscheidung zu treffen.
Ich bin nicht DICK, ich bin nur zu KLEIN für mein Gewicht  Big Grin
Zitieren
#15
Ja, toller Bericht und toll ist das Radio geworden!
Wegen des Stoffes - da hat Anton wohl Recht. Ich hab mir schon 1000x gewünscht für SO etwas in B zu wohnen. Da findet man ALLES irgendwie. Bei uns gibts keine Sofadecken und Tischzüge, hier gibt's kaum noch irgendwas altes - kannst vergessen Sad
Gruß,
Uli
Zitieren
#16
Sehr schön gemacht, Detlef. Und damit meine ich sowohl das Radio wie auch den hier verfassten Bericht Thumbs_up .

"SABA 230 WL" -> das wäre ein feines Projekt, da es sich -einerseits- um einen Reflexempfänger handelt, und andererseits ein solches Gerät (in Bekelitausführung) auch bei mir 'rumsteht, mit dessen Leistung ich nie zufrieden war.
Da würde ich dann sehr interessiert mitlesen wollen, zumal im Nachbarforum die Instandsetzung eines solchen Geräts nicht so richtig gelingen wollte, trotz großer Anstrengungen.

Gib' bitte Laut, wann Du voraussichtlich an Dein Gerät herangehst, meinen müsste ich nämlich erst noch "importieren".

Gruß
k.
_____________

Gruß
klaus


Was ich geschrieben habe, darf widerlegt werden.
Was ich nicht geschrieben habe, braucht nicht widerlegt zu werden.


Zitieren
#17
Hallo Radiofreunde

Vielen Dank für Eure netten Worte zu dem Blaupunkt Bericht des 5W68. Ich hoffe, das er trotz der Länge des Berichts, nicht zu langweilig für euch alle war.
Auch bei dem nächsten Kandidaten, der hier noch wartet, werde ich so gut es geht, ausführlich über seinen Werdegang berichten.

Welches Modell dann an die Reihe kommt?

Mal schauenSmile
Radiogrüße Detlef

Sie können schlafen gehen, es gibt nichts mehr zu sehen
Zitieren


Gehe zu: