Hallo zusammen,
hoffentlich stöhnen nicht alle auf oder verdrehen gelangweilt die Augen...
Aus der Sammlung der skurrilen Scheußlichkeiten, nein: Kuriositäten, möchte ich euch heute als nächstes Gerät des damaligen VEB WF Berlin den Schwebungssummer SSU1 vorstellen.
Er gehört ebenso wie der Tongenerator GF2 von Clamann & Grahnert Dresden zu den Funktionsgeneratoren. Oder, um genauer zu sein, zu den Niederfrequenzgeneratoren mit einer NF-Spannung definierter Frequenz von 30 Hz bis 20 kHz. Im Vergleich zu den bislang gezeigten Geräten ist der SSU1 tonnenschwer, weil er es in sich hat. Dieser hier, mit der Fabrikationsnummer 121, wurde vermutlich 1956/57 gefertigt:
Ein Schwebungssummer?
Wenn man ganz grob ausholt, dann kann man für einen damaligen röhrenbetriebenen NF-Generator drei Prinzipien heranziehen:
1. Rückgekoppelter LC-Oszillator
2. RC-Generator (Wienbrücke oder Phasenschieber)
3. Schwebungssummer
Ein RC-Generator, wie der schon vorgestellte GF2 zum Beispiel, gestattet vorteilhafterweise einen einfach Aufbau. Er hat allerdings den Nachteil, dass durch die Verwendung von (meistens 500pF-) Drehkos zur Frequenzabstimmung für NF nur eine geringe Frequenzvariation möglich ist. Dadurch muss so ein Generator in mehreren Einzelbereichen umschaltbar ausgeführt werden, um einen kompletten Tonfrequenzbereich überhaupt erfassen zu können. Eine Ausführung dieser Art für einen einzelnen größeren NF-Frequenzbereich würde unweigerlich zu Problemen führen. Die Literatur spricht in diesem Fall von auftretenden Verzerrungen und Veränderung der Sinusamplitude.
Ein Schwebungssummer hat diese Nachteile nicht. Er kann in einem einzigen Bereich durchstimmbar aufgebaut werden, eine Bereichsumschaltung ist nicht erforderlich. Sein Nachteil jedoch: Er braucht einen erheblichen Aufwand. Die beiden für dieses Schaltungsprinzip erforderlichen Oszillatoren müssen bestens entkoppelt sein und die Ablesegenauigkeit bei niedrigen Frequenzen ist aufgrund des durchgehenden Abstimmbereiches nicht die beste.
Wer sich weiterführend interessiert, dem empfehle ich die einschlägige Literatur. Ich muss da selber auch immer wieder nachlesen.
Die Schaltung:
Was wird gemacht? Ein Generator (hier Rö1, System II) erzeugt in einer Dreipunktschaltung eine feste Frequenz von 125 kHz (!). Gr1 und Gr2 sollen die Amlitude begrenzen. Ein zweiter Generator (hier Rö3, System I) erzeugt wiederum in einer Dreipunktschaltung eine mittels Drehkoabstimmung variable Frequenz von 125 - 105 kHz.
Beide Frequenzen werden einem Ringmodulator M1 zugeführt, bestehend aus 4 Trockengleichrichtern (!). Dort wird die Differenzfrequenz gebildet. Zusätzliche unerwünschte Modulationsprodukte, sowie Summenfrequenzen und Reste der beiden Oszillatorfrequenzen werden durch ein nachgeschaltetes Tiefpassfilter, das nur bis 20 kHz durchlässig ist, ausgesiebt bzw. gesperrt.
Die fein gesiebte Differenzfrequenz gelangt jetzt erst zum Poti RW2 und von dort über das Verstärkersystem I von Rö1 zum geeichten Spannungsteiler und von dort über das System II von Rö3 an den Leistungs- bzw. Endverstärker (Rö2) mit den für damalige Verhältnisse üblichen Ausgangsbuchsen. C14 und W13 wirken als starke Gegenkopplung auf die zweite NF-Verstärkerstufe, die das System II von Rö3 bildet, um den Klirrfaktor niedrig zu halten und um die Ausgangsspannung von Netzspannungsschwankungen unabhängig zu machen.
Gimmik: die Glimmlampe Gl 1. Mit ihr soll nämlich nach einstündiger (!) Einbrennzeit der SSU1 geeicht werden. Wie das? Nach dem Einschalten haben beide Oszillatoren ihre typische Frequenzdrift. Man drehe nun den Skalenzeiger auf 0 Hz. Indem man nun sowohl den Bereichsschalter auf 15V schaltet, als auch den Feinregler voll aufdreht, gelangt die NF vom Ausgangstrafo Ü3 kommend, an die Glimmlampe. Bei 0 Hz aber eben nicht, was zu Folge hat, dass ihr Flackern bzw. Glimmen verschwinden soll und gut ist. Korrigiert wird mit RW1 "Eichen 0Hz". Tricky? Najaaa - besser als gar nichts, aber das Gelbe vom Ei ist das irgendwie auch nicht.
Solche "Eichmöglichkeiten" werden wir bei den folgenden Geräten des WF immer wieder finden.
Die geforderte universelle Verwendbarkeit dieser Prüfgeräte mündete in die zusätzliche Nutzung als Verstärker, sowie als Frequenzmesser.
Schließt man an die im Schaltplan mit "Verst" gekennzeichnete Buchse eine NF an, so wird geräteintern die Eigen-NF (Differenzfrequenz) gegen Masse kurzgeschlossen und die Fremd-NF wird von der Buchse über das Verstärkersystem I von Rö1, den Spannungsteiler, das Verstärkersystem II von Rö3 zur EL83 (Rö2) und zum Ausgang geleitet - man kann den SSU1 somit als Abhör- oder Kontrollverstärker verwenden.
Schließt man an die mit "fx" bezeichneten Buchsen eine NF unbekannter Frequenz an und zusätzlich einen Kopfhörer an die mit "Tel" bezeichneten Buchsen, so kann man mittels Schwebungsnull die Frequenz der NF ermitteln.
Auch diesen "kleinen Helferlein" werden wir bei Folgegeräten des VEB WF immer wieder begegnen.
Netzteilmäßig gibt es nichts besonderes zu berichten. An ihren unterteilten Arbeitswiderständen werden die beiden Verstärkersysteme sorgfältig voneinander von der gemeinsamen Spannungsversorgung entkoppelt. Für das Verständnis der Schaltung ist der Tiefpass vom System II Rö3 mit seiner Position dicht an der EL83 ungünstig gezeichnet. Geschuldet ist das jedoch der tatsächlichen Einbaulage.
(Wird fortgesetzt)
hoffentlich stöhnen nicht alle auf oder verdrehen gelangweilt die Augen...
Aus der Sammlung der skurrilen Scheußlichkeiten, nein: Kuriositäten, möchte ich euch heute als nächstes Gerät des damaligen VEB WF Berlin den Schwebungssummer SSU1 vorstellen.
Er gehört ebenso wie der Tongenerator GF2 von Clamann & Grahnert Dresden zu den Funktionsgeneratoren. Oder, um genauer zu sein, zu den Niederfrequenzgeneratoren mit einer NF-Spannung definierter Frequenz von 30 Hz bis 20 kHz. Im Vergleich zu den bislang gezeigten Geräten ist der SSU1 tonnenschwer, weil er es in sich hat. Dieser hier, mit der Fabrikationsnummer 121, wurde vermutlich 1956/57 gefertigt:
Ein Schwebungssummer?
Wenn man ganz grob ausholt, dann kann man für einen damaligen röhrenbetriebenen NF-Generator drei Prinzipien heranziehen:
1. Rückgekoppelter LC-Oszillator
2. RC-Generator (Wienbrücke oder Phasenschieber)
3. Schwebungssummer
Ein RC-Generator, wie der schon vorgestellte GF2 zum Beispiel, gestattet vorteilhafterweise einen einfach Aufbau. Er hat allerdings den Nachteil, dass durch die Verwendung von (meistens 500pF-) Drehkos zur Frequenzabstimmung für NF nur eine geringe Frequenzvariation möglich ist. Dadurch muss so ein Generator in mehreren Einzelbereichen umschaltbar ausgeführt werden, um einen kompletten Tonfrequenzbereich überhaupt erfassen zu können. Eine Ausführung dieser Art für einen einzelnen größeren NF-Frequenzbereich würde unweigerlich zu Problemen führen. Die Literatur spricht in diesem Fall von auftretenden Verzerrungen und Veränderung der Sinusamplitude.
Ein Schwebungssummer hat diese Nachteile nicht. Er kann in einem einzigen Bereich durchstimmbar aufgebaut werden, eine Bereichsumschaltung ist nicht erforderlich. Sein Nachteil jedoch: Er braucht einen erheblichen Aufwand. Die beiden für dieses Schaltungsprinzip erforderlichen Oszillatoren müssen bestens entkoppelt sein und die Ablesegenauigkeit bei niedrigen Frequenzen ist aufgrund des durchgehenden Abstimmbereiches nicht die beste.
Wer sich weiterführend interessiert, dem empfehle ich die einschlägige Literatur. Ich muss da selber auch immer wieder nachlesen.
Die Schaltung:
Was wird gemacht? Ein Generator (hier Rö1, System II) erzeugt in einer Dreipunktschaltung eine feste Frequenz von 125 kHz (!). Gr1 und Gr2 sollen die Amlitude begrenzen. Ein zweiter Generator (hier Rö3, System I) erzeugt wiederum in einer Dreipunktschaltung eine mittels Drehkoabstimmung variable Frequenz von 125 - 105 kHz.
Beide Frequenzen werden einem Ringmodulator M1 zugeführt, bestehend aus 4 Trockengleichrichtern (!). Dort wird die Differenzfrequenz gebildet. Zusätzliche unerwünschte Modulationsprodukte, sowie Summenfrequenzen und Reste der beiden Oszillatorfrequenzen werden durch ein nachgeschaltetes Tiefpassfilter, das nur bis 20 kHz durchlässig ist, ausgesiebt bzw. gesperrt.
Die fein gesiebte Differenzfrequenz gelangt jetzt erst zum Poti RW2 und von dort über das Verstärkersystem I von Rö1 zum geeichten Spannungsteiler und von dort über das System II von Rö3 an den Leistungs- bzw. Endverstärker (Rö2) mit den für damalige Verhältnisse üblichen Ausgangsbuchsen. C14 und W13 wirken als starke Gegenkopplung auf die zweite NF-Verstärkerstufe, die das System II von Rö3 bildet, um den Klirrfaktor niedrig zu halten und um die Ausgangsspannung von Netzspannungsschwankungen unabhängig zu machen.
Gimmik: die Glimmlampe Gl 1. Mit ihr soll nämlich nach einstündiger (!) Einbrennzeit der SSU1 geeicht werden. Wie das? Nach dem Einschalten haben beide Oszillatoren ihre typische Frequenzdrift. Man drehe nun den Skalenzeiger auf 0 Hz. Indem man nun sowohl den Bereichsschalter auf 15V schaltet, als auch den Feinregler voll aufdreht, gelangt die NF vom Ausgangstrafo Ü3 kommend, an die Glimmlampe. Bei 0 Hz aber eben nicht, was zu Folge hat, dass ihr Flackern bzw. Glimmen verschwinden soll und gut ist. Korrigiert wird mit RW1 "Eichen 0Hz". Tricky? Najaaa - besser als gar nichts, aber das Gelbe vom Ei ist das irgendwie auch nicht.
Solche "Eichmöglichkeiten" werden wir bei den folgenden Geräten des WF immer wieder finden.
Die geforderte universelle Verwendbarkeit dieser Prüfgeräte mündete in die zusätzliche Nutzung als Verstärker, sowie als Frequenzmesser.
Schließt man an die im Schaltplan mit "Verst" gekennzeichnete Buchse eine NF an, so wird geräteintern die Eigen-NF (Differenzfrequenz) gegen Masse kurzgeschlossen und die Fremd-NF wird von der Buchse über das Verstärkersystem I von Rö1, den Spannungsteiler, das Verstärkersystem II von Rö3 zur EL83 (Rö2) und zum Ausgang geleitet - man kann den SSU1 somit als Abhör- oder Kontrollverstärker verwenden.
Schließt man an die mit "fx" bezeichneten Buchsen eine NF unbekannter Frequenz an und zusätzlich einen Kopfhörer an die mit "Tel" bezeichneten Buchsen, so kann man mittels Schwebungsnull die Frequenz der NF ermitteln.
Auch diesen "kleinen Helferlein" werden wir bei Folgegeräten des VEB WF immer wieder begegnen.
Netzteilmäßig gibt es nichts besonderes zu berichten. An ihren unterteilten Arbeitswiderständen werden die beiden Verstärkersysteme sorgfältig voneinander von der gemeinsamen Spannungsversorgung entkoppelt. Für das Verständnis der Schaltung ist der Tiefpass vom System II Rö3 mit seiner Position dicht an der EL83 ungünstig gezeichnet. Geschuldet ist das jedoch der tatsächlichen Einbaulage.
(Wird fortgesetzt)
Gruß Michael
Penthode?
Penthode?