Quelle Simonetta MW 299 ST

[Vagabund]

Hallo Freunde,

nachdem ich nun aus bekannten Gründen keine eigenen Radios mehr mache, zumindest nicht im Moment, so hängt über uns doch immer der Wissende alter Röhrentechnik. Keiner sonst kann es noch reparieren, vermeintlich.

So ging es mir auch neulich, als ich von guten Bekannten ein Röhrenradio zur Durchsicht bekam. Ein Quelle Simonetta, nun, da kann man statt VW Käfer auch Auto sagen, Simonetta's gibt es sehr viele. Nachdem mir es also am Liebsten ist, zu reparieren und dann wieder abzugeben, habe ich die Aufgabe angenommen. Für gute Bekannte macht man das gerne.

Nun sitze ich davor, auf der Suche nach Unterlagen. Die Rückwand gibt nichts preis, zur Röhrenbestückung finde ich nichts. Also erst einmal aufgeschraubt in der Hoffnung, einen Plan zu finden. Und ein Plan ist vorhanden. Es handelt sich um die Simonetta MW299, voller Name: Simonetta-Stereo-Luxus-Super W299ST Art. Nr. 07523 Ch= MW299ST
Man findet das Modell dann mit dieser Bezeichnung leicht bei RMO:
http://www.radiomuseum.org/r/quelle_simo...s_w_2.html

Danach fiel mir auf, dass die Rückwand falsch bedruckt ist. Statt zwei ECL86 befindet sich eine ELL80 in der Endstufe. Augenscheinlich beim Aussaugen fielen mir auch noch die zahlreichen Vitrohm-Widerstände auf, die mir sicher noch Kopfzerbrechen bereiten werden. Noch habe ich keinen Blick unter das Chassis geworfen, aber mir fiel auch schon eine Teilplatine auf. Das wird interessant.

Nun hoffe ich, dass ich es zeitlich irgendwie noch schaffe, denn der Raum hier befindet sich schon auf den Sprung zum Kinderzimmer, freue mich aber, mal wieder ein Radio zu machen.

   

   

[Opa.Wolle †]

Na Philipp, dann mal viel Spaß beim Reparieren!
Stereo, aber nur mit zweitem Außenlautsprecher?
Hersteller, wer war es?

[Vagabund]

Hi Wolle,

danke, konnte bis jetzt noch keine weiteren Infos herausfinden. Körting war da stark mit drin, sobald ich näheres weiß, schreibe ich dazu. Zur Stereo-Funktion habe ich mir noch keine Gedanken gemacht, laut Plan sind aber externe Lautsprecher (mind. einer) für die Stereofunktion nötig. Der interne dient offensichtlich nur als Last bei nicht angeschlossenen externen LS.

Das Chassis ist mittlerweile raus, unterm Rock wie erwartet mehr zu wechselnde Vitrohm, als schlechte Kondensatoren. Das wird ein Spaß.

[Uli]

so hängt über uns doch immer der Wissende alter Röhrentechnik.

Hab den Satz jetzt 5x gelesen und weiß nicht, was Du sagen willst...

[Vagabund]

Uli, mit anderen Worten, wir wissen über Röhrentechnik mehr oder weniger bescheid. Viele der heutigen Elektroberufe kennen sich nicht mehr mit alter Röhrentechnik aus. Jeder, der noch so ein altes Radio hat, ist froh, wenn einer einen kennt, der einen kennt, der sich noch mit Röhrentechnik auskennt.

Denk dir nix, mein Satzkunstwerk hat mich beim Schreiben selbst erstaunt, hab's aber so stehen lassen.

Werde jetzt mal dem Körting Saphire 64 nach jagen, könnte das gleiche Chassis haben.

[Opa.Wolle †]

Na ja, der Lautsprecher ist schon einmal von SEL, eventuell hilft das ja weiter.

[Vagabund]

Im Nachbarforum ist unser paulchen das Ass...
Es ist mit ziemlicher Sicherheit ein Tonfunk.
Die Ähnlichkeit mit dem Chassis ist offensichtlich.

http://www.radiomuseum.org/r/tonfunk_pho..._62st.html

[Opa.Wolle †]

Na, dann ist das ja geklärt.
Quelle Simonetta wurde ja auch von Loewe-Opta hergestellt.
Viele Hinweise gibt es dazu ja nicht, sollte man zu den technischen Daten hinzufügen.

[klausw]

Ich bin sehr froh drum, dass in den Foren auch die Simonettas mehr und mehr behandelt werden.
Während die Neckermänner auf dem Markt preislich ziemlich angezogen haben, fristen die Simonettas des Konkurrenten Quelle oft noch ein rechtes Mauerblümchendasein, was deren Wahrnehmung und Wertschätzung angeht.

In diesem Sinne also danke für die Fotos und die Recherche zum Gerät.

Gruß
k.

[Vagabund]

Sehr gerne Klaus, allerdings hätte ich mir keinen gekauft. Ich habe es als Gefallen angenommen mit dem Wunsch, es wieder spielbar zu machen. Natürlich will man dann auch wissen, mit was man es zu tun hat.

Nun habe ich auch gleich eine Frage. Ich habe hier einen 0,5µF-Elko im Anodenkreis der Vorstufe, kann ich diesen bedenkenlos durch einen Folienkondensator ersetzen?

   

[scotty †]

Philipp,
laut des Schaltplanauszuges kann ich da keinen Elko entdecken. Das Bild ist auch etwas schlecht.Aber da kannst Du einen 0,47µF 400V, zur Not auch einen mit 250V einsetzen.
Wenn in dem Radio an der Stelle ein Elko sitzt, könnte der mal später reingekommen sein.

[Vagabund]

Vielen Dank Wolfram,
die Elkos sind nicht wie Elkos gezeichnet. Das zieht sich durch den ganzen Plan.
Habe jetzt an die Stelle einen FoKo gesetzt.
Heute oder morgen werde ich es mal anheizen. Mal sehen, ob es auf Anhieb spielt. Ich habe nur noch wenige Vitrohms zu wechseln. Bis jetzt war es eine wahre Schlacht.

[Vagabund]

So, da bin ich auch schon wieder, ging alles dann doch schneller, als gedacht. Das erste Einschalten verlief positiv, der Patient lebt auf Anhieb. Einige Vitrohm waren doch erheblich ausserhalb der Toleranz, einer war wohl ganz hochohmig und einer an der ELL erheblich erhöht.
Ich hatte vorher KEINEN Probelauf unternommen, da ich von den Besitzern keinerlei Infos bezüglich des Problems hatte. Als ich dann auch die vielen Presskohlewiderstände sah, war mir eigentlich schon klar, dass Stille herrschen wird.
Schwierig war an dem Radio das Wechseln der Vitrohms um das LS-Poti, jedoch kam man relativ leicht an die Abgriffe heran. Es war fummelig, aber ich hatte schon schlimmere. Fummelig war auch der Bereich um die ELL800. Im Klangregelnetzwerk haben sich die meisten befunden, Richtung HF wurden sie erheblich weniger. Die zu wechselnden Folienkondensatoren waren auch relativ wenig. Viel in dem Radio ist mit keramischen Röhrchenkondensatoren realisiert. Wären die Vitrohms nicht, könnte man meinen, das Radio ist für die Ewigkeit. Qualitativ meine ich aber gehören die Kontakte zu den schlechteren, man sieht deutliche Oxidation an den Kontakten im Tastensatz. Weiter gehört das Gerät schon zu den Halbplatinen.

Nun habe ich noch ein Problem in meinem Lieblingsbereich, nämlich der Skalenseile. Am AM-Skalentrieb bin ich mit der Lötkolbenspitze hängen geblieben, PLING, kann sich jeder denken. Der FM-Skalentrieb ist extrem stramm, den werde ich auch neu auflegen. Danach kommt noch die Reinigung der Knöpfe, Skalenscheibe, Schallwand und Gehäuse und Tasten. Danach muss ich mal sehen, ob noch ein Nachgleich nötig ist, oder ob es so geht. Die ECC85 scheint auch noch ein Kontaktproblem zu haben und den Tastensatz möchte ich auch noch mit etwas Oszillin pflegen.
Am Schluss werde ich auch noch ein paar Lautsprecher anstecken und mal die Stereofunktion testen.

   

   

[klausw]

Mein Simonetta ist von Südfunk, ich hatte es hier im Forum mal vorgestellt.

Dort war 1 der Presskohlewiederstände hin, weswegen das Gerät stumm war. Als es dann nach Kondensatorkur aber unter Belassung der übrigen Presskohle-C, die mit guten Werten gemessen waren, instandgesetzt und im Alltagsbetrieb war, stellte sich alsbald ein heimtückischer Fehler ein.
Der Fehler war erneut ein Presskohle-C, diesmal im Ratio-Bereich. Ich habe dann etliche weitere der Dinger gewechselt, aber noch nicht alle im Klangbereich (das Gerät hat auch Klangtasten).

Was ich sagen will: ich denke, ich muss meine Philosophie anpassen. Bislang habe ich ausnahmslos die Alt-Teerkondensatoren rausgeworfen und die Presskohle-C nur im Einzelfall. Das muss ich wohl künftig auch machen, denn die Dinger werden nicht jünger und ich habe wenig Lust, ein überholtes Gerät wiederholt auf die Werkbank zu wuchten.

Gruß
k.

[Vagabund]

Auch wenn es richtig Mühe macht, die alten Presskohlewiderstände zu wechseln, wenn ein Radio alltagstauglich und zuverlässig spielen soll, müssen die Dinger raus. Brief und Siegel, dass da der eine oder andere hochohmig wird, ich hatte mit den Dingern bis jetzt IMMER Ärger, sei es in Philettas, ettlichen Siemens, in meinem Raphael-TV oder jetzt hier in der Simonetta. Die Dinger haben Jahrzehnte gehalten, muss man ihnen lassen, aber die versagen einfach zuverlässig.

So, Skalenseile sind eingefädelt, war doch ne harte Nuß, aber ich mach das ganz gerne. Die Knöpfe und Tasten sind mittlerweile auch gereinigt. Morgen kommt noch die Skalenscheibe dran, Schallwand kann ich so lassen und dann wird wieder montiert.

Schönen Samstag Abend allen.

[radioharry]

Hallo Philipp,
denke drann, Hobby ist eine Tätigkeit die nie zur Arbeit ausufern sollte,.......und das von einem, der es schon ein gutes halbes Jahrhundert macht !
Zu meinem Glück ist das Hobby neben meinen notwendigen gesundheitlich sporlichen Bemühungen meine Tagesaufgabe neben allen technichen Belangen, die ich ohne Erinnerung ausführe, um alles weitere kümmert sich mein Frauchen,.... die mein Hobby und die damit verbundenen Launen ertragen muss !!!

[Vagabund]

Da hast Du recht, Harry, will aber auch langsam aus dem Zimmer raus. Ausserdem sind mir die Besitzer wichtig, ist für mich eine Herzensangelegenheit. Grüße an Petra, sie hat Dich schon im Griff.

So, Abgleich ist gemacht, die ZF lag ganz schön daneben, hab es schon vermutet, da es im Peak hörbar verzerrt hat. Nun arbeitet die EM84 auch wieder schön, die hatte vorher "zu" gemacht.

[Vagabund]

Nachdem ich nun die ganze Woche damit beschäftigt war, das Kinderzimmer zu renovieren und einzurichten, habe ich mir das Simonetta nochmals vorgenommen.
Laut Plan ist ja ersichtlich, dass das Radio die Stereofunktion mittels zweier extern anzuschliessenden Lautsprechern realisiert, das wollte ich ausprobieren.

Pustekuchen! Ein Lautsprecher geht, der andere spielt nur leise. Von Stereo keine Spur, auch die Balance, die ich im zweiten Knopf des LS-Potis vermute, hilft nichts. Ein Test im TA habe ich noch nicht durchgeführt. Jetzt werde ich mal zuerst den NF-Bereich prüfen müssen, sowie die ELL80 auf den Tester setzen und versuchen, den Fehler irgendwo einzugrenzen.

[Vagabund]

So, nun habe ich mir mal die Zeit genommen, um den letzten Fehler zu finden. Ausserdem habe ich noch einen Brumm auf dem Lautsprecher gehabt. Also habe ich zuerst mal den Becher ausgeschlossen und habe zwei Ersatz-Elkos unter das Chassis gelötet. Da es sich hier nicht um Original handeln muss, sondern einfach nur alltagstauglich sein muss, geht das in Ordnung.
Nun hatte ich trotzdem noch einen Brumm und diesen Balance-Fehler. Also nicht aus der Ruhe kriegen lassen, das Radio an den Trenntrafo und mal die NF ab dem TA-Eingang nach hinten durchgebrummt. An der ELL80 war alles in Ordnung, aber vor der Vorstufe ging es los, alles völlig und hörbar ungleich. Eingrenzen konnte ich es dann um die ECC83, dessen Anodenspannung sich bei 75 zu 40 V einpendelte. War hier die Ursache? Also Spannungsversorgung geprüft, die Zuleitung besteht aus einem 100k, verzweigt sich dann und wird mittels je einem 220k an den Anoden bereitgestellt. Die Widerstände waren neu, da vorher alles mit Vitrohms Presskohlewiderständen verbaut war, habe ich radikal alles getauscht. Also habe ich mal die ECC83 auf dem Tracer gemessen. Ein leichter Unterschied liess sich messen, 37% zu 45%, sollte das so viel ausmachen? Signalweg zur ELL getrennt und Anodenspannung nochmal gemessen, ungleich. Also habe ich eine Ersatz-ECC83 geholt und erstmal auf dem Tracer gemessen. 60%, beide gleich, das sollte zum Testen reichen.
Siehe da, der Übeltäter ist gefunden, die ECC83 hatte wohl irgendeinen Knacks, denn der Brumm ist nun auch weg.

Der Käfer liegt jetzt noch auf dem Rücken, aber er ist bereit, wieder montiert zu werden.

Operation erfolgreich! Das Radio wartet nun wieder auf seinen Besitzer, dem er hoffentlich wieder viel Freude bereiten wird.